Schon mit zwölf Jahren reichte Nick seinen ersten Windsurf-Reisebericht bei uns ein. Seither versucht er mit viel Leidenschaft die Windsurf-Karriereleiter nach oben zu klettern.
Während die Profis im vergangenen Jahr pausieren mussten, konnte sich der Nachwuchs zumindest ein bisschen in Szene setzen. Der 18-jährige Nick Spangenberg hat dabei gezeigt, dass man auch ohne eine Jugend mit Strandzugang dort mithalten kann. Dabei wäre seine Windsurf-Karriere beinahe zu Ende gewesen, bevor sie richtig angefangen hat. Wir haben mit ihm über seine Zukunftspläne, Sticker im Segel und seine schwierigste Zeit gesprochen.
Wie geht’s dir während der Corona-Zeit, wie ist die Situation für dich gerade?
Ist schon ziemlich blöd, dass man gerade nicht reisen kann. Bei mir hier in Kassel komme ich nur sehr selten aufs Wasser, aber sonst ist es eigentlich ganz okay. Ich hab das Glück, in die Schule gehen zu dürfen, da sieht man dann zumindest ein paar Leute. Aber trotzdem wäre ich froh, wenn es mal wieder ein bisschen bergauf geht und man im Sommer zumindest nach Gran Canaria fliegen kann.
Auch 2020 stand ja schon im Zeichen der Pandemie, trotzdem konntest du ein paar Wettkämpfe fahren.
Ich war überrascht, eigentlich lief das Jahr echt gut. Im Sommer hatten wir viel Glück, dass wir mit als Erste wieder nach Gran Canaria durften. Das war super, wieder aufs Wasser zu dürfen. Und die Sommerferien waren die beste Zeit des letzten Jahres: Gran Canaria und zweimal nach Dänemark. Der Herbst war dann auch noch gut, da war der Junior-Worldcup in Klitmøller, und ich war bei einem Slalom-Wettkampf am Steinhuder Meer.
Hast du einen Schwerpunkt oder fährst du erst mal alle Disziplinen?
Mein Favorit ist schon Wave, weil ich es einfach megageil finde, da ist jeder Tag anders. Das find’ ich schon geiler als Slalom oder Freestyle, aber bei ablandigem Wind lohnt es sich natürlich schon, wenn man ein paar Freestyle-Moves draufhat. Es macht auch mega Spaß, neue Tricks zu lernen. Slalom ist vor allem dafür gedacht, öfter aufs Wasser zu kommen. Da macht es aber auch Spaß, mit anderen Leuten um die Wette zu fahren. Das hat viel gebracht.
Hast du auch Pläne, im Slalom mehr bei Contests an den Start zu gehen?
Ja, ich bin im Sommer mit dem Abi fertig und danach ist der Plan, erst mal viel zu reisen, viel zu trainieren, viel zu lernen, neue Spots erkunden. Da habe ich mir schon vorgenommen, auf jeden Fall das komplette Material mitzunehmen. Im Winter will ich schauen, eventuell nach Teneriffa zum TWS-Trainingscamp zu fahren und dort mit den Profis zu trainieren. Und dann mal schauen, ob ich da mithalten kann oder nicht. Aber primär ist mein Ziel erst mal, im Sommer möglichst viel Wave zu trainieren und die Tage am Meer zu genießen.
Nimmst du dir nach dem Abi dann eine gewisse Auszeit, bis du anfängst zu studieren, oder willst du erst mal alles in Richtung Profi-Karriere versuchen?
Mein eigentlicher Plan war, nach dem Abi ein Jahr Auszeit zu nehmen und nach Hawaii zu gehen, aber das geht ja durch Corona kaum. Ich hab mir gerade einen Bulli gekauft, den will ich jetzt erst mal ausbauen. Im Juni bin ich dann mit der Schule fertig, da hab ich mir vorgenommen, bis September erst mal ein paar Roadtrips im Bulli mit meiner Freundin zu machen. Eine Woche an die Ostsee, vielleicht mal für einen Monat nach Dänemark oder so. Im Herbst werde ich dann anfangen zu studieren und dann mal schauen, was so drin ist. Vielleicht kann man ja auch mal ein Semester Pause machen, um mehr zu trainieren, das lässt sich ja alles einrichten.
Weißt du schon, was und wo du studieren möchtest?
Ich würde gerne Lehramt studