“Nur die Harten kommen...im Winter aufs Wasser”, könnte man sagen. Schon beim Gedanken daran, bei einstelligen oder gar Minus-Temperaturen surfen zu gehen, bekommen einige Menschen einen kratzenden Hals und eine Schniefnase. Seit auch im Winterhalbjahr viele Spots an guten Tagen lebhaft frequentiert sind, stellt sich so manchem die Frage: “Wie machen die das, ohne morgen flachzuliegen?”
Voraussetzung für eine winterliche Surf-Session sollte ein starkes Immunsystem sein, haben uns vor einiger Zeit Kirsten Thünemann und Thomas Gangl von Surfmedizin e.V. erklärt: “Ein erhöhtes Risiko sich zu verkühlen besteht bei Gesunden nicht, auch wenn die Kälte eine Belastung für Immunabwehr darstellt”, so Thomas. Eine Erkältung komme nicht durch die Temperaturen, sondern per Ansteckung durch erkrankte andere Menschen.
Um dem vorzubeugen und fit fürs Wintersurfen zu sein, kann man sein Immunsystem trainieren. Das gilt nicht nur für Surfer, sondern auch für alle anderen Sportler. Unsere Kollegen des Rad-Magazins “BIKE” sind gemeinsam mit der Trainingsexpertin Stefanie Mollnhauer einigen Hausmitteln zur Abhärtung auf den Grund gegangen. Sie leitet das Institut Pro-Formance für Leistungsoptimierung und betreut dort seit 1997 Hobby- und Profisportler unter anderem mit Diagnostik und Trainingsplänen. Auch hier spielt das Thema Stärkung des Immunsystems natürlich immer wieder eine Rolle. Vor allem, wenn wegen eines Erkältungsinfekts Pausen eingehalten und damit ursprünglich geplante Trainingsziele neu anvisiert werden müssen.
Die wichtigsten Faktoren, um Erkältungsviren abzuwehren und den Körper zu stärken, sind relativ simpel:
Doch darüber hinaus haben viele Menschen ihr ganz persönliches “Geheimrezept”, um sich vor Erkältungen zu schützen und das Immunsystem zu stärken.
Ein Trend der letzten Jahre ist, sich für mehrere Minuten in eiskaltes Wasser zu legen. So kann sich der Körper an den Kältereiz gewöhnen, für viele Menschen ist die damit verbundene Überwindung auch eine Kopfsache. Auch ohne lückenlose Dokumentation bei Instagram grundsätzlich eine gute Sache: “Das Verlassen der Temperatur-Komfortzone ist positiver Stress für den Körper”, sagt Stefanie Mollnhauer. “Noradrenalin und Cortisol steigen an, der Sympathikus wird aktiviert. Dies führt kurzfristig zu verminderter Infektanfälligkeit. Eine dauerhaft bessere Infektabwehr konnte aber bislang nicht nachgewiesen werden.” Sie betont, dass man nur bei stabiler Gesundheit ins Eisfass steigen sollte. Bei einer womöglich unerkannten Herzerkrankung oder Bluthochdruck könnte der Temperatur-Schock zu groß sein!
Viren fühlen sich vor allem in saurem Milieu wohl, dem kann man mit der richtigen Ernährung entgegentreten. “Basisch sind im Wesentlichen Obst und Gemüse. Diese Nahrungsmittel sind allein schon über ihre Dichte an Mikronährstoffen und Vitaminen DIE Grundlage für eine gute Immunabwehr/Immunzellbildung”, so Mollnhauer. Die enthaltenen Ballaststoffe stärken zudem die Darmflora, dort werden Immunzellen gebildet. Brot, Kuchen und Nudeln aus Weißmehl, Zucker, Fleisch und Wurst, Fisch, Milch, Eier, Alkohol - aber auch geschälter Reis sind hingegen eher Säure bildend.
Diverse Hersteller preisen Vitamin-Präparate zur Stärkung des Immunsystems an, dazu auch häufig Zink oder Magnesium. Bringt das was? “Vorsicht, Extra-Vitamine können bei einem Zuviel auch schaden”, warnt Stefanie Mollnhauer. Ihre Empfehlung: “Vitamin C besser in kleineren Dosen über den Tag verteilt aufnehmen (4 x 200 mg). Zink: In höherer Dosierung behindert es die Aufnahme von Eisen (wichtig für die Hämoglobinbildung!). Vitamin D kann in zu hoher Anreicherung im Körper giftig wirken. Daher unbedingt den eigenen Vitamin-D-Spiegel vorher abklären. Magnesium ist an über 300 Stoffwechselprozessen beteiligt, eine ausreichende Versorgung ist wichtig!”
