Wolfgang Strasser
· 02.09.2024
Die Gesamtfläche Kroatiens beträgt nur knapp 15 Prozent der von Deutschland, hat aber mehr als 1000 Inseln mit einer Küstenlinie von mehr als 6000 Kilometern. Es gibt also für uns Windsurfer viel zu entdecken. Vor allem im Frühjahr, wenn die Natur zu sprießen beginnt und sich das Leben wieder vor den Häusern abspielt.
In diesem Guide möchten wir euch die Gegend um Pirovac und die Halbinsel Murter in Mitteldalmatien, zwischen Zadar und Split, vorstellen. Wir haben diese Gegend schon einige Male besucht und waren im Herbst und Frühjahr immer wieder von der Windausbeute, dem schönen Wetter und der allgemeinen Ruhe vor Ort begeistert.
Auch in diesem März verbrachten wir wieder 16 Tage in dieser Gegend – an 14 Tagen davon hatten wir Wind: „Jugo“ mit kleinen Segeln zwischen 4,0 und 4,8 Quadratmetern bei angenehmen 22 Grad Lufttemperatur, zornige „Bora“ mit fünf bis sieben Beaufort sowie eine nette Thermik mit angenehmen 20 Knoten und Sonnenschein – hier ist alles dabei. Da schlägt das Windsurfherz höher. Auf dem Wasser waren wir zu dieser Jahreszeit immer allein unterwegs, nur einige Segelboote zogen vorbei.
Wir sind immer wieder von der Windausbeute, dem schönen Wetter und der Ruhe begeistert.
Im Winterhalbjahr kann in dieser Gegend aus unserer Erfahrung mit 40 bis 50 Prozent Gleitwind gerechnet werden. In den Sommermonaten ist durch vorherrschende Thermik an mindestens 30 bis 40 Prozent der Tage Wind für Foil, Wing und große Segel zu erwarten. Ab Pfingsten und im Hochsommer ist Kroatien seit einigen Jahren sehr stark von Touristen besucht, und es kann schon mal richtig voll werden. In der Nebensaison herrscht jedoch easy going an Land und auf dem Wasser – es gibt Platz ohne Ende.
Während unseres letzten Kroatien-Aufenthalts im März waren wir allerdings nicht nur auf Salzwasser surfen, sondern auch auf dem größten Natursee Kroatiens, unweit der anderen Spots um Pirovac. Der mediterrane Sumpf liegt in einem 57 Quadratkilometer großen Naturpark, in dem der See mit einer Fläche von 30 Quadratkilometern den Großteil der Gesamtfläche ausmacht. Mit einer Uferlänge von über 45 Kilometern ist der Vraner See ein Paradies für Sportangler, Wanderer, Radfahrer und bietet gleichzeitig auch sehr schöne Möglichkeiten zum Windsurfen. Rund um den See gibt es Naturschutzzonen, die selbstverständlich zu wahren sind. Doch an zwei für den Guide ausfindig gemachten Stellen ist der Zugang für Windsurfer möglich. Viel Spaß beim Erkunden.
43.817338, 15.661760
Der Spot liegt westlich der Marina, in einer lang gezogenen, schmalen Bucht (Abstand zur anderen Uferseite circa 500 Meter), die sich in Richtung Nordwesten wie ein Trichter verbreitert. Der südöstlich wehende Jugo kommt direkt sideshore von links und wird durch eine Furche verstärkt. Am Anfang bleibt das Wasser sehr glatt, in der Mitte der Bucht wird es kabbeliger, aber auf der gegenüberliegenden Seite wieder deutlich glatter.
Bei Wind aus Südost bildet die Hafenmauer der Marina auf den ersten 50 Metern eine kleine Windabdeckung. Sollte der Jugo etwas südlicher wehen, kommt der Wind schräg auflandig und ist böiger, da er zunächst über einen kleinen Hügel muss. Der bessere Spot ist dann Pirovac Tankstelle, nur 700 Meter westlich von hier.
