Ankommen und abschalten – wer auf Tobago landet, spürt sofort: Hier ticken die Uhren langsamer. Der entspannte karibische Lifestyle steckt an, und auch am Spot Pigeon Point ist alles darauf ausgelegt, den Alltag hinter sich zu lassen. Bereits nach knapp neun Stunden Flugzeit tauscht man Winterkleidung und Stiefel gegen Boardshorts und Flipflops und findet sich am überschaubaren Flughafen von Crown Point wieder. Von dort sind es lediglich wenige Minuten bis zum Hauptspot, dem Pigeon Point. Das Naturschutzgebiet bietet Postkarten Ambiente – große Palmenhaine, weiße Strände und eine von einem Außenriff geschützte Bucht mit unwirklichen Wasserfarben. Stress? Fehlanzeige. Der kommt höchstens mal am letzten Tag innerhalb des Test-Teams auf, wenn beispielsweise noch die Detail-Aufnahmen einer Testgruppe fehlen und in drei Stunden der Flieger zurück ins winterliche Deutschland geht.
Tobago bietet größtenteils noch Karibik im Urzustand – sehr entspannte Menschen, nie Hektik, Hühner in den Straßen, keine Bettenburgen. Die Insel hat eine wechselvolle Geschichte und wechselte nach der Entdeckung durch Kolumbus mindestens 31-mal den Besitzer. Mal waren es Engländer, dann Franzosen, Niederländer und sogar Esten. Zwischendurch war die Insel, nicht zuletzt aufgrund der wechselnden Machtverhältnisse, auch immer mal wieder Piratenstützpunkt.
Tobago bietet größtenteils noch Karibik im Urzustand.
Und genauso vielfältig sind auch die Test-Bedingungen auf Tobago. Auch wenn diese meist typisch karibisch moderat bleiben, können am Pigeon Point im Prinzip auf überschaubarem Raum an ein und demselben Tag Freeride-, Freemove, Foil und große Wave oder Freewaveboards zum Einsatz kommen. Der Wind weht fast immer passend für Segel zwischen 5,8 und 8,0 Quadratmeter.
Da die Wave-Bedingungen am Außenriff allerdings nicht konstant genug sind und auch der zeitliche Rahmen beim Test eine Rolle spielt, haben wir uns in der Vergangenheit hauptsächlich auf Flachwasser-Gruppen innerhalb der Lagune konzentriert. Dort variieren die Bedingungen je nach Windstärke und Tide zwischen spiegelglattem Wasser und Bump- and Jump-Bedingungen weiter draußen, im tieferen Teil der Lagune.
11°10’26.5”N 60°50’17.5”W
Die geschützte, rund 2,5 mal 1 Kilometer große Lagune am Spot Pigeon Point befindet sich im äußersten Südwesten Tobagos, unweit des Städtchens Crown Point. Durch einen Riffgürtel ist die Lagune von den Wellen des Atlantiks abgeschirmt, auch bei Starkwind bleibt es bei kleinen Chops, die auch weniger geübten Windsurfern das Leben nicht sonderlich schwer machen. Bei Ebbe ist die Lagune grundsätzlich besser geschützt und seichter, das Wasser ist dann entsprechend glatter als bei Flut. Dass große Teile der Lagune stehtief sind, trägt dazu bei, dass man hier überaus sicher an seinen Manövern üben kann. Der Spot selbst bedient alle Karibik-Klischees – türkisfarbenes Badewannenwasser, weißer Sandstrand und Palmen, die sich im Wind wiegen! An sonnigen Tagen weht der Passat meist sehr konstant, an wolkigen Tagen auch etwas böiger über die Lagune. Je weiter man sich vom Ufer entfernt, desto leichter wird der Wind oftmals. Der Untergrund im Wasser ist großteils sandig, es gibt aber auch einige scharfe Korallenblöcke – Schuhe sind kein Fehler! Je weiter man sich vom Strand aus gesehen in den linken (westlichen) Teil der Lagune begibt, desto seichter wird es. Die Foiler halten sich deshalb ausschließlich im rechten Teil auf. Platz gibt es generell mehr als genug – in die Quere kommen sich Wassersportler hier nicht wirklich.
11°10’35.6”N 60°50’50.1”W
Am die Lagune umschließenden Riff brechen mitunter nette Brandungswellen. Bei seltenem Nordwind bricht unweit des Pigeon Point eine nette Brandungswelle in Sichtweite des Palmenstrandes, die auch Wave-Einsteigern eine Chance lässt. Mit Wind von rechts kann man die Wellen dann auch frontside ab-reiten, hüft- bis brusthoch ist hier eine übliche Wellenhöhe. Nur wenn richtig Swell dazukommt, laufen auch fette Brecher übers Riff. In der Brandungszone ist es aber immer tief genug, um nicht auf dem Riff zu landen.