Die Nase mal ordentlich von Salzwasser durchspülen lassen - das kennt man von einer zünftigen Nordsee-Session. Doch tatsächlich hat die Spülung auch einen positiven Effekt, denn eine intakte, gut gepflegte Nasenschleimhaut ist das beste Schutzschild gegen Erkältungsviren. In trockener Heizungsluft trocknen die Schleimhäute aus, per Nasendusche versuchen viele Menschen, dem vorbeugen. Doch die regelmäßige Salzwasser-Spülung zuhause ist nicht nur gewöhnungsbedürftig, sondern auch nicht gesichert wirkungsvoll, wie die Expertin erklärt: “Es gibt keine positive Evidenz dazu, dass Nasenspülungen mit isotonischer Kochsalzlösung die Schleimhautfunktion verbessern. Auch lässt sich damit nicht die ‘hinterste Ecke des Infekts’ erreichen. Sie können aber Symptome wie verstopfte Nase, Nasensekret und Druckgefühl vorübergehend mildern.”
...sollte man ja eigentlich immer. Wer im Winterhalbjahr besonders drauf achtet und auch viel Tee trinkt, der wird seltener krank, sind viele überzeugt. Dazu sagt Expertin Stefanie Mollnhauer: “Viel trinken unterstützt das Immunsystem indirekt: Schleimhäute in Nase, Rachen, Bronchien werden hydratisiert und können so Krankheitserreger besser abfangen. Speziell warme (nicht heiße!) Getränke wie Kräutertees. Aber: Bereits eingenistete Viren können so leider nicht aus dem Körper gespült werden!”
Ähnlich wie beim Eisbaden (siehe oben) werden in der Sauna die Gefäße abwechselnd geweitet und verengt, die Durchblutung angeregt - und auch das Immunsystem gestärkt? “Sauna macht positiven Stress”, bestätigt die Expertin. “Aber wie beim Eisbaden (Tipp 1) bitte nur in absolut gesundem Zustand, da es eine Zusatzbelastung für den Körper ist. Laut Studien zeigt sich bei 1-2 Mal finnischer Sauna pro Woche eine positive Modulation des Immunsystems und eine Verbesserung der Schleimhautfunktion.”
Sobald es Herbst wird oder spätestens, wenn die Nase zum ersten Mal läuft, wird man gerne auch ungefragt mit den “Geheimrezepten” der Mitmenschen versorgt. Immer dabei: Ingwer oder Kurkuma in verschiedenen Darreichungsformen - als Tee, Saft, im Smoothie als Präparat. “Ingwer enthält Vitamin C, Magnesium, Kalzium, Eisen, Phosphor, Kalium und Natrium sowie gesunde ätherische Öle”, zählt Stefanie Mollnhauer die Vorteile der Knolle auf. “Er wirkt antibakteriell und entzündungshemmend, regt die Durchblutung und die Verdauung an.” Sie warnt aber: “In hohen Dosen / regelmäßiger Zufuhr kann es zu Wechselwirkungen mit Medikamenten kommen (z. B. Blutverdünnern)!”
Das Ganze im leistungsstarken Mixer pürieren – fertig!
Um gesund durch den Winter zu kommen, sollte man also vor allem Viren abwehren. Dafür sind gesunde Schleimhäute und starke Immunzellen wichtig. Eine gute Ernährung und viel Trinken helfen da schon mal weiter. Eine weitere Säule ist der “positive Stress” für den Körper durch Sauna-Gänge oder Eisbaden - das allerdings nur, wenn man 100% fit ist. Besondere Hausmittel wie Ingwer-Shots können ebenfalls eine positive Wirkung haben, Vitamin-Präparate sollte man aber vorsichtig dosieren. Der Trost, wenn man doch mal anfängt zu schniefen: Auch ein Infekt stärkt das Immunsystem im Nachgang!
Weitere Hausmittel gegen Erkältung findet ihr bei unserem Schwester-Magazin BIKE: Erkältung, nein danke - Die 10 Hausmittel der BIKE-Redakteure
Die Sportmedizinerin und ehemalige Rennrad- und Mountainbike-Racerin ist seit 1997 niedergelassene Ärztin. Als CEO von Pro-Formance, einem Institut für Leistungsoptimierung, verfasst sie auch Bücher und hält Workshops zu den Themen Training, Leistungsdiagnostik und Burnout-Prävention.