PWA World Cup - Kösters siebter Triumph - Daida Morenos Comeback

Andreas Erbe

 · 18.07.2022

PWA World Cup - Kösters siebter Triumph - Daida Morenos Comeback

Philip Köster hat mit einer beeindruckenden Leistung gegen Marcilio Browne auch die Double Elimination beim PWA World Cup in Pozo gewonnen. Damit holte er sich den siebten (nicht wie versehentlich zuvor berichtet, achten) Titel in seiner Heimat. Daida Moreno dreht im Super-Final der Damen die familiäre Hierarchie noch einmal um und schnappte ihrer Zwillingsschwester Iballa den Titel weg. Die Surfer des Tages in der Double waren aber Lina Erpenstein und Marcilio Browne mit ihren sagenhaften Aufholjagden.

Der berühmteste Geröllhaufen der Windsurfwelt hat wieder einmal geliefert. Während im Verlauf der PWA World Cup Woche in Pozo Izquierdo auf Gran Canaria die Bedingungen eher zäh und untypisch für einen der windigsten Spots der Welt war und wohl keiner mehr an eine Double Elimination geglaubt hatte, brachte der Schlusstag noch einmal unglaubliche Action. Sowohl bei den Damen als auch bei den Herren konnte die Rückrunde durchgezogen werden. Dass das funktionierte, ist auch der unermüdlichen Jury und der flexiblen Orga beim PWA World Cup zu verdanken. Ohne Unterbrechung zogen sie Heat um Heat bis zu den Finals durch. Die Damen benötigten sogar ein Super Final um die endgültige Siegerin zu ermitteln. So mussten die Honoratioren bis in die frühen Abendstunden warten, um die Siegerehrung zu zelebrieren. Das hat angesichts der Dramen und Triumphe des Tages wohl niemand bereut.

Alle Siegerinnen und Sieger beim PWA World Cup 2022 in PozoFoto: Carter/pwaworldtour.com
Alle Siegerinnen und Sieger beim PWA World Cup 2022 in Pozo

Der letzte Tag beim PWA World Cup in Pozo begann bereits am Morgen mit sehr viel Wind, aber komplett flachem Wasser. Erst kurz vor Mittag waren die Bedingungen so, dass die Jury die ersten Männer aufs Wasser schickte und die Double in der zweiten Runde fortsetzte. Wenig später griffen auch die Damen mit ihrer Double Elimination an. Mit relativ kurzen zwölf Minuten Heatdauer und einer Wave- und zwei Sprungwertungen hatte die Jury die Hoffnung, die Double am Sonntag noch zu beenden. Gleichzeitig setzte die kurze Heatdauer alle Fahrer und Fahrerinnen enorm unter Druck. Abwarten und zaudern war nicht angesagt. Von der ersten Minute an musste jede Rampe und Welle genutzt werden.

Lina Erpenstein mit starkem Comeback beim PWA World Cup

Over the Horizon - Lina springt so hoch wie nie zuvor.Foto: Carter/pwaworldtour.com
Over the Horizon - Lina springt so hoch wie nie zuvor.

Lina Erpenstein hatte einen frustrierenden Start in die PWA World Cup Woche gehabt. Die 25-jährige Medizinstudentin aus Kiel hatte gleich ihren ersten Heat gegen die erst 12-jährige Belgierin Sol Degrieck verloren. Erpenstein, die 2017 in Pozo bereits einmal auf dem Podium stand, musste sich in Geduld üben und hoffen, dass sie in der Double eine zweite Chance bekam. Sie bekam sie und nutzte sie eindrucksvoll. Voll konzentriert und motiviert bis in die Haarspitzen ging sie aufs Wasser. Und schnell war klar, diese Frau hat eine Mission. Nacheinander schaltete sie Lucia Trivino, Julia Pasquale, Alexia Kiefer-Quintana und Isabel Trivino aus. Damit hatte sie nach dem verkorksten Start Platz fünf sicher. Aber damit war die Reise noch nicht beendet. Im Heat gegen ihre Dauerrivalin Justyna Sniady aus Polen merkte man klar den Vorteil, dass sie bereits gut eingefahren war bei den schwierigen Bedingungen. Dagegen brauchte Sniady zu lange, um ihren Rhythmus zu finden. Der Heat um Platz vier ging klar an Lina Erpenstein. Sie schraubte sich bei ihren Stalled Fowards und Pushloops in beeindruckende Höhen. Im darauf folgenden Heat um Platz drei beim PWA World Cup gegen Sarah-Quita Offringa gelang ihr der bislang höchste Sprung in der Damenkonkurrenz. Mit eine Forward von 5,3 Metern Höhe führte sie die Red Bull Rocket Wertung plötzlich an, und hatte bereits eine Hand am Preisgeld von 2500 Euro für den höchsten Sprung beim PWA World Cup in Pozo. Im späteren Interview gestand Lina, dass das der höchste Sprung in ihrer Windsurfkarriere war. Dazu stand sie ihn blitzsauber und rückte Sarah-Quita zum Ende des Heats noch einmal mächtig auf die Pelle. Zum Schluss fehlte Lina weniger als ein Punkt für den erneuten Platz auf dem Pozo-Podium. Nach sechs Heats in der Double war Lina mehr als zufrieden mit ihrer Aufholjagd.

