"Es war wie Hollywood" – Maciek Rutkowski im Interview

"Es war wie Hollywood" – Maciek Rutkowski im InterviewFoto: John Carter

Als Jugendlicher hat Maciek Rutkowski schon viel Erfolg gehabt und wurde in seiner Heimat gefeiert. Der Weg in den Worldcup stellte sich aber als steinig heraus. Heute gehört Pole zur Slalom-Weltspitze. Worldcup-Moderator Ben Proffitt sprach 2020 mit ihm über Party-Lifestyle, Arroganz, Olympia und harte Fights an der Tonne.

Immer öfter tauchte der Name Maciek Rutkowski in den letzten Jahren auf den vorderen Plätzen in den Slalom-Rankings der PWA auf. Beim einzigen Event 2020 in Kroatien holte der Pole mit den markanten Dreadlocks seinen ersten Sieg auf der Tour. Im Interview erzählt er von wilden Surfcups in Polen, seinem speziellen Ruf und seinen Anstregungen, in die Weltspitze zu kommen. .

Über die letzten Monate haben dich viele als den Gastgeber des Podcasts von Windsurfing.TV kennengelernt. Ist da ein Traum wahr geworden, einige der Legenden unseres Sportes zu interviewen? Vor ein paar Wochen hast du Robby Naish gesprochen, wie surreal ist das?

Das war wirklich großartig. Ein Freund hat mir danach geschrieben, ich hätte die ganze Zeit ein breites Grinsen im Gesicht gehabt. Man konnte sehen, dass ich jeden Moment davon genossen hab. Ich konnte nicht nur mit Robby quatschen, sondern auch noch alles fragen, was mir die ganzen Jahre unter den Nägeln gebrannt hat und ihn mit allem konfrontieren, was man so über ihn hört. Für mich selber war das vermutlich noch spannender als für alle anderen da draußen.

Bist du auch mit „RIP“ aufgewachsen?

Dafür bin ich zu jung. Ich bin mit „Flick“ von Jason Polakow, „Aloha Man“ von Josh Stone, den PWA-Highlights 1999 und „Namotu Fidji Wave Classic“ aufgewachsen, das waren die vier VHS-Kassetten, die ich hatte. Drei davon sind verschwunden, mein Vater hat sie irgendwem ausgeliehen und nie zurückbekommen. Echt schade, ich würde die gerne noch mal sehen.

Du bist geboren und aufgewachsen in Słupsk, dem berühmten Wavespot. Ich hab zumindest gehört, dass es da Wellen gibt, richtig?

Ja, etwa 15 Kilometer von Słupsk entfernt ist der Strand, da gibt es in Luv einen kleinen Hafen, der vor dem Chop schützt. Meine Heimat ist der beste Wavespot in Polen, oder zumindest der einfachste, wo man leicht Spaß haben kann, er ist wie ein Spielplatz. Aber von Guincho oder Hookipa oder Pozo ist das noch sehr weit weg.

Noch fehlt dem Polen die Konstanz, um die Top-3 im Worldcup  anzugreifen. Aber das Potenzial und der unbedingte Wille sind da.Foto: John Carter
Noch fehlt dem Polen die Konstanz, um die Top-3 im Worldcup anzugreifen. Aber das Potenzial und der unbedingte Wille sind da.

Wann hast du angefangen zu surfen?

Ich kann mich daran nicht erinnern. Mein Vater ist immer an den See bei uns gefahren. Wir haben Strände, dann kommen Dünen und dahinter dann kleine Seen, da ist er mit mir und meinem Bruder immer hingefahren, seit wir geboren wurden. Mein Bruder hat schon gesurft, da war es einfach naheliegend, dass ich auch aufs Brett gestiegen bin, deswegen kann ich mich da gar nicht so genau dran erinnern. Meine ersten konkreten Erinnerungen sind schon Gleiten und erste Sprünge und so.

Polen hat eine sehr lebendige Racing-Szene, oder? Viele dürften noch Wojtek Brzozowski kennen. Hat er dich geprägt?

