Chris Hafer
· 23.06.2016
...aber auch bei Sprichwörtern gibt es Ausnahmen. Holland-Experte Chris Hafer stellt in diesem Guide zwei seiner Lieblings-Flachwasserspots vor: Einen alten Bekannten, das Veluwemeer, und einen Spot, der selbst Holland-Kennern bisher eher unbekannt sein dürfte. Das Gooimeer.
See oder Meer? Entstanden bei der Landgewinnung aus dem ehemaligen Ijsselmeer liegen das Gooimeer und das Veluwemeer zwischen der dem Wasser abgerungenen Provinz Flevoland und Gelderland. Und da auf Niederländisch „Meer“ aber eigentlich „Zee“ heisst, wurde aus der „Zuiderzee“ nach der Eindeichung das heutige Ijsselmeer. Denn „Meer“ im Niederländischen bedeutet See, also Binnensee. Alles klar? Veluwe- und Gooimeer sind also genau genommen Binnenseen und spätestens beim ersten unfreiwilligen Schluck Wasser merkt man das mangels Salzgehalt auch deutlich. Bleibt die Frage, warum an jedem windigen Wochenende so viele Surfer aus dem Westen der Republik nach Hollandfahren, um an einem Binnensee zu surfen? Wo sonst findet man einen See mit mehr als 20 Kilometer Länge und mehreren Kilometern Breite, großteils stehtief,ohne Wellen, windsicher und mit perfekter Surfinfrastruktur? Insofern verwundertes nicht, dass es am bekanntesten Spot des Veluwemeers, in Strand Horst, in der Hauptsaison brechend voll wird. Umso mehr verwundert es aber, dass esnur ein paar Kilometer weiter, am Gooimeer, abgesehen von ein paar holländischen Locals und vergleichbarer Spotbedingungen, beinahe ausgestorben ist. Zeit das zu ändern.
Wind, Wetter & Neoprenempfehlungen: Wie in ganz Nord- und Mitteleuropa üblich, istauch in Holland ein windiges Wochenende an denDurchzug von Tiefdruckgebieten gebunden. Dieseentstehen über dem Atlantik und ziehen dannostwärts. Die meisten Tiefs ziehen im Winterhalbjahrdurch, aber auch im Sommer sind Westwindlagenkeine Seltenheit. Zusätzlich etablieren sichvor allem zwischen März und Juni regelmäßigstabile Ostwindlagen, die mit Sonnenschein – dersonnenreichste Monat ist in der Tat der Mai – underträglichen Temperaturen die Spots der Regionzum Leben erwecken. Die Luft- und Wassertemperaturenliegen im Sommer durchschnittlich bei17-18 Grad, ein Kurzarm oder 4/3er-Langarm sinddann ausreichend. Ziehen Tiefs durch, können dieTemperaturen aber auch im Hochsommer kühlwerden, wie in der Nebensaison sind dann eindicker 5/3er und Schuhe ratsam. Die Wassertemperaturen des Gooi- und Veluwemeers passensich aufgrund der geringen Wassertiefe schnelleran die Lufttemperatur an als die offene Nordsee– im Positiven wie im Negativen. Auch im Wintersind die Spots gut besucht. Das liegt zum einendaran, dass Holland oft den warmen Hauch desGolfstroms abbekommt und die Temperaturendeutlich höher liegen als in West- oder Norddeutschland, zum anderen auch an den geringen Wassertiefen der Spots. Dank der riesigen Stehbereichesurft man auch bei kalten Temperaturennoch sicher – einfach aufsteigen und wieder los.
Wohnen & Campen: Wildes Campen ist in Holland generell verboten und in einem derart dicht besiedelten Land ist es ohnehin schwer, abgeschiedene Plätze zum Übernachten zu finden. Verstöße werden mit empfindlichen Strafen bis zu 100 Euro geahndet, die örtlichen Campingplätze sind da deutlich günstiger. Darüber hinaus gibt es rund um Veluwe- oder Gooimeer unzählige Campingplätze, Ferienanlagen und Appartements, oft direkt am Spot.
