Herbst-TripsKroatien - Flachwasser & Welle in Istrien

Manuel Vogel

 · 11.11.2024

Von Oktober bis Dezember ist Istrien leer, warm und windig
Foto: Max Brinnich
Das Wasser warm wie in der Badewanne, mit Scirocco und Bora gleich zwei Wind-Optionen und leere Spots: Kroatiens Norden bietet für Windsurfer in der Nebensaison eine Top-Auswahl!

Weitere Spot-Tipps für Herbst-Trips:

Der große Touristen-Kehraus findet im Norden Kroatiens spätestens Anfang September statt – sobald die Ferienzeit vorbei ist, kehrt an der Adriaküste wieder Ruhe ein. Mit den Touristen verzieht sich auch das Azorenhoch, welches im Hochsommer meist jeglichen Tiefdruckeinfluss fernhält und mit unzähligen Sonnenstunden die Adria auf Badewannentemperatur erwärmt. Die Monate Oktober bis Dezember sind für Windsurferinnen und Windsurfer eine ideale Zeit für einen Trip auf die Halbinsel Istrien – vorausgesetzt, man lässt sich von wechselhaftem Wetter nicht aus der Bahn werfen und ist vor Ort etwas mobil.

Umag ist die beste Wahl bei Scirocco

Im Spätherbst kommt auch rund um die Adria so richtig Bewegung ins Wetter, und nicht selten wechseln sich zwei Wetterlagen ab: Scirocco aus Südost und die berühmte Bora aus Ost bis Nordost. Sobald von Westen ein Tiefdruckgebiet heranzieht, setzt der warme Scirocco aus Südost bis Süd ein. Dieser bringt auch zu dieser Jahreszeit sehr milde Temperaturen mit, teilweise wird sogar im November die 20 ‐Grad-Marke erreicht. Scirocco baut sich langsam auf – oft über mehrere Tage – und weht äußerst konstant. Vor allem aber bringt er mächtige Dünung mit, die dann die felsigen Küsten umtost.

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Mit einsetzender Scirocco-Lage startet man seinen Trip idealerweise im Nordwesten der Halbinsel, in Umag. Hier kommt der Wind sideshore von links an. Gesurft wird direkt nordwestlich des kleinen Hafens, der Einstieg erfolgt über eine kleine Mole oder den schmalen Strandabschnitt in Lee. Über dem vorgelagerten Riff brechen sich die Wellen zunächst noch moderat und auch für Wave-Aufsteiger gut machbar. Sobald der Scirocco auf über 25 Knoten zulegt, werden die Wellen dann kopf- bis maximal logohoch und eignen sich ideal zum Springen und Abreiten nach Lee. Die Qualität des Spots ist kein Geheimnis mehr – sowenig zu dieser Jahreszeit an Land los ist, so zahlreich ist die Gesellschaft auf dem Wasser. Nach getaner Arbeit gibt’s rund um den Hafen auch in der Nebensaison noch Cafés und Restaurants, in die man gehen kann, um den Surftag Revue passieren zu lassen.

In der Regel verschlechtert sich das Wetter mit zunehmender Dauer, und am Ende beendet Regen die Scirocco- Phase. Zeit für einen Ortswechsel, denn meist schließt sich an den Scirocco eine satte Bora an.

Bei Bora an den Top-Spot Premantura

Weil die Bora aus Ost- bis Nordost weht und nicht wirklich an der Westküste Istriens ankommt, ist es an der Zeit, weiter in Richtung Süden zu fahren. Auf dem Weg zum kroatischen Topspot Premantura lohnt sich noch ein Abstecher nach Rovinj. Für die wunderschöne Altstadt, die auf einem Hügel über dem Meer thront, wurde der Begriff „romantisch“ quasi erfunden. Wo sich einige Wochen zuvor noch Touristenströme durch die engen Gassen geschoben haben, sind jetzt wieder Platz und Ruhe eingekehrt. Gleiches gilt für die Altstadt von Pula mit ihrem Amphitheater, die ebenfalls auf dem Weg liegt und einen lohnenden Zwischenstopp darstellt. Allzu lange sollte man sich mit Sightseeing-Programm aber nicht aufhalten, denn im Normalfall lässt die Bora nach einer Scirocco-Phase nicht lange auf sich warten.