2000 ist er Formula-Weltmeister geworden und hatte eine wirklich gute Gruppe um sich rum, sein Bruder ist ein Marketing-Genie, so dass er sehr schnell sehr bekannt wurde. Er war jeden zweiten Tag im Fernsehen, er war ein echter Promi! Und natürlich orientiert man sich daran. Mein Vater hat dann festgestellt, dass Wojteks Vater als Trainer arbeitet. Das war großartig, wir haben alle zusammen auf dem Campingplatz gewohnt, man war Schulter an Schulter mit echten Profis und Weltmeistern, und dann konnte man denen nacheifern. Viele polnische Surfer kommen aus offiziellen Clubs, aus der olympischen Szene oder so, aber das wollte ich nie. Ich wollte ein Waverider sein, ein Freestyler und all das, was man auf dem offenen Meer macht. Ich war elf, da konnte ich auch bei 14 Knoten mit einem 4-Quadratmeter-Segel in die Wellen gehen (lacht).

Es gab damals in Polen diese Events, die von dem Telekom-Unternehmen Era gesponsort wurden, mit viel Geld und ein paar Mädchen.

Ich war damals 15 oder so, und hab das voll genossen, die Partys und den Hollywood-Lifestyle. Bei den Siegerehrungen hat man damals vom Podium aus nicht gesehen, wo die Menschenmassen aufhörten. Man bekam ein paar Blumen, hat die in die Menge geschmissen und die Mädchen sind durchgedreht. Einmal gab es ein Konzert von Boney M, ein anderes Jahr war Shaggy da, mit dem haben wir auch nach dem Konzert gefeiert. Das war großes Hollywood, definitiv was anderes als die meisten Surfer so erleben in dem Alter (lacht).

Als Jugendlicher hat der Pole Maciek Rutkowski schon viel Erfolg gehabt und wurde in seiner Heimat gefeiert. Der Weg in den Worldcup stellte sich aber als steinig heraus. Heute gehört der 28-Jährige zur Slalom-Weltspitze. Worldcup-Moderator Ben Proffitt spricht mit ihm über Party-Lifestyle, Arroganz, Olympia und harte Fights an der Tonne.
Foto: John Carter

Kannst du dich noch an deinen ersten Contest, an dein erstes gutes Resultat erinnern? Sowas entscheidet ja auch oft darüber, welchen Weg man einschlägt.

Damals gab es fast jedes Wochenende im Sommer irgendein nationales Event, und ich hab fast immer einen Preis bekommen als Jüngster oder war bei der U17-Wertung auf dem Podium. Da war von Anfang an immer viel Aufmerksamkeit, das treibt einen dann an und zeigt, dass es etwas bringt.

Du hast im Laufe der Jahre mehrere WM-Titel im Jugendbereich geholt. Mit wem bist du damals schon unterwegs gewesen, den man auch heute noch kennt?

Mein erster internationaler Contest war 2005 in Christchurch in England, ich bin in der U17 mitgefahren, obwohl ich noch nicht mal 15 war, aber die beiden Klassen wurden zusammen gestartet. Da hat damals Pierre Mortefon gewonnen, in der U20-Wertung hat Julien Quentel gesiegt. Diese Jungs habe ich seitdem quasi jedes Jahr bei der EM und WM gesehen. Basti Kördel war auch schon sehr gut. Wer war noch da? Matteo Iachino war auch da, war aber schlecht. (lacht) Ich erinnere mich jedenfalls nicht an ihn. Malte Reuscher war dabei, Jordy Vonk hat damals auch eine Zeit lang in Führung gelegen, als ich hinterher gewonnen habe. Eine echt starke Generation!

Wann bist du dann bei der PWA-Tour eingestiegen?

