Die Wilstermarsch ist der am niedrigsten gelegene Punkt Deutschlands und Heimat von Malte Kuny. So gesehen führte er ein Leben am Tiefpunkt. Doch wer den 21-Jährigen auf der Nordsee sieht, erkennt schnell: Maltes Höhenflug hat gerade erst begonnen.
Lockeres Studentenleben, monatelange Trainingsaufenthalte an den Top-Spots dieser Welt und im Hintergrund Eltern, die das alles finanziell stemmen – einige Nachwuchssurfer genießen dieses Privileg. Bei Malte Kuny läuft das anders. Ausbildung mit 16, Fulltime-Job mit 21. Trotzdem hat sich der Wahl-Kieler in der Welle ein beeindruckendes Repertoire angeeignet. Wie macht er das? Wir haben ihn zum Interview gebeten.
Malte, es rauscht im Mikrofon, wo erwischen wir dich gerade?
Ich bin noch in Dänemark. War ganz gut heute. Eineinhalb Meter Welle am Bunker und schräg ablandiger Wind von rechts. Aber morgen geht’s wieder zurück, denn ich muss ja Montag auch wieder arbeiten.
Die meisten 21-Jährigen mit Ambitionen beim Windsurfen genießen das Studentenleben und können auf diese Weise viel aufs Wasser. Wie sieht’s bei dir aus?
Ich mache einen „normalen“ Job mit 40 Stunden die Woche. Ich arbeite als CNC-Fräser bei einem Unternehmen in Felm bei Kiel. Mit 16 hab’ ich meine Ausbildung angefangen, das Abi- und Stundenteleben habe ich daher nie wirklich kennengelernt.
War der Job für dich der Grund, von Wilster nach Kiel zu ziehen?
Genau. Früher hab ich mein ganzes Geld in Sprit investiert, um nach Feierabend noch an die Ostsee zu fahren. Jetzt bin ich deutlich näher dran und kann dadurch viel mehr aufs Wasser. Wenn es passt, kann ich täglich aufs Wasser. Ich fange schon um 6:00 Uhr morgens an und bin dadurch früh fertig.
Ursprünglich stammst du ja aus Wilster, in Schleswig-Holstein. St. Peter-Ording ist da nicht weit weg. Musste aus dir zwangsläufig ein Wavesurfer werden?
Die ganze Familie meines Vaters windsurft. Zu Beginn hatte ich, ehrlich gesagt, nie so richtig Lust. Ich war lange Zeit sehr klein und hatte wenig Kraft. Daher hat für mich Windsurfen nie gepasst. Irgendwann waren wir dann mal auf Föhr im Urlaub. Ich war einmal richtig im Gleiten und dieser Moment hat mich gepackt, da war ich 14. Auch heute gehe ich oft noch mit meinem Dad zum Windsurfen, er begleitet mich öfter mal auf einem Trip nach Hanstholm.
War Welle von Beginn an dein Ding? Oder gab es da andere Prioritäten?
Nee, ab diesem Zeitpunkt bin ich mit meinem Vater meist auf der Elbe im Flachwasser gesurft. Mit dem Surfen in der Welle habe ich eigentlich erst vor drei Jahren so richtig angefangen, als ich endlich meinen Führerschein hatte und alleine Richtung St. Peter-Ording oder Dänemark aufbrechen konnte. An meinen ersten Brandungstag kann ich mich noch gut erinnern. Es war mit 16 in Langholz auf der Ostsee und ich wurde ziemlich verhauen und musste meinem Zeug hinterherschwimmen.
Du surfst erst so kurz in der Welle? Das ist erschreckend...
Ich glaube, ich lerne sehr schnell. Ich schaue mir Videos an und kann das dann direkt auf mein eigenes Surfen übertragen. Meinen ersten Pushloop-Versuch in Dänemark zum Beispiel hab ich direkt sauber gelandet. Ich kann gut abgucken.
Was sind aktuell deine Baustellen auf dem Wasser?
Ich will jetzt unbedingt an den Double Forward ran und auch an den Push Forward.
Mach doch mal allen, die ihre Moves jahrelang üben müssen, um besser zu werden, etwas Mut: Welche Moves bereiten dir Schwierigkeiten?
Natürlich gibt’s viele Sachen, bei denen man Erfahrung braucht, vor allem beim Timing. Tricks wie Goiter oder 360er finde ich schon schwierig. Die Technik als solche klappt schon recht gut, aber das alles dann am richtigen Punkt der Welle und im exakt richtigen Moment abzurufen, ist das andere. Da beiße ich mir schon noch oft die Zähne dran aus.
Rund um Kiel sind gute Wavetage auch nicht so häufig. Wie nutzt du Tage mit wenig Wind?
Ich heize auch mal gerne ’ne Runde mit Slalommaterial. Foilen mache ich richtig gerne, für Leichtwind ist das einfach die beste Alternative, um überhaupt aufs Wasser zu kommen. Aber den Drang besser zu werden habe ich eindeutig in der Wave-Disziplin.
Bei Leuten mit deinem Level stellt sich unweigerlich die Frage: Willst du mal als Profi durchstarten?
Ich würde schon sehr gerne Contests fahren. Momentan gibt’s aber noch Gründe, dass ich das nicht machen kann.
Was hindert dich?
Aktuell scheitert es noch am Sponsoring und dem Budget, um monatelang durch die Welt tingeln zu können. Meine Eltern unterstützen mich wo sie können, was aber nicht heißt, dass sie mir alles zahlen. Auf jeden Fall will ich mal irgendwann PWA mitfahren und natürlich die deutschen Events oder De Slag op Domburg (Wave-Contest in den Niederlanden, die Red.). Aber Corona-bedingt ist ja diese Saison wenig gelaufen.
Du hast mit KA Sails und Sailboards Tarifa zwei Sponsoren, die in Deutschland eher ungewöhnlich sind. Wie kam das zustande?
Ich hab die einfach angeschrieben und mich beworben und dann war die Sache geritzt.
Danke, Malte, für das Interview und bis bald auf dem Wasser!