Eine Auswahl findet ihr hier:
Gooimeer/Almere:
Huizen:
Harderwijk:
Nunspeet/Bad Hoophuizen:
Veluwemeer Nordseite:
Surfschulen: Kaum eine Gegend ist für Windsurfer derart gut erschlossen wie die Region Veluwe- und Gooimeer. Auf knapp 20 Kilometern findet man mehrere bestens ausgestattete Surfschulen, an denen man Kurse besuchen oder Surfmaterial und SUP-Boards ausleihen kann.
Gooimeer/Eemmeer:
Veluwemeer Harderwijk/Strand Horst:
Bremerbergse Hoek:
Surfclubs Almere Haven:
Surfshops Harderwijk/Strand Horst:
Schattenseiten: Während der Sommermonate kann Seegras den Surfspaß etwas trüben, eine entsprechende Finne im Gepäck macht daher Sinn, zumal diese, aufgrund der geringen Wassertiefe im Uferbereich, auch so manchen Schleudersturz ersparen könnte.
Alternativprogramm Am östlichen Ende von Harderwijk, an seiner blauen Kuppel leicht zu erkennen, liegt das Dolfinarium, ein großer Freizeitpark mit der zweifelhaften Hauptattraktion von dressierten Delfinen. Sofern man allerdings einmal der quirligen Stadt mit seinen alten Gebäuden und langen Einkaufsstraßen einen Besuch abstatten möchte: Im zentralen Parkhaus parkt man die ersten zwei Stunden gratis! Von Huizen am Gooimeer aus sind es keine45 Minuten in die wunderschöne Innenstadt von Amsterdam
Gooimeer
1) Almere-Haven
Wer richtig viel Platz auf dem Wasser haben will und sich das tolle Flachwasser zum Heizen, Halsen und Tricksen nur mit ein paar freundlichen Locals teilen möchte, der ist hier richtig. Nach 30-50 Meterendet der Stehbereich, so dass auch große Finnen zum Einsatz kommen können. Hindernisse muss man, abgesehen von etwas Schiffsverkehr, nicht fürchten. Im Sommer kommt es manchmal zu verstärktem Algenwuchs, der das Surfvergnügen trüben kann – Seegrasfinne einpacken! Von der Abfahrt Almere-Haven ist der Strand ausgeschildert. Fürs Navi: Gooimeerdijk-West, Almere-Haven. Parkplätze gibt es auf einem Parkstreifen auf dem Deich, hier parkt man quasi unmittelbar am Spot. Im etwas weiter östlich gelegenen Yachthafen finden sich mehrere Bars und Restaurants, Toiletten und Duschen. Auch nahe am Surfstrand befindet sich eine Brasserie. Der Surfclub Almere Centraal (www.almerecentraal.nl) ist am Wochenende und unter der Woche abends geöffnet.
2) Huizen
Das Schild „Dus alleen voetgangers“(„Nur für Fußgänger“) bezieht es sich eigentlich auf den Fußweg, der am Gooimeer und seinen schilfbewachsenen Ufern entlang verläuft, gilt allerdings auch für Surfer mit längeren Slalom- oder Racefinnen: Aufgrund der Wassertiefe sind erstmal 100 Meter Fußmarschangesagt. Aufsteiger üben hier also sehr sicher, Könner haben weiter draußen ihren Spaß. Die geringe Wassertiefe im Uferbereich ist aber auch bereits die einzige Gemeinsamkeit mit dem Veluwemeer, das Gooimeer teilt man sich auch hier allenfalls mit einer Handvoll einheimischer Surfer. Auch an Land gibt es reichlich Platz mit windgeschützten Wiesen zum Aufriggen und auch Parkplätze, allerdings keine Duschen und nur wenige Toiletten. Die einheimischen Surfer freuen sich über neue Gesichter am Spot und so wurden wir am Surfclub Gooimeer (www.surfclub.nl) sehr freundlich aufgenommen. Nach einem gemeinsamen Surftag, inklusive Rettungsaktion nach Mastbruch, waren wir gut integriert und ließen den Tag am Grill des Surfclubs ausklingen.