Als ich 2010 Jugend-Weltmeister wurde, hab ich eine Wild Card für den PWA-Event an der Costa Brava bekommen. Da war ich erst auf der Hälfte des ersten Schlages, als die anderen schon an der Tonne halsten. Ich war nicht mal dicht dran. Einige wollen von Anfang an die besten Windsurfer der Welt in der PWA werden. Ich hab mir eher gesagt: Hol den Jugend-Titel, hol den Junior-Titel, das hab ich gemacht. Der nächste Schritt wäre dann der PWA-Titel, das ist einfach ein sehr großer Sprung. Ich bin dann in dem Jahr auch in der Türkei mitgefahren, das waren meine ersten PWA-Contests. Wir hatten vorher schon mal einen Formula-Event in Polen, aber ich glaube der zählte nicht. Das war 2004, da war ich zwölf oder so, da war ich mehr das Maskottchen.

Ich erinnere mich an dich, als du auf der Tour aufgetaucht bist und ich dachte: Dieses Kind ist der eingebildetste Typ, denn ich je gesehen hab. Du hast dich seitdem verändert, vor allem in den letzten zwei Jahren bist du entspannter geworden. War dein großspuriges Auftreten damals bewusst?

Ich glaube, das waren einfach diese Hollywood-Events, bei denen ich groß geworden bin, und gewonnen hab ich auch noch. PWA war immer mein Traum, mehr als Olympia. Und ich dachte, jetzt hab ich’s geschafft. Ich erinnere mich nicht dran, eingebildet gewesen zu sein, also war das wohl normal für mich.

Was für ein Sponsoring hattest du damals als Jugend-Weltmeister? Interessiert vielleicht auch junge Fahrer, die jetzt an einem ähnlichen Punkt sind.

Ich hab damals schon viel Medienarbeit gemacht, in der Schule hab ich als Nebenjob für eine Surf-Webseite gearbeitet, News geschrieben, Videos veröffentlicht. Ich kannte mich also etwas aus und war im lokalen Bereich bekannt. Ich hab dann ein paar Videos gemacht, um auch international wahrgenommen zu werden, 2010 hab ich dann Leih-Material vom Gaastra/Tabou-Importeur bekommen. Das musste ich am Ende des Jahres zurückgeben und die konnten es dann weiterverkaufen, ohne wirklich Geld dabei zu verlieren. 2011 oder 2012 hab ich dann einen Energy-Drink als Sponsor gewonnen, das hat dann echt geholfen, die Tour zu fahren. Das waren damals glaub ich 4.000 Euro, mit 19 erscheint dir das als viel Geld, damals war das auch noch ein bisschen mehr wert. Das hat mir echt geholfen, vor allem bei den Reisekosten. Ich bin dann auch ein paar IFCA-Events mitgefahren, da gab es etwas Preisgeld obendrauf. Das war nicht einfach, ich hab damals oft im Materialzelt geschlafen oder auch in Marco Langs Transporter. Bei einigen Events hatte ich einfach überhaupt kein Geld. Später, als ich von Patrik gesponsort wurde, hab ich mich dann mit ihm irgendwo in Europa getroffen und bin mit ihm zu den Events gefahren, um Geld zu sparen. Wie gesagt, es war nicht einfach.

Maciek Rutkowski fährt lieber für Sponsoren, bei denen er  Einfluss auf die Materialentwicklung hat als für welche, bei denen es  vielleicht mehr Geld gibt, aber kein Mitspracherecht.Foto: JOHN CARTER
Maciek Rutkowski fährt lieber für Sponsoren, bei denen er Einfluss auf die Materialentwicklung hat als für welche, bei denen es vielleicht mehr Geld gibt, aber kein Mitspracherecht.

Also, 2010 in der PWA gestartet, dein Durchbruch war dann ja 2017/2018. Hast du in der Zeit dazwischen irgendwann gemerkt, dass du es schaffen kannst oder gab es auch Momente, in denen du gedacht hast, ‚Ich geb’s auf‘?