Bora entsteht, wenn im kroatischen Hinterland die Temperaturen durch Niederschläge oder Gewitter sinken, es entsteht hoher Luftdruck über dem Hinterland. Die kalten Luftmassen schießen dann aus dem Gebirge hinunter zur noch warmen Adria – nicht selten mit Sturmstärke. Zwar geht der Wechsel auch auf Meeresniveau mit einem spürbaren Temperaturabsturz einher, dafür klart aber auch der Himmel wieder auf und oft scheint wenige Stunden nach Einsetzen der Bora tatsächlich schon wieder die Sonne.

Gut einnisten kann man sich bei Bora rund um den Hotspot Premantura. Die Halbinsel südlich von Pula bietet gleich mehrere Spots für unterschiedliche Können-stufen: Relativ exponiert ist es in Stupice, hier kommt der Wind aus Ostnordost recht frei und auflandig an, es bilden sich bei entsprechender Windstärke auch Chops zum Springen. Wenn die Bora komplett durchdrehen sollte und man es etwas ruhiger angehen möchte, lohnt der Ortswechsel nach Pomer, wo man sich gut „verstecken“ kann. Hier surft man vor der Kulisse des Städtchens Medulin, das Wasser bleibt meist glatter und der Wind ist zwar etwas böiger, dafür aber auch weniger stark. Einsteigen kann man im Bereich der Campingplätze (z. B. Tašalera) oder beim Wakeboard-Lift weiter westlich.

Auch Medulin und Kuje sind eine gute Bora-Option

Wer Pomer zu gemäßigt findet und etwas mehr Chop zum Springen sucht, sollte einige Kilometer weiter östlich vor dem Campingplatz in Medulin Kažela aufs Wasser. Bora kommt hier sideshore bis leicht schräg ablandig von links an und bringt kleine Rampen mit. Übrigens: Medulin-Kažela ist auch bei Scirocco ein guter Spot mit brandungsähnlichen Bedingungen.

Und wem auch das nicht reicht, der sattelt die Pferde und bewegt sich noch mal rund fünf Kilometer weiter gen Nordosten in die Bucht von Ližnjan. Feuert die Bora aus allen Rohren, ist die Bucht Kuje die erste Anlaufstation für alle, die gerne in der Brandung surfen. Geparkt wird am Nordufer rund um das Geromella Surf Center, der Einstieg über Kies und einige Steine ist relativ leicht machbar. Je nach Windstärke surft man hier in Dünungswellen, die auf dem kleinen Riff bei Sturm brechen und durchaus Brandungscharakter haben.

Unabhängig davon, an welchem Spot man die Bora surft, erlebt man zu dieser Jahreszeit eine Besonderheit: Jeder Sturz vom Brett gleicht einem Eintauchen in die warme Badewanne. Weil der Wind aus den (manchmal schon schneebedeckten) Bergen kommt, kann das Thermometer auch zu dieser Jahreszeit schon mal an der 10-Grad-Marke kratzen. Die Adria ist mit 17 bis 19 Grad aber noch ungleich wärmer. Und spätestens wenn man am Abend in einem der gemütlichen Gasthäuser, der Konobas, einen Sliwowitz vor die Nase gestellt bekommt, ist einem wieder warm ums Herz. Und anhaltend kalt ist es hier sowieso selten, denn die nächste Scirocco-Phase lässt zu dieser Jahreszeit nicht lange auf sich warten.

Revier-Infos Istrien

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Anreise

Für Wassersport-Fans aus Süddeutschland, der Schweiz und Österreich ist der Trip in den Norden Kroatiens quasi ein Katzensprung, von München sind es nur 550 Kilometer bis nach Istrien.

Wohnen & Campen

Viele Hotels und Unterkünfte haben im Winter geschlossen, über die gängigen Buchungsplattformen im Internet wird man aber überall schnell fündig – zu deutlich günstigeren Preisen als im Sommer. Auch die meisten Campingplätze sind im Winter geschlossen, dafür wird auch wildes Campen wieder großzügiger toleriert, sofern man sich nicht zu sehr ausbreitet und keine bleibenden Spuren hinterlässt.

Wetter & Neopren

In Istrien kannst du im November manchmal noch im T-Shirt in der Sonne sitzen oder auch die dicke Jacke überwerfen. Generell gilt: Scirocco bringt Wärme, aber auch oft Wolken und Regen. Bora bringt blauen Himmel, aber durchaus schattige Temperaturen. Ein dicker 5/3er Neo sollte im Gepäck sein, für Bora empfiehlt sich eine Haube. Schuhe sind schon wegen der oft steinigen Einstiege ein Tipp. Die Adria ist im November etwa so warm wie die Ostsee im Sommer, 17 bis 19 Grad sind die Regel.


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