Die Thermik aus Westnordwest kommt sideshore von rechts und weht meist sehr konstant. Die Hafenmauer der Marina produziert dann jedoch ziemlich kabbeliges Wasser. Daher besser in Luv surfen, wo sich die Bucht verbreitert – dort findet man schönes Flachwasser zum Heizen und Üben. Der Einstieg erfolgt bequem über einen schmalen grobkieseligen Strandabschnitt. Nur die ersten paar Meter sind stehtief. Parkplatz (gebührenpflichtig) und Aufbaumöglichkeiten gibt es direkt vor dem Strandabschnitt.
43.825435,15.654276
Von Zadar kommend, vor dem Ortseingang von Pirovac, etwa 30 Meter vor der Tankstelle rechts in die Zufahrt zum Strand abbiegen. Zum Wasser sind es dann keine hundert Meter mehr. Der Spot funktioniert am besten bei südlicherem Jugo, bis maximal Südsüdost, und bei Thermik aus Westnordwest. Südlicher Jugo kommt hier schräg auflandig von links und weht konstanter als an der Marina Pirovac, obwohl die Spots nur einen Kilometer voneinander entfernt sind. Die Wasseroberfläche bietet je nach Windstärke Flachwasser bis zu einem halben Meter sauberen Chop.
Bei Westnordwest-Thermik bleibt das Wasser hingegen relativ glatt, die ersten 50 Meter vom Strand aus sind leicht abgedeckt. Der Einstieg erfolgt hier ebenso über einen grobkieseligen Strandabschnitt. Der Stehbereich ist nur knapp fünf Meter breit. Park- und Aufbaumöglichkeiten, fast windgeschützt durch Sträucher und Bäume, gibt es entlang der ungeteerten, zum Meer abfallenden Zufahrt.
43.843197, 15.623835
Dieser Spot liegt circa drei Kilometer nordwestlich von Pirovac, dort wo der Prosikakanal den Vraner See mit dem Meer verbindet. Prosika besteht aus einigen Ferienhäusern, einem kleinen Hotel und einem Hafen. Von dort hat man einen schönen Blick auf die gegenüberliegende Seite, nach Murter und Betina.
Der Jugo aus südöstlicher Richtung kommt hier sideshore und ist in Luv durch Land abgedeckt, das heißt, man muss zunächst ungefähr 200 bis 300 Meter rausdümpeln, bevor der Gleitspaß beginnen kann. Jugo aus Süd kommt schräg auflandig, hat somit freien Anlauf und ist die bessere Wahl am Spot, obwohl durch den Hafen und die Uferbefestigung die ersten 100 Meter recht kabbelig sind.
Parkmöglichkeiten bestehen an der Straße und am Kanal. Der Einstieg erfolgt am Ende des Kanals auf einer schmalen grobkieseligen Landzunge oder vom nördlich gelegenen Camp Kalebic. An beiden Einstiegen ist das Wasser bereits nach einigen Metern tief.
43.819110, 15.605836
Bei Bora generell der beste Spot. Kommt die Bora aus nördlicherer Richtung, kommt der Wind mehr sideshore und es entsteht ein kleiner Chop, der sich perfekt zum Heizen oder Freestylen eignet. Bei östlicherer Bora kommt der Wind leicht auflandig von links und es bilden sich nicht ganz so angenehme Kabbelwellen.
Bei Jugo aus Südost kommt der Wind leicht schräg auflandig von rechts und je nach Windstärke entsteht eine Windwelle, die einen halben Meter hoch werden kann. Kommt der Jugo südlicher, weht es sideshore von rechts und der Chop bleibt kleiner. Der Einstieg, mit ein paar Metern Stehbereich, erfolgt auf mehreren Hundert Metern über den Kieselstrand. Es gibt zahlreiche Parkplätze direkt am Wasser. In der Nebensaison sind diese gebührenfrei.
43.849856, 15.630101
Der Vraner See, einer der letzten mediterranen Sümpfe, erinnert von den Surfbedingungen an den Neusiedlersee. Rund um den See gibt es Naturschutzzonen, die selbstverständlich zu wahren sind. Der Untergrund des Vraner Sees ist generell sehr schlammig, nur bei Prosika, im südöstlichen Teil des Sees, ist festerer Untergrund. Die Tiefe des Gewässers liegt nur bei etwa ein bis zwei Metern. Bei Jugo aus Südost weht der Wind in Prosika sideshore von rechts und eher böig.