Oh ja, da gab es viele. Vor allem am Ende der Saison, wenn du denkst, du hast dich weiterentwickelt, die Verträge aber nicht besser werden. Du kommst auf die Tour, fällst voll auf die Nase, und musst dann bei null anfangen. Ich bin da sehr pragmatisch, und hab mir gesagt: ‚Okay, ich will jetzt die erste Runde überstehen‘. Wenn du das schaffst, hast du ein Ziel erreicht, egal wie groß oder klein das Ziel ist. 2012 wurde ich an der Costa Brava 14., da hatte ich vor allem Glück mit den Bedingungen und dem Material. 2014 war ich dann Siebter auf Sylt, da wurde nur eine Elimination gefahren und ich bin ins Finale gekommen. Es gab also jedes Jahr große Mutmacher, aber auch immer wieder große Rückschläge. Eine lange Zeit, viele Ups und Downs, viele Male, wo man hinschmeißen wollte. Aber zum Glück war ich jung, andere in meinem Alter haben studiert und keiner hatte viel Geld. Ich bin da irgendwie durchgekommen.

Was hast du verändert, um besser und konstanter zu werden? Du hast inzwischen Eliminations gewonnen, du bist schon aufs Podium gefahren... hat das auch mit dem Training auf Teneriffa zu tun, dass ihr gestartet habt, als du bei Point-7 gefahren bist?

Das Point-7-Training hat im Hinblick aufs Surfen auf jeden Fall geholfen. Ich denke, ich war schon immer ganz gut in Sachen Kontrolle und Technik, aber es gehört noch viel mehr dazu. Im entscheidenden Moment muss man seine Fähigkeiten abrufen können, und das kam dann bei mir erst 2018. Außerdem fehlte mir die körperliche Fitness. Ich bin zu einem Studio gegangen und der Trainer hat mir gesagt: ‚Du bist kein professioneller Sportler, wenn du nicht 30 Stunden pro Woche trainierst‘. Ich hab mir dann ein Apartment in der Nähe genommen und hab für drei Monate 30 Stunden pro Woche trainiert. Als ich dann statt 89 schließlich 94 Kilo drauf hatte, war das Board viel ruhiger. Man fährt viel geradliniger, die Halsen hatte ich schon immer ganz gut drauf, musste mich dabei aber an meinen neuen Körper gewöhnen.

Ich hab das damals bei Social Media gesehen und dachte, "der Typ meint das echt ernst!". Bei dir ging es viel ums Gewicht, was ist denn das ideale Gewicht für Slalom?

Es ist einfacher, schnell zu sein wenn man schwerer ist, weil man mehr Segelpower ins Board überträgt. Das geht nicht nur über den Mastfuß, sondern auch über deine Hände und das Trapez in die Beine, deswegen ist Bein-Kraft so wichtig. Es sind so viele Dinge, der Sport ist so kompliziert, und ich hab nach fünf Jahren gemerkt, dass es nicht von alleine kommt und hab alles seziert und analysiert. Das hat mir viel von meinem Antrieb und meiner Leidenschaft gegeben, wenn man merkt, es geht ja doch. Und man nimmt diesen Prozess sehr bewusst wahr. Bis heute ist Leistung für mich wie ein Hobby, ich mag es zu analysieren, warum Dinge bei mir oder bei anderen Sportlern in anderen Sportarten so laufen, wie sie gerade laufen und wo die Stellschrauben sind.

Ich finde es spannend, wie du den psychologischen Aspekt betonst. Du musst bestimmte Dinge können, du musst das Equipment haben, du musst die Fitness haben, aber wenn’s im Kopf nicht stimmt, wirst du nichts gewinnen.