Sarah-Quita Offringa sichert sich den letzten Podiumsplatz beim PWA World Cup 2022.Foto: Carter/pwaworldtour.com
Sarah-Quita Offringa sichert sich den letzten Podiumsplatz beim PWA World Cup 2022.

Die Queen of Pozo schlägt zurück

Sarah-Quita hatte nun ihrerseits noch die Chance, Plätze gut zu machen beim PWA World Cup. Doch dazu hätte es einen Sieg gegen die unangefochtene Queen of Pozo, Daida Moreno, bedurft. Und die hatte offensichtlich auch noch eine Rechnung offen. In der Single Elimination hatte ihre Zwillingsschwester Iballa sie im Finale geschlagen. Erst zum zweiten Mal in der langen Pozo-Finalgeschichte der Moreno-Twins. Nicht nur, dass sie Lina Erpenstein mit einem sechs Meter hohen Frontloop noch den Siegerscheck bei den Red Bull Rockets aus der Hand riss, sondern sie zeigte den besten Wellenritt in der gesamten Damen-Konkurrenz. Ein gewaltiger Wave-360, um den sie 90 Prozent des Herrenfelds beneidet, und die folgenden Turns auf der Welle brachten ihr 8,25 Punkte ein und einen uneinholbaren Vorsprung vor Sarah-Quita.

Keine Frau sprang höher als Daida Moreno beim PWA World Cup 2022.Foto: Carter/pwaworldtour.com
Keine Frau sprang höher als Daida Moreno beim PWA World Cup 2022.

Es kam also auch in der Double Elimination zu einem Duell der beiden Moreno-Schwestern. Und auch hier zeigte sich wieder einmal, dass es durchaus von Vorteil ist, wenn man eingefahren ist und auf eine Gegnerin trifft, die sozusagen von 0 auf 100 von jetzt auf gleich beschleunigen muss. Mit sattem Vorsprung erzwang Daida das Super Final um den Sieg beim PWA World Cup 2022 in Pozo. Sichtlich besser startete Iballa in das zweite Finale, doch Daida behielt sowohl in der Sprung- als auch der Wellen-Wertung die Nase knapp vorn. Somit bleibt Daida, die in den vergangenen Jahr mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte und stolze Mutter wurde, die Queen of Pozo. Eine Wachablösung ist - zumindest in Pozo - noch nicht in Sicht. Nichts desto trotz zeigten Talente wie die Belgierin Sol Degreick und die Trivino Schwestern aus Tarifa, aber auch Alexia Kiefer und Maria Behrens, dass im Damen-Windsurfen in der Welle in Zukunft einiges zu erwarten ist.

Moreno-Familienglück nach dem Finale.Foto: Carter/pwaworldtour.com
Moreno-Familienglück nach dem Finale.

Man on a Mission beim PWA World Cup 2022

Ähnlich wie Lina Erpenstein hatte auch Marcilio Browne in der Double noch eine Rechnung offen. Als einer der absoluten Top-Favoriten war er vor dem Event gehandelt worden. Ein Finale Köster vs. Browne wäre bei Buchmachern vermutlich kein Quotenhit geworden. Viele Beobachter hatten auf ein solches Finale beim PWA World Cup in Pozo 2022 getippt. Doch in der Single erklärte der Franzose Thomas Traversa diese Vorhersagen für null und nichtig. Er schlug den Brasilianer überraschend bereits im Viertelfinale. Doch bevor Browne zu seiner Aufholjagd ansetzte, hatten auch zwei Deutsche neben Philip Köster den Einzug in die Top-Ten in der Double geschafft. Julian Salmonn gewann erst gegen Antoine Martin und schlug dann Dieter van der Eycken, vor allem durch einen exzellenten Wellenritt. In der Runde der letzten acht scheiterte der 23-Jährige, der auf Teneriffa lebt, dann allerdings an Liam Dunkerbeck. Leon Jamaer setzte sich im Deutsch-Deutschen-Duell gegen Flo Jung durch und dann denkbar knapp gegen den Franzosen Jules Denel. Danach war aber auch für ihn gegen einen entfesselt fahrenden Browne der Weg versperrt. Trotzdem können beide mit ihrem geteilten neunten Platz zufrieden sein.

