ActioncamsSurf-Videos drehen - Nico Prien gibt Tipps zu Kamera, Halterung und Perspektiven

Stephan Gölnitz

 · 21.11.2025

Die „Teletubby-Montage“ ergibt coole Blickwinkel, wenn man mit Freunden surft, ist allerdings auf  dem Kopf auch spürbar.
Foto: Lars Wichmann
Nico Prien ist der wohl größte Youtube-Star der Windsurf-Szene - und deswegen ein Experte für gute Surf-Videos. Uns hat er verraten, welche Ausrüstung er nutzt und wie man gute Aufnahmen bekommt!

Die Actionkameras von Nico Prien surfen vermutlich mehr Kilometer im Jahr als der Durchschnittssurfer überhaupt. Seine Videos sind superpopulär. Den surf-Lesern erzählt Nico, wie er arbeitet und worauf man beim eigenen Windsurf-Homevideo achten sollte.

Welche Kameras verwendest du aktuell?

Aktuell haben wir die Insta360 X5, die neueste Version der 360-Grad-Kamera. Dann nutzen wir die Insta360 Ace Pro 2, die letzte Version der normalen Actionkamera. Zusätzlich verwenden wir noch die Insta360 Go 3S, eine Mini-Kamera, die wir so in den Helm integriert haben, dass man sie kaum bemerkt. Die ist etwa so groß wie eine Streichholzschachtel und wiegt nur 25 Gramm. Sie funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie das ganz neue Modell: Man kann sie zum Aufladen in eine Basis einklicken, die auch einen kleinen Bildschirm hat. Zum Filmen nimmt man nur das kleine Kameramodul heraus.

Wie ist das Verhältnis zwischen 360-Grad-Kamera und normalen Actioncams bei deinen Aufnahmen?

Auf dem Board verwende ich eigentlich nur noch die 360-Grad-Kamera. Nur bei Wettkämpfen würde ich nicht mit der 360-Grad-Kamera fahren. Ein Kritikpunkt an den 360-Grad-Kameras ist ja, dass sie fürs Windsurfen eigentlich zu schwer sind. Wir haben so starke Schläge, dass fast jede Halterung nach einer Weile nachgibt. Soweit ich weiß, wird bei Insta360 aber an einer kleineren 360-Grad-Kamera gearbeitet.

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Für Rennen haben wir eine Kamera in den Helm eingebaut.”

Welche Halterungen verwendest du?

Ich verwende eine Heavy Duty Clamp, also eine Schelle mit Schraubverschluss am Gabelbaum. Das ist die Standardhalterung, wenn es schnell gehen soll. Für den Mast gibt es die Flymount. Wir haben vor etwa zwei Jahren auch eine Eigenkonstruktion entwickelt, bei der wir zwei Halterungen kombinieren: Eine befestigen wir an der Gabel mit der Klemme, die andere Seite mit einer Flymount am Mast. Dadurch entsteht ein stabilisierendes Dreieck. Der Shot wird deutlich besser, wenn die Kamera weiter vom Material entfernt ist, weil es dann nicht so verzogen aussieht und mehr vom Material sowie vom Horizont zu sehen ist. Mit diesem Über-Eck-System können wir die Kamera etwa einen Meter vom Material entfernen, was aber schon die Grenze darstellt – je weiter weg die Kamera ist, desto mehr Hebelwirkung entsteht und desto eher geben die Halterungen nach.

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Wo sind deine Lieblings-Montagepositionen?

Die sicherste Variante ist hinten am Endstück vom Gabelbaum. Da ist sie nicht im Weg und man kann sie richtig fest anziehen. Das sieht im Video auch in Ordnung aus, aber man hat natürlich das Gesicht nicht im Bild. Wenn ich das Gesicht drauf haben möchte, montiere ich die Kamera vorne an der Gabel oder direkt über der Gabel am Mast. Man kann natürlich auch einen Helmmount nehmen oder diesen Trapez-Mount, wo die Stange nach hinten weggeht. Beim Surfen stört diese Konstruktion allerdings, weil sie immer wackelt. Nur für einen Shot ist das dagegen okay, weil die Kamera mit Software super stabilisiert. Man muss einfach unterscheiden zwischen Halterungen, die man für einen coolen Shot kurz anbringt, und solchen, die man für eine ganze Session dranlässt. Den Trapez-Mount würde ich zum Beispiel nur für ein paar Runs verwenden. Gleiches gilt für die Helmhalterung – die 360-Grad-Kamera ist dafür eigentlich etwas zu schwer. Die Halterungen vorne und hinten an der Gabel sind am schnellsten angebracht, stören am wenigsten und können auch mal eine ganze Session draufbleiben.