Für Freestyler gibt es auf einer Breite von 200 Metern schönes Flachwasser. Der Einstieg erfolgt rechts neben dem kleinen Hafen von Prosika an einem kleinen Strandabschnitt. Der Zugang zum See ist in der Saison von Ostern bis Oktober gebührenpflichtig.
43.930060, 15.511979
Am Nordwestende des Vraner Sees, am Camp Vransko, ist der Zugang zum See ebenfalls möglich. Hier ist der Seeuntergrund jedoch sehr schlammig. Nordwestlich des Campingplatzes beginnt eine ausgeweitete Naturschutzzone mit breitem Schilfgürtel, wo Wassersport selbstverständlich nicht gestattet ist. Der Jugo kommt hier fast auflandig und das Wasser ist daher eher kabbelig. Die Bora kommt sideonshore von links und kann sogar stärker wehen als auf dem Meer.
Pirovac ist von München aus in circa acht Stunden (780 Kilometer) über Salzburg, Villach, Ljubljana, ein kurzes Stück Landstraße in Slowenien und dann wieder per Autobahn (gebührenpflichtig) Richtung Split, über Zadar, zu erreichen. Am besten die Ausfahrt Cista Male vor Šibenik wählen, dann noch etwa 15 km Landstraße bis Pirovac.
Tipp: Es gibt eine sehr interessante Alternativstrecke: München, Salzburg, Villach, Richtung Udine mit Zwischenstopp am Lago di Cavazzo. Von dort über Udine, Triest nach Rijeka (knappe 3 Std.) zum Spot Preluk. Von dort weiter über die Küstenstraße Richtung Süden, mit imposanten Ausblicken auf die Inseln Krk, Rab, Pag, über Zadar, am Vraner See entlang, nach Pirovac (ca. 850 km Gesamtstrecke).
Die beste und windigste Reisezeit für uns Windsurfer liegt zwischen September und Mai, denn in dieser Zeit sind die vorherrschenden Winde der warme Jugo aus südöstlicher Richtung oder die kalte Bora aus Nordost. Beide Winde erreichen eine Stärke von 20 bis 35 Knoten.
Das Meer hat bis Dezember noch angenehme 18 Grad und kühlt bis März nur maximal bis auf 14 Grad ab. Die Lufttemperatur liegt in diesem Zeitraum bei 15 bis gut 20 Grad. Bei Boralage im Winter kann diese jedoch auch mal unter zehn Grad fallen.
Der Jugo ist ein warmer und angenehmer Wind, der oft mehrere Tage am Stück weht und schlechteres Wetter mit sich bringt. Er wird durch seine südöstliche Richtung und die vorgelagerten Inseln und Schneisen um die Gegend von Pirovac und Murter verstärkt. In der Regel kündigt der Jugo ein nahendes Tief an. Nach seiner Phase wird der Jugo meist vom kalten „Geschwisterwind“, der Bora, abgelöst, die die Temperaturen fallen lässt. Die Luft wird klar, das Wetter meist sehr sonnig und es herrscht eine gute Fernsicht. Bora kann im Winterhalbjahr auch mal zehn Tage am Stück durchwehen. Im Sommer sind Boralagen meist kürzer, können aber ebenso intensiv sein.
Bei stabiler Hochdrucklage in den Sommermonaten herrscht der Maestrale, ein thermischer, aus nordwestlicher bis westlicher Richtung wehender Wind, vor. Dieser schafft es in der Regel auf sechs bis zwölf Knoten, an guten Tagen kann es bis auf 18 Knoten hochgehen, mehr schafft er nur selten. Es reicht im Sommer also meistens zum Segeln, Foilen oder Wingen. Doch auch im Hochsommer kann es mal einen Starkwindtag in Form von Jugo oder Bora geben. Bei Hochdruckwetterlagen im Frühjahr oder Herbst wiederum kann es ab einer Vorhersage von acht bis zehn Knoten aus Westnordwest, durch die thermische Verstärkung, je nach Können und Gewicht, locker zum Gleiten mit dem 5,2er Freestylesegel oder mit durchschnittlich großer Freeride-Ausrüstung reichen.