Veluwemeer
3) Strand Nulde
exzellenten Ausweichspot zu Strand Horst. Dass es hier nie voll wird, liegt wohl auch daran, dass Kiten hier verboten ist. Nach einem Stehbereich in Ufernähe bekommt man weiter draußen in der Fahrrinne sogar ein paar sprungtaugliche Chops vor den Bug. Geparkt werden kann direkt am Spot, der Zugang befindet sich unweit südlich des kleinen Hafens und Campingplatzes De Nulde.
4) Harderwijk/Strand Horst
Man kann hier, am wohl bekanntesten Spot der Region, bei fast jeder Windrichtung aufs Wasser. Optimal sind SW oder NO, diese wehen sideshore. Aber auch bei W oder NW bleibt das Wasser trotz auflandigem Wind relativ glatt. Östliche und südliche Winde sind hingegen ablandig und böig. Der Einstieg ist sandig, erst nach etwa 100 Metern kann man daran denken, aufs Brett zu steigen. Es bleibt sehr lange sehr flach. Im Bereich der Fahrrinne auf den vorfahrtsberechtigten Schiffsverkehr achten! Links vor der Insel befinden sich einige Holzstäbe im Wasser. Die Infrastruktur ist perfekt, neben Surfshop und Surfschule finden sich an der Einfahrt zum Surfbereich auch eine Reihe von Restaurants, Duschen, Toiletten und eine Wiese zum Aufriggen – die 5 Euro Parkgebühr sind also durchaus gerechtfertigt. Local-Tipp: Bei Flaute empfiehlt sich eine Rad-Tour in die Heide- und Waldlandschaft des Parks „Hoge Veluwe“ .
5) Bad Hoophuizen
Dieser Spot bietet vergleichbare Bedingungen wie der Hauptspot Strand Horst – großteils hüfttiefes Flachwasser, indem Anfänger und Freestyle-Experten gleichermaßen an ihren Manövern feilen können. Mit langen Finnen sollte man erst ein wenig weiter draußenloslegen, dann gibt es aber auch hier jede Menge Platz für Langschläge und Manöver. SW-bis W-Wind ist ideal, aber auch W oder NW kommen noch brauchbar und nur leicht böig durch. Vor Ort gibt es einen netten Sandstrand, eine Wiese zum Aufriggen und sogar eine Surfschule, bei der man Kurse belegen kann. Der Zugang erfolgt hier über den Campingplatz Droompark Bad Hoophuizen. Etwa 500 Meter weiter östlich befindet sich ebenfallseine Zugangsstelle mit gleicher Ausrichtung und vergleichbaren Spotbedingungen: Vor dem Campingplatz De Oude Pol kann man links deskleinen Hafens über einen kleinen Sandstrand ins Wasser.
6) Bremerbergse Hoek
Auch die Nordseite des Veluwemeers bietet gute Surfmöglichkeiten, die Bedingungen unterscheiden sich prinzipiell nicht von den Hauptspots auf der Südseite: Auch hier gibt‘s große Stehbereiche und feinstes Flachwasser, ein Vorteil kann sein, dass hier Winde aus O bis SO freier durchkommen und sideshore von links wehen. Umgekehrt schaut man bei West- oder Nordwestwind in die Röhre, dieser kommt über Land und weht daher recht böig. Der Zugang erfolgt hier über das Aquacentrum Bremerbergse Hoek, hier befindet sich in einer kleinen Bucht auch das Surfcamp Veluwemeer, eine Surf- und Katamaranschule, die auch SUP-Boards vermietet. Ein guter Alternativspot auf der Nordseite ist auch Flevostrand, gegenüber von Harderwijk. Hierkommen SW und O ebenfalls gut an, ein größeres Stehrevier sucht man hier allerdings vergeblich.