Ja, der Kopf ist wichtig. 2017 in Dänemark hatte ich einen guten Rhythmus, hatte gute Starts, gute Halsen, hab viel richtig gemacht, und bin Siebter geworden, nach neun Eliminations in vielen verschiedenen Bedingungen. Da dachte ich, wenn ich das ganze Jahr so fahre, dann bin ich am Ende der Saison in der Rangliste nicht 16., sondern viel weiter vorne. Ich hatte damals schon vier Psychologen kontaktiert, aber da gab es einfach keine Connection. Keiner wollte sich mit unserem Sport auseinandersetzen. Ich hab dann von Enrico Marotti den Kontakt zu einem Mental-Trainer bekommen, der ist inzwischen auch ein guter Freund. Man optimiert sein Material, man optimiert seinen Körper, also optimiert man auch seinen Geist.

OhmmmmmmmFoto: pwaworldtour.com/John Carter
Ohmmmmmmm

Das war erfolgreich, denn 2018 bist du dann aufs Podium gefahren und hast Rennen gewonnen, oder zumindest beinahe gewonnen.

Mein erstes Podium war in Neukaledonien im Foilen, das war damals noch ganz neu. Und das hat dann endlich die Aufmerksamkeit größerer Sponsoren gebracht. I-99 kam auf mich zu, bei den Segeln konnte ich drei Marken testen, die mir offenstanden. Eines der Angebote war finanziell viel besser, aber die Challenger-Segel waren schneller. Und ich dachte, das ist nicht die Zeit, um die Schäfchen ins Trockene zu bringen, sondern um gute Ergebnisse zu holen. 2018 wurde dann das Jahr, in dem langsam alles zusammenpasste. Bis dahin war das bei mir nie der Fall. Bei Patrik hatte ich immer das Gefühl, dass er mich nicht ernst nahm und mir nicht die Chance gab, mich weiterzuentwickeln. Bei Point-7 fühlte ich mich immer bedroht, weil es sehr viel Kommen und Gehen im Team gab und ich immer das Gefühl hatte, mich beweisen zu müssen.

Denkst du, das war Absicht von Andrea Cucchi, um immer das Beste rauszuholen?

Ich weiß nicht, er hat eine bestimmte Art um Leute anzutreiben, mal trifft er damit den Nagel auf den Kopf, mal trifft er daneben. Aber wenn es nur knapp zum Leben reicht, wünschst du dir ein bisschen Komfort. Ein kleines bisschen mehr Komfort gab es dann bei Gaastra/Tabou, aber das Material hat einfach überhaupt nicht zu mir gepasst. Der einzige, der den Kram schnell fahren kann, ist Ross Williams, und der hat einen komplett anderen Stil als ich. Da hat man das Gefühl, man ist nur ein kleines Rädchen im Getriebe. Außerdem wollten ein paar Leute dort mich loswerden, haben komische Mails an den Chef geschrieben, dass ich unprofessionell sei und so, und der arme Ross als Teamchef musste das dann ausbügeln.

Bei I-99 passte alles, trotzdem bist du nach nur einer Saison zur neuen Marke FMX von Finian Maynard gegangen.

Wenn möglich, hätte ich damals sofort einen Dreijahresvertrag bei I-99 unterschrieben. Finian war der Shaper dort, wir haben das Foilboard gemeinsam entwickelt. Er erzählte dann, dass er sich weiterentwickeln möchte und eine eigene Marke gründen will, und dass er mich gerne als Hauptfahrer hätte. Das war ein schwerer Anruf bei Cesare Cantagalli von I-99. Aber Finian ist der Shaper, er ist derjenige, der für die Performance verantwortlich ist.

Finian hat bei RRD und I-99 einige der besten Slalomboards aller Zeiten gebaut, und wenn es passt und so jemand einen als Hauptfahrer haben möchte, das wäre schwer abzuschlagen.

Er ist ein guter Shaper, aber er hat noch nie eine Firma geleitet. Er hat angekündigt, die Firma sehr ‚deutsch‘ zu führen, Geld direkt zu überweisen und so weiter. Das hat er gehalten, aber das weiß man ja nicht, bevor man den Vertrag unterschreibt. Jetzt sieht das selbstverständlich aus, FMX ist erfolgreich und zwischen uns hat sich eine gute Dynamik entwickelt, aber das weiß man ja vorher nicht.

