Alles über Lightriding

Manuel Vogel

 · 08.07.2016

Alles über Lightriding
Alles über Lightriding

Viele Surfschulen bieten mittlerweile Lightriding-Kurse an. Dahinter verbirgt sich ein neuer Ansatz das Windsurfen zu lernen und das Ziel, durch gezielte Übungen bei Leichtwind auch bei viel Wind besser zu surfen.

  Leichtwind-Vorübungen sollen die Basis für Starkwind-Manöver legen
Leichtwind-Vorübungen sollen die Basis für Starkwind-Manöver legen

Wenn Pierre-Yves Mottier, Windsurfcoach aus der Schweiz, über sein Baby "Lightriding" spricht, zieht er gerne Parallelen zum Skifahren: "Skianfänger fahren heute auch am ersten Tag rückwärts". Was das mit Windsurfen zu tun hat und was sich hinter dem so fancy klingenden Namen eigentlich verbirgt, erklärt er im surf-Interview:

  Pierre-Yves Mottier gilt als der Erfinder des Lightriding
Pierre-Yves Mottier gilt als der Erfinder des Lightriding

Pierre-Yves, was ist die Botschaft von Lightriding? Worum geht es dabei?

Lightriding führt schon ganz von Beginn verschiedene Positionen und Manöver ein, statt nur eine Standardfahrposition. Im Wesentlichen handelt es sich um sechs Fahrpositionen bzw. Manöver. Diese sind spannend zu entdecken und es gibt keine vorgefertigte Schablone, in die jeder Schüler gepresst wird. Moderne Skischulen fahren mit Anfängern heutzutage auch bereits in der ersten Stunde rückwärts.

Was ist neu für Anfänger?

Anfänger – die ich lieber Newcomer nenne – haben ein größeres Angebot, sich auf dem Wasser zu beschäftigen. Wir benutzen eine einfachere Sprache und verbringen mehr Zeit auf dem Wasser: „Weniger reden, mehr Action“. Bei einem Kurs bin ich fünf Minuten am Strand, dann geht‘s raus aufs Wasser, wo wir uns auf fünf Begriffe beschränken, die im Prinzip alles erklären, was man mit dem Segel macht: „Öffnen/schließen“, „rauf/runter“ und „leicht stellen“. Lange theoretische Einführungen und Technikübungen an Land fallen weg.

Keine Theorie?

Zumindest nicht am Anfang, abgesehen von ein paar Hinweisen zu Sicherheit und Material. Surfen sollte intuitiv sein. Kids, die heute Playstation spielen, lesen sich vorher auch nicht die Bedienungsanleitung durch, sondern wollen direkt loslegen. Ich gebe daher lieber konkrete Bewegungsübungen zum Nachmachen vor, anstatt minutenlang zu erklären.

Wie profitieren fortgeschrittene Windsurfer vom Lightriding?

Meine Erfahrung zeigt, dass zum Beispiel die Powerhalse im Gleiten leichter gelingt, wenn man bei Leichtwind bereits gut Switch Stance (Surfen in verdrehter Fußstellung, die Red.) und Schothorn voraus surfen kann. Es gibt unzählige Manöver, die auf diesen einfachen Basics beruhen. Und genau diese Basics lernt man beim Lightriding, egal wie leicht der Wind auch ist! Hinzu kommt, dass man bei mehr Wind einfach fitter ist und schneller lernt, wenn man die Basis bei Leichtwind gelegt hat.

Es gibt also kein Windlimit für Lightriding!

Genau! Egal wie leicht der Wind auch ist und wo du wohnst, geh einfach raus aufs Wasser und experimentiere. Dadurch bekommst du viel Routine und Segelgefühl, was dir bei viel Wind und anspruchsvollen Manövern hilft. Viele Leute würden Gleitmanöver schneller lernen, wenn sie bei wenig Wind mehr üben würden, statt am Strand zu sitzen und zu jammern, dass der Wind nicht reicht.

Um das Windsurfen erst zu entdecken, sollte bei blutigen Anfängern das Boardvolumen drei- bis viermal dem Körpergewicht entsprechen – das ist dann wie eine grüne Piste für Skianfänger. Das Board sollte unbedingt ein Schwert oder eine Mittelfinne haben und schnell auf Segelsteuerung reagieren. Empfehlenswert sind vor allem WindSUPs, die es auch zum Aufblasen gibt. WindSUPs der Länge 9′6″ bis 11′4″ (Die Angabe erfolgt in Fuß & Inch; 9′6″ entspricht ca. 300cm, 11′4″ entspricht ca. 345cm) sind ideal. Leider starten zu viele Windsurf-Anfänger mit zu kleinem Board – und hören frustriert wieder auf!

Aufblasbare WindSUPs haben viel Volumen, sind leicht und haben ein kleines Packmaß. Der Mastfuß lässt sich ins Deck schrauben, unter dem Board verhindert eine Centerfinne die seitliche Abdrift.
   Foto: Stephan Gölnitz

1. Schothorn voraus

Jede Halse, egal ob bei Leichtwind (links) oder im Vollgleiten als Powerhalse gefahren (rechts), beinhaltet vor dem Segelschiften eine kurze Phase mit dem Schothorn (Ecke am Gabelbaumende) voraus. Das dafür nötige Segelgefühl kann man sich spielerisch auf einem Longboard bei wenig Wind aneignen, z.B. indem man nach dem Fußwechsel der Halse das Segelschiften bewusst hinauszögert.

   Foto: Stephan Gölnitz

2. Backfahren

Normalerweise steht man beim Surfen auf der Luvseite des Segels, mit dem Rücken zum Wind. Beim Backfahren wechselt man die Segelseite und steht dann auf der Leeseite des Segels (links). Wer sein Segel in dieser Position beherrscht, den Gegendruck kontrollieren und steuern kann, lernt angesagte Tricks wie eine Helitack oder sogar einen mit Fullspeed gefahrenen Carving-360er (rechts) deutlich schneller.

3. Switch Stance

Das Fahren in verdrehter Fußstellung (links) ist schon bei wenig Wind eine perfekte Übung, um das Brett- und Segelgefühl zu trainieren. Versuche einfach mal in normaler Geradeausfahrt die Fußstellung zu wechseln und das Brett auf Kurs zu halten. Viele der komplexesten Freestyletricks, wie ein Burner (rechts), basieren auf dem Fahren in Switch Stance.

Die Möglichkeit dazu hast du auch fernab der Küsten an unzähligen Orten – beispielsweise einem der zahlreichen Surfclubs oder in einer Surfschule. Eine Übersicht findest du in unserem Stations-Finder.

   Foto: Stephan Gölnitz