Julian Salmonn und Leon Jamaer teilen sich Platz neun beim PWA world Cup
Foto: Carter/pwaworldcup.com

Leon Jamaer war aber nur der erste Skalp, den sich Marcilio Browne in der Double holet. Er zeigte in den folgenden Heats mit einer beeindruckenden Konstanz, was er drauf hatte. Stalled Double, Table Top Doubles, Push Forwards, alles garniert mit radikalen Wellenritten faszinierte nicht nur die Zuschauer, sondern schockte auch die Konkurrenz beim PWA World Cup. Nach Jamaer mussten sich auch Marc Paré und Marino Gil dem Brasilianer geschlagen geben. Dann folgte die Revanche gegen Thomas Traversa, der sich zwar mit einem exzellenten Wellenritt zur Wehr setzte, aber am Ende der Sprunggewalt von Browne nicht gewachsen kam. Seinen Platz auf dem Podium nach der Single Elimination wollte Ricardo Campello im nächste Heat allerdings nicht kampflos räumen und so entwickelte sich ein hochklassiges und spannendes Duell, bei dem Campello lange dem Vorsprung von Browne hinterher lief. Und mit einem gewaltigen Push Forward, den die Judges mit einer perfekten 10 würdigten, machte er es noch einmal spannend. Am Ende fehlte dem PWA World Cup Sieger von Pozo 2019 eine bessere Wellenwertung, um den Podiumsplatz zu verteidigen.

Browne vs. Campello - die besseren Wellen entschieden  für Browne
Foto: Carter/pwaworldtour.com

Zu diesem Zeitpunkt hatte Brawzinho bereits fünf hochklassige Heats in den Knochen. Doch im Duell mit Victor Fernandez um den Einzug ins Finale gegen Single Gewinner Philip Köster zeigte er keine Ermüdungserscheinungen. Im Gegenteil, er ließ dem sechsmaligen Pozo-Gewinner Fernandez nicht den Hauch einer Chance. Der fand den gesamten Heat hindurch nicht zu seinem Flow - weder bei den Sprüngen, noch beim Wellenabreiten. Mit mehr als sechs Punkten Vorsprung zog Browne dann doch noch in das von vielen erwartete Finale gegen Philip Köster ein. Victor Fernandez kann sich allerdings trotzdem über 2500 Euro mehr in der Kasse freuen. Denn er legte mit 8,9 Metern den höchsten Sprung beim PWA World Cup hin und sicherte sich das Preisgeld der “Red Bull Rockets”.

Erst Köster stoppt Brownes Aufholjagd im Finale

Am späten Nachmittag war dann für Philip Köster endlich die Wartezeit am letzten Tag beim PWA World Cup in Pozo beendet. Ausgeruht, aber auch nicht sonderlich warm gefahren, ging er aufs Wasser. Und er zeigte sofort, dass er keine Aufwärmphase an seinem Homespot braucht. Ein perfekter Table Top Double und ein gewaltiger Stalled Double brachten ihm jeweils 8,88 Punkte aufs Scoresheet. Mit einer 6er Welle dazu erarbeitete er sich einen schnellen Vorsprung gegenüber Browne. Der wiederum machte zwar keinen müden Eindruck, aber war in seinem siebten Heat des Tages auch nicht mehr ganz frisch. Allerdings gelang ihm mit seiner letzten Welle noch eine Verbesserung, doch da hatte Köster mit einem 9,25 Punkte Push Forward seinen siebten Pozo-Sieg bereits zementiert.

Finalaction beim PWA World Cup  zwischen Marcilio Browne und Philip Köster | Carter/pwaworldtour.com

Bei beiden Finalisten war die Freude groß. Besonders Browne war nach dem Comeback mehr als zufrieden, bringt ihn sein zweiter Platz in Pozo doch in eine exzellente Ausgangsposition um den Wave Titel im PWA World Cup. Durch seinen zweiten Platz beim ersten Cup auf den Kapverden hat er nun in der Gesamtwertung mit 17000 Punkten einen satten Vorsprung auf Thomas Traversa mit 13255 Punkten. Kaperverden Sieger Bernd Roediger war in Pozo gar nicht am Start. Dahinter folgt Victor Fernandez mit 13140 Punkten. Philip Köster (11968 Punkte) machte durch seinen Sieg einen riesen Sprung von Platz 25 auf Rang vier. Der nächste Wave World Cup findet Ende September auf Sylt statt. Ob es danach einen weiteren PWA World Cup in der Welle von Teneriffa gibt, steht noch nicht fest. Köster hat mit seinem Sieg jetzt sogar noch Chancen auf seinen sechsten PWA Wave Titel, ist aber auf derbe Ausrutscher der Konkurrenz angewiesen.

Zufriedene Finalisten. | Foto/Carter/pwaworldtour.com
Die Top-3 bei den Damen und Herren
Foto: Carter/pwaworldtour.com

Bei den Damen ist das Pozo-Ranking auch gleichzeitig das der Jahreswertung, da der PWA World Cup auf Gran Canaria für sie der erste Contest des Jahres war. Somit führt Daida Moreno vor ihrer Schwester Iballa, Sarah-Quita Offringa und Lina Erpenstein.

Einen ausführlichen Insider-Bericht vom PWA World Cup in Pozo lest ihr natürlich in der September-Ausgabe des surf Magazin. Alle Ergebnisse und Heatwertungen findet ihr auf der PWA-Webseite.