Zwei Schritte vor und keiner zurück? Bei der x-ten Generation einer Boardlinie geht man in der Entwicklung selten mit dem groben Hobel drüber, sondern eher mit feinem Schleifpapier – zumindest, wenn man nicht auf Kosten anderer Eigenschaften lediglich eine einzelne verbessern will. JP-Shaper Werner Gnigler kommt jetzt erst nach vier Jahren Entwicklung wieder mit einem neuen Freestyle Wave Shape, der spürbar verbessert sein soll – und das ganz ohne „Kollateralschäden“.Wir haben uns mit ihm unterhalten.
Erinnerst du dich an deinen ersten „Freestyle Wave“?
Die Freestyle Wave Linie gab es bei JP von Anfang an, seit wir 2000 mit der Marke angefangen haben.
Wie hat sich die Charakteristik der Boards seitdem entwickelt?
Wir waren stark daran beteiligt, die Charakteristik dieser Boardgruppe zu definieren, auch weil wir von Beginn ein Konzept mit guter Balance zwischen Bump & Jump und gewisser Waveeignung abgeliefert haben. Die Boardgruppe ist dann auch in manchen Ländern nach unseren Boards eben als „Freestyle Wave“ benannt worden.
Wir hatten bei den letzten surf-Tests das Gefühl, dass da ordentlich Waveeignung drin steckte und dafür Freestyle vielleicht nicht ganz so viel.
Als die ersten Modelle entwickelt wurden, stand Freestyle für Classic Freestyle Moves wie 360er. Dafür waren und sind die Boards voll geeignet. Jetzt ist Freestyle eine eigene Liga. Aber die Zielgruppe für diese Boards macht selten die aktuellen Mega-Moves, sondern weiterhin Classic-Freestyle-Tricks und da funktionieren die Bretter wunderbar. Wir haben in der Testphase auch immer wieder probiert, in welche Richtung wir uns verbessern sollen. Aber wenn man zu wavig wird, rutscht man in das Wavesegment rein und wenn man zu freeridig wird, ist es schon fast ein Allride. Die Leute surfen gerne komfortabel, wollen ein Board, das einfach halst, in der Dünungswelle surfen oder auch mal eine Sideshorewelle abreiten. Das sind Boards für den Gardasee bei Nordwind, für Ägypten oder die Nordsee. Da deckt ein 80-Kilo-Fahrer mit einem 93-Liter-Brett einen riesigen Einsatzbereich ab mit Segeln von vier bis sechs Quadratmeter. Das geht auf einem Waveboard nicht.
Welchen Fahrertyp hast du im Visier?
Den klassischen Freizeitsurfer, der es einfach genießen will, bei mehr Wind zu surfen, aber auch mal mit gemäßigten Wellen ein bisschen zu spielen.
Wie grenzt sich der Freestyle Wave zum Magic Wave ab?
Ein Freeystyle Wave ist im unteren Windbereich leichter zu fahren, gleitet besser an – das liegt auch an der Finnenabstimmung.
Wie unterscheiden die sich hinsichtlich Rocker und anderen Merkmalen?
Früher hat jeder nur vom Rocker gesprochen – dem Tail Rocker, dem letzten Stück. Jetzt wird die Centerlinie von der Raillinie total getrennt betrachtet und entwickelt. Deswegen kannst du in der Mitte auch bei einem Magic Wave die Latte auflegen und wirst nicht mehr viel Rocker in der „Center Line“ finden. Das spielt sich alles in der „Rail Line“ ab. Durch unterschiedlichen V-Verlauf und Einsatz von Konkaven habe ich an der Kante eine ganz andere Kurve als in der Mitte. Deshalb können Waveshapes mittlerweile so gut angleiten und so schnell werden. Weil ich durch die Konkaven zwischen den Fußschlaufen eine flache Center-Rockerlinie erhalte. Aber mit Konkave und V eine Wahnsinnskurve in der Raillinie.
Und beim Freestyle Wave?
Genauso. Wenn du eine Latte in der Mitte auflegst, wird da nicht viel Unterschied zum Magic Wave sein, weil beide flach zum Heck auslaufen. Der Unterschied spielt sich an der Kante ab. Bei Waveboards habe ich in der Gleitfläche einen sehr radikalen Übergang vom „V“ vorne im Bereich der Mastspur über die Konkave im Bereich zwischen den Schlaufen bis wieder zum „V“ ganz hinten. Bei Freestyle Wave ist das ein bisschen gleichmäßiger und es gibt keine Konkave unter den Schlaufen. Ich spiele da auch mit deutlich mehr „V“ als bei früheren Generationen schon im vorderen Bereich, damit das Board komfortabel fährt, dann reduziertes „V“ zwischen den Schlaufen und hinten wieder etwas mehr „V“. Dadurch habe ich auch einen sehr kurvigen Railverlauf. Damit setzt das Board vorne frei ein, hat aber eine freie Gleitlage durch die flache Mittelsektion und das sich verändernde V erzeugt einen „Rocker“ in der Raillinie. Der Magic Wave hat eine Konkave zwischen den Fußschlaufen, der Freestyle Wave nicht, sondern ein durchgehendes „V“, das sich aber von vorne bis hinten verändert. Das macht den Freestyle Wave etwas weniger radikal.