Im Winterhalbjahr sollten ein warmer 5/3mm Neo, Schuhe und für die Bora noch Haube und Handschuhe mit im Gepäck sein. Im Mai und November sind die Temperaturen so angenehm, dass auch ohne Schuhe und Haube gesurft werden kann, ab Juni bis September sind bei Wassertemperaturen von 24 bis 26 Grad Kurzarm oder Shorty ausreichend.
Wie überall an der Adria spielen die Gezeiten keine große Rolle. Die großen, geschützten Buchten und die zahlreichen vorgelagerten Inseln schirmen die Wellen weitestgehend ab. Die Windwellen werden an den gelisteten Spots, auch bei starkem Wind, maximal einen halben Meter hoch.
Das Wasser ist an vielen Stellen kristallklar und lädt zum Schwimmen, Schnorcheln, zu SUP-Touren oder einfach nur zum Baden und Abhängen am Strand ein.
Die Gegend um Pirovac ist durch die thermischen Winde und die vielen vorgelagerten Inseln und Ankerplätze sehr bekannt unter Seglern – es gibt hier unendlich viele schöne, einsame Buchten zu erkunden. Die Stadt ist gut und schnell erreichbar und hat eine sehr gute Infrastruktur. Einen Windsurfshop oder Verleih gibt es allerdings nicht – eigenes Windsurfequipment muss mitgenommen werden.
Entlang des Sees und des umliegenden Gebietes gibt es zahlreiche ausgeschilderte Wander- und Radwege. Der See selbst ist am besten mit dem Kajak oder einer einstündigen Rundtour mit dem Elektroboot vom Hafen Crkvina zu erkunden.
Am Informationszentrum in Crkvine können während der Saison (Ostern bis Oktober) auch MTB-Fahrräder gemietet werden. Hier beginnt auch der Lehrpfad in die Vogelwelt. Im Informationszentrum am Hafen Prosika können E-Bikes und Kajaks gemietet und sogar Angelscheine erworben werden. Der Zugang zum Nationalpark ist während der Saison gebührenpflichtig.
Die Halbinsel Murter und Umgebung Pirovac ist touristisch sehr gut erschlossen. Es gibt Unterkünfte sämtlicher Kategorien und Preisklassen über die bekannten Buchungsportale im Web.
Die Campingplätze sind meist von März/ April bis Ende Oktober geöffnet. Außerhalb dieser Zeit wird Wildcampen, obwohl in ganz Kroatien verboten, bei angemessenem Verhalten oft noch toleriert, sofern man den Ball flach hält, sich nicht ausbreitet und seinen Müll entsorgt.
In den Sommermonaten ist Wildcampen jedoch ein No-Go und wird auch streng geahndet. Es gibt eine ausreichende Dichte an Campingplätzen, viele auch direkt am Wasser. Im Winter sind immer noch einige Konobas (kleine, kroatische Restaurants an der Adriaküste) und Supermärkte geöffnet. Das Preisniveau ist in den letzten Jahren durchaus gestiegen – Kroatien ist im internationalen Vergleich kein besonders günstiges Reiseziel mehr.
Die hügelige grüne Gegend um Pirovac und Murter, mit Olivenhainen, Wiesen mit umherziehenden Ziegen- und Schafherden, ist über zahlreiche ausgeschilderte Wander- und Radwege gut zu erkunden. Lokales Olivenöl, Gemüse, frisch oder eingemacht, und Obst aus dieser Region können auf dem Markt in Pirovac gekauft werden.
In Dalmatien gibt es eine Spezialität, das Spanferkel. Die Kroaten gönnen sich dieses vor allem in der Mittagszeit. Ob am Straßenrand oder in Restaurants mit speziellen Grillhäusern kommt es frisch vom Grill. Die Qualität ist zu schmecken, da die Tiere auf der Weide aufwachsen.