Je weiter die Kamera vom Surfer entfernt ist, desto beeindruckender wird das Video. Nico Prien hat dafür eine Spezialhalterung gebaut.Foto: Lars WichmannJe weiter die Kamera vom Surfer entfernt ist, desto beeindruckender wird das Video. Nico Prien hat dafür eine Spezialhalterung gebaut.

Wie kann man Freeriden, also das normale Hin- und Herfahren, am attraktivsten darstellen?

Die beste Variante ist tatsächlich dieser Ausleger nach vorne, weil man dann auf die Kamera zufährt, als wäre es eine kleine Drohne. Man sieht einen Großteil vom Material, das Gesicht, die Körperhaltung – das sieht sehr dynamisch aus. Bei Insta360 gibt es in der App eine Funktion für Motion Blur, was wirklich cool aussieht und nicht störend wirkt. Es sieht dann eher so aus, wie es sich in dem Moment anfühlt, denn durch den verzerrten Weitwinkeleffekt wirkt es sonst oft nicht so schnell, wie es tatsächlich war.

Hast du Standard-Einstellungen für die Kamera?

Wir filmen immer mit maximaler Auflösung und 25 Frames pro Sekunde, weil mir Zeitlupen aus dieser Perspektive nicht so gut gefallen. Wir wollen einfach die beste Auflösung haben. Als Codec verwenden wir H.265 und stellen die Bitrate auf mindestens 90 Mbit pro Sekunde, also ziemlich hoch, für maximale Qualität. Man muss natürlich beachten, dass höhere Qualität auch mehr Speicherplatz benötigt. Wenn man nicht mit vielen Festplatten ausgestattet ist, sollte man vielleicht etwas im Mittelmaß wählen, was eine gute Qualität bietet, aber nicht sofort die Speicherkarte füllt. Mit der Kamera machen wir auch nur Videos, keine Fotos. Für Internet-Content reicht es völlig, in 8K zu filmen und sich hinterher mit etwas Nachbearbeitung einen Standbild-Screenshot herauszuziehen.

Du surfst manchmal mit dem Stick in der Hand – ist das die einfachste Lösung?

Das ist eigentlich nur für den Spaß. Man kann damit natürlich die Perspektive variieren und die Kamera ein bisschen hin- und herbewegen, mal näher ans Wasser halten. Je näher die Kamera am Wasser ist, desto schneller sieht es aus. Wichtig ist übrigens, dass man die Kamera immer mit einem Seil sichert. Ich habe schon öfter von Leuten gehört, die ihre Kamera versenkt haben, weil sie nicht richtig befestigt war oder eine falsche Halterung verwendet wurde.

Gibt es Tipps, wie man die Nachbearbeitung beschleunigen kann?

Die meiste Zeit geht dafür drauf, im Video den besten Moment zu finden, etwa die beste Halse. Es gibt Remote-Controller, die man am Handgelenk befestigt und mit denen man auf Aufnahme drücken kann. Das spart in der Nachbearbeitung enorm viel Zeit, weil man wirklich nur die Shots hat, die man benötigt. Bei der Bearbeitung ist die Tracking-KI mittlerweile so gut, dass man einfach auf das Gesicht tracken kann. Bei der aktuellen Insta360 gibt es sogar ein Feature, das automatisch ein fertig geframtes Video erstellt, das von vornherein auf dein Gesicht getrackt ist. Die Kamera nimmt ein 360-Grad-Video auf und zusätzlich eine MP4-Datei, die du gar nicht mehr bearbeiten musst. Die Bearbeitung kann in der Smartphone-App oder mit der Desktop-Software Insta360 Studio erfolgen.

Wenn jemand sich eine Actioncam fürs Windsurfen kaufen will, würdest du eine 360-Grad-Kamera empfehlen?

Ja, mit einer 360-Grad-Kamera hat man einfach mehr Möglichkeiten. Bei einer normalen Kamera hat man immer nur einen Blickwinkel und kann im Nachhinein nichts mehr ändern. Mit der 360-Grad-Kamera kann man noch in der Bearbeitung die Perspektive wechseln, was besonders cool ist, wenn man mit Freunden zusammen surft. Als Zubehör würde ich auf jeden Fall eine Heavy-Duty-Klemme für die Gabelbaum-Montage empfehlen. Die Mast-Montage dagegen weniger, weil man dann eine 2D-Perspektive hat und den Surfer kaum vom Wasser trennen kann.


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