Aber es war offenbar eine gute Entscheidung, du hast dein erstes Podium geholt und Eliminations gewonnen. Du musst ja immer dran denken, du bist nicht der Einzige der gewinnen will.

Ja, das ist das Erste, was dir ein Mental-Coach beibringt: Du musst dich selber nach der Leistung beurteilen, nicht nach dem Ergebnis. Wenn du Vollgas fährst, perfekt halst und am Ende Vierter wirst, hast du deine volle Leistung abgerufen. Deine Leistung kannst du in dem Lauf nicht verbessern. Das ist schwer, sich diese Sicht anzugewöhnen, aber es ist die einzig richtige Sichtweise. Und diejenigen, die das verinnerlichen, sind diejenigen, die konstant an der Spitze fahren.

Du bist früher mal als gefährlichster Fahrer auf der Tour gewählt worden, war das eine absichtliche Sache? Es gibt Fotos, wo du schon die Faust in der Luft hast...

Da kamen eine Menge Dinge zusammen. Ich fahre schon hart, auf jeden Fall. Ich kann mich nur an zwei Fälle erinnern, wo ich in jemanden reingefahren bin, aber mindestens zehn, wo mir jemand reingefahren ist. Aber weil ich so präsent bin und meine Emotionen lebe, erinnern sich alle immer nur dran, dass ich da irgendwie beteiligt war. Matteus Isaac sagte damals: „Maciek geht immer volles Risiko, aber er weiß was er tut.“ Und das ist es, wie ich gesehen werden möchte. Ich möchte harte Rennen sehen, ich will Rail-to-Rail-Rennen sehen und Gabeln, die den anderen Fahrern in den Rücken gedrückt werden. Das will ich sehen, das ist gut für den Sport und für die Öffentlichkeit.

Es gab ja neulich das Speed-Event in Frankreich, Antoine und Matteo waren dabei vorne, aber es fahren ja sehr wenig PWA-Slalom-Fahrer im Speed-Zirkus mit. Reizt dich das nicht?

Ich bin 28, Andy Laufer ist 50 und fährt super! Ich denke, dafür hab ich später noch Zeit. Gleichzeitig ist das natürlich ein besonderes Projekt, ich hab da keine Boards für und auch kaum Segel. Jeder, der halbwegs erfolgreich ist, möchte da nicht vollkommen unvorbereitet mitmachen. Ich will da nicht hingehen und vier Knoten langsamer sein als alle anderen. Es wäre schon reizvoll gewesen, nach La Palme zu fahren, aber ich hab es nicht organisiert bekommen. Es ist so ähnlich wie auf Hawaii: Es gab eine Vorhersage für Jaws und ich war überhaupt nicht vorbereitet.

Einmal in Jaws zu surfen, das stand auf Macieks Bucket List, als  er nach Maui flog – und er hatte Glück, einen perfekten Tag zu  erwischen.Foto: John Carter
Einmal in Jaws zu surfen, das stand auf Macieks Bucket List, als er nach Maui flog – und er hatte Glück, einen perfekten Tag zu erwischen.

Das hat mich sehr beeindruckt: Du hast vorher gesagt, dass du Jaws surfen möchtest, hast dir einen Jetski besorgt und bist dahin gefahren. Wie hast du das nur gemacht?

Ich hab im September das Ticket für Ende November gebucht, und hatte die ganze Zeit einen Gedanken im Kopf: Was, wenn da gerade Jaws bricht? Was mache ich dann? Bei Jaws dachte ich, bei aller Konzentration auf die Slalom-Karriere werde ich wohl nie eine zweite Chance bekommen. Ich bin einen Tag vorher angekommen, in Kanaha rausgegangen und so gewaschen worden, dass ich erst in der Dunkelheit wieder am Strand war. Am nächsten Tag musste ich dann in Jaws raus. Ich musste mir erst noch eine neue Gabel organisieren – aber ich bin happy, dass ich es gemacht habe.

Wie organisiert man eine Jaws-Session? Wen spricht man da an?

Ich hab ein bisschen rumgefragt, und Brawzinho oder Casey Hauser hat mir von einem Typen names Maxi erzählt, der beste Aufpasser, den man kriegen kann. Den hab ich angerufen, und er war noch frei an dem Tag. Ich war so nervös, ich hab es nicht mal hinbekommen, auf dem Jetski aufzuriggen. Der Typ hat mich angeschaut und ich wusste, er denkt: ‚Was für ein verdammter Spinner.‘ Aber am Ende war es eine Wahnsinns-Erfahrung, auch wenn es eher klein war und sehr choppy. Aber es war eines der Dinge auf meiner Bucket List, und ich bin so stoked, dass ich es gemacht habe.

Du bist ja auch ein paarmal im Waveriding in der PWA gestartet und sogar weitergekommen. Das waren ganz gute Heats, du hast Leute geschlagen, die eigentlich besser sind als du.

Das ist das Gleiche wie im Slalom: Man analysiert den Heat und überlegt: Was braucht man, um zu gewinnen? Zuerst die Sprünge einfahren, egal wie mies sie sind, und dann die besten Wellen auswählen. Wenn du dann noch einen zusätzlichen Sprung schaffst, umso besser. Ob du es glaubst oder nicht, auch Brawzinho, Philip Köster oder Ricardo Campello schalten in solchen Heats etwas runter und machen nur die Sachen, die sie hundertprozentig sicher landen können.

Das sieht immer einfacher aus, als es ist, aber genauso im Slalom: Wenn du Fuerte im Livestream schaust, bekommen die meisten gar nicht mit, wie hart das ist. Acht der besten Fahrer der Welt kommen mit Fullspeed gleichzeitig an der ersten Tonne an, alle voll am Anschlag, brutaler Chop, alle schreien, das muss doch beängstigend sein...

Das ist großartig, ich liebe das! Wenn jemand sagt, Slalom ist langweilig, nur ein paar dicke Typen, die einen einfachen Kurs abfahren – das ist die Auffassung, die die Kursrenn-Puristen haben, aus den olympischen Klassen und den Leuten aus den Segel-Bereichen – muss ich immer lachen. Das ist das beste Gefühl der Welt!

Aber auch bei der neuen Olympia-Klasse iQFOiL gibt es ja jetzt „echte Rennen“ mit modernem Material, das ist ja auch ein Riesen-Schaufenster, das größte was es gibt, das kann auch echt gute Werbung fürs Windsurfen sein.

Ja, ich hätte nicht gedacht, dass ich das noch erlebe, für mich war Olympia immer nur Mist. Das werden vermutlich viele falsch verstehen, das geht auch nicht gegen die Fahrer, das sind großartige Sportler! Aber die RS:X-Klasse ist großer Mist, die dem Image des Windsurfens weltweit schadet.

Das ist wie Formel 1 in einem Ford Fiesta. Das neue Equipment für 2024 wird das endlich öffnen. Wir haben die Slalom-Fahrer, die Kursracer, RS:X mischt sich mit den PWA-Jungs, und nach dem was man im Engadin bei der EM gesehen hat, wird das ein großer Erfolg.

Ich mag diese Trennung nicht, das sind Olympia-Fahrer und das sind PWA-Fahrer. Mann, ich bin Windsurfer. Kiran Badloe ist auch Windsurfer. Da ist jetzt ein Allround-Surfer gefragt, so sehr wie das noch nie der Fall war. Man hat Slalom, man hat Kursrennen, alle Arten von Rennen.

2020 gab es ja keine richtige Tour, aber wenn es eine Wertung gegeben hätte, hättest du gewonnen, weil du beim einzigen Event in Kroatien den Sieg geholt hast. Schade, dass es keinen Weltmeister gibt.

Schick mir einfach heimlich den Holz-Pokal, muss ja keiner mitkriegen.


Dieses Interview erschien erstmals in surf 11/12-2020