Bei normalem Passat aus Ost bis Nordost gibt es zudem die Möglichkeit, vom Pigeon Point aus auf Halbwindkurs zum nördlichen Teil des Außenriff zu starten. Der Wind lässt dabei aber nach, je weiter vom Ufer man sich entfernt – ausreichend großes Wavematerial wird dringend empfohlen. Durch einen kleinen Channel gelangt man hier durchs Riff ins tiefe Gewässer. Der Wind weht dann sideshore von rechts, die Welle erreicht meist ein bis zwei Meter Höhe und läuft recht moderat. Trotzdem muss man sich bewusst sein, dass man hier quasi außer Sichtweite des Ufers surft, bei Materialbruch nimmt man unweigerlich Kurs aufs rund 400 Kilometer entfernte Porlamar in Venezuela. Man sollte also den Weg an diesen Teil des Riffs nie alleine antreten und sich an der Surfstation nach den Gegebenheiten erkundigen!
Die beste Zeit für einen Trip nach Tobago ist zwischen Dezember und Mai, dann weht der verlässliche Passat aus nordöstlichen Richtungen an 60 bis 75 Prozent der Tage mit über zwölf Knoten. Wie an vielen anderen Spots in der Karibik weht es auch auf Tobago eher moderat – 12 bis 18 Knoten sind die Regel. Auch Tage mit >20 Knoten können aber immer wieder mal vorkommen. Wenn es wolkig ist, bläst der Wind mitunter etwas böig, sonst aber herrlich konstant durch die Lagune. Einen Neoprenanzug kann man bei Wassertemperaturen von 27 Grad und Lufttemperaturen um die 30 Grad getrost zu Hause lassen, Shorts und Lycra trägt man vor allem gegen die karibische Sonne. Schuhe sind empfehlenswert, denn in der Lagune liegen einige Korallenbänke, und auch die giftigen Stachel der gelegentlich vorkommenden Steinfische sind kein Spaß.
Die große Lagune am Pigeon Point ist von einem Riffgürtel umschlossen und stellt damit ein sehr sicheres Revier dar. Auch die Strömungen halten sich dadurch im Rahmen, an normalen Tagen werden die Windwellen maximal kniehoch. Weht der Wind aus nördlicher Richtung, was recht selten vorkommt, kann man am westlichen Teil des Außenriffs in den Genuss schöner Brandungswellen kommen. Im Südwesten bietet die Insel einige Top-Spots für Wellenreiter, zum Beispiel Mt. Irvine.
Radical Sports Tobago (radicalsportstobago.com) ist die Surfstation am Pigeon Point: sehr gepflegt, und neben Wind-, Kite- und Wingunterricht bieten Besitzer Brett und seine Crew ein breit gefächertes Programm an Aktivitäten an – von Yoga bis Onewheel-Fahren. Neben Materialmiete kann auch eigenes Equipment eingelagert werden, Flughafen-Transfers sind ebenfalls möglich. Hier haben auch wir als surf-Testteam immer unsere Basis für den Materialtest.
Die Surf &Action Company bietet vom 24.2. bis 3.3.2026 an der Station wieder sein Relax & Winterflucht Learnival an. Neben 3-4Stunden Wasserprogramm für jedes Level gibt es ein abwechslungsreiches Karibik-Rahmenprogramm. Alle Infos und Preise für den Event gibt‘s auf surf-action.com
Das Gebiet rund um den Surfspot Pigeon Point ist ein Naturreservat, in dem keine Hotels gebaut werden dürfen. Wohnen muss man deshalb im nahen Ort Crown Point, die Unterkünfte befinden sich zwischen 25 und 40 Gehminuten vom Spot entfernt. Wem der schöne Spaziergang zu lange dauert, der sollte sich ein Fahrrad mieten, mit dem man den Spot in knapp zehn Minuten erreichen kann. Für fast jeden Geldbeutel finden sich in Crown Point Unterkünfte, vom Apartment für Selbstversorger bis hin zum All-inclusive-Hotel ist alles dabei.
Ein Moskito-Netz und Mückenspray sollten im Gepäck sein! Malaria-Prophylaxe ist aber nicht notwendig. Schnitte und Wunden heilen im warmen Wasser sehr schlecht, es besteht Infektionsgefahr – eine kleine Reiseapotheke kann nicht schaden. Die Landessprache auf Tobago ist Englisch, Zahlungsmittel ist der TTD (Trinidad-und-Tobago-Dollar). Kriminalität ist im Gegensatz zur Hauptinsel Trinidad kaum ein Thema, nur beim legendären Karneval sollte man vor Taschendieben auf der Hut sein!
Ein magisches Erlebnis und unbedingt empfehlenswert ist eine „Bioluminesence Tour“ in einer der Neumondnächte! Man paddelt bei Nacht von der Radical-Sports-Station mit Kajaks oder SUPs in die nahe gelegene Lagune, wo neben sehr vielen Tieren in und über Wasser das fluoreszierende Plankton wirklich magisch wirkt! Definitiv auch einen Ausflug wert ist eine geführte Tour in die Wälder zur Vogelbeobachtung.
Ebenfalls interessant ist Castara/Englishman Bay: Es gibt auf der Insel eine ganze Reihe von kleinen Buchten, in denen die Uhren noch langsamer laufen und man eine Vorstellung davon bekommt, wie die Karibik vor 100 Jahren ausgesehen haben muss. Schnorcheln und Tauchen sind ebenfalls angesagt und angesichts der Vielfalt von Fischen und Korallen an der Schnittstelle von Atlantik und Karibik ein echtes Highlight an windstillen Tagen.