Was sind denn jetzt die Unterschiede zwischen Freestyle Wave 2021 zu 2022?
Wir wollten die gute Balance behalten und haben versucht, das Board insgesamt zu verbessern und nicht nur in eine spezielle Richtung. Das war eine schwere Übung und wir haben einige Jahre Prototypen gemacht und es war nie was dabei – bis letztes Jahr. Man sieht auf den ersten Blick, dass der Bug schlanker geworden ist. Das Volumen ist so besser zentriert und mit etwas weniger Volumen vorne fühlt es sich direkter an. Bei zwei Meter vom Heck ist die Outline aber schon sehr ähnlich, damit man um den Mastfuß genügend Fläche zum Wenden hat und nicht beim Angleiten Probleme bekommt. Dazu haben wir im vorderen Bereich (Red. etwa unter der Mastspur) deutlich mehr „V“ eingebaut, damit setzt das Board im Chop viel weicher auf und surft sich Fehler verzeihender. Dadurch ist auch beim Einleiten der Halse – mit mehr Kurve im vorderen Rail – die Kante vorne weiter vom Wasser weg und das Board geht super easy in die Kurve.
Von wieviel Veränderung reden wir da?
Im Bereich vom Mastfuß bis 1,60 Meter vom Heck hat der Shape doppelt so viel „V“ wie vorher. Von den Dimensionen, also Breite und Heckbreite etwa, sind wir sehr ähnlich, um die Gesamtcharakteristik nicht zu verändern. Die Feinheiten liegen im „V“ und im Railshape. Im hinteren Bereich haben wir das Rail etwas dünner gemacht für etwas mehr Grip und leichteres Aufkanten. Weil das Board jetzt auch in der Centerlinie nicht mehr viel Rocker brauchte, hat es eine freiere Gleitlage bekommen, liegt etwas höher im Wasser. Es fährt schneller und angenehmer. Wir konnten die Manövereigenschaften verbessern, ohne die Performance zu verlieren. Die leichteste Übung ist, Manövereigenschaften oder Performance zu verbessern. Das Schwierige ist dabei, die Gegenseite zu erhalten. Durch diese Shapemerkmale ist es besser in der Welle geworden, hat aber auch Performance dazu gewonnen. Das Board hat gegenüber dem Vorgänger keinen Rocker mehr in der Mittellinie und gleitet einfacher an und wird schneller.
Was hat sich bei den Finnen getan?
Die Pro-Edition – jetzt wegen viel Nachfrage mit dem Kevlar-Decklaminat wieder im Programm – kommt mit drei Finnen, die ES-Bauweise mit einer Finne. Die Center-Finne hat in beiden Versionen einen komplett neuen Shape – mit einem gleichmäßigeren „Rake“ (Red.: Neigung der Anströmkante), mit mehr Fläche in der Spitze und ist damit gutmütiger zu fahren und unterstützt das Angleiten. Der stärkere Rake an der Spitze verbessert die Manövereigenschaften. Man kann leichter Finnendruck erzeugen – beim Losfahren und in Manövern.
Wie groß ist der Unterschied zwischen Single-Finne und Thruster?
Die Single-Finne hat immer zwei Zentimeter mehr als das gleiche Board mit Thruster. Der Thruster hat dabei weniger Lift, das Board wird einfacher zu kontrollieren und dreht besser. Wenn ich aber der „Bump & Jump“-Typ bin, habe ich auch mit der größeren Single-Finne riesen Spaß und tue mich beim Angleiten noch leichter, und Halsen sind auch einfacher durchzugleiten.
Wie schaut es mit den Boxen aus?
Die Foil-Box haben alle Größen eingebaut. Es fahren mittlerweile viele Kunden bei Leichtwind auf dem Freestyle Wave mit Foil und das funktioniert wunderbar. Unser Glide Wind Foil mit dem 1300er-Flügel passt sehr gut, du brauchst dann nicht mehr als ein 5,5er-Segel – da bist du bei zehn Knoten locker im Fliegen. Das erweitert den großen Einsatzbereich dann nochmals.
Infos: www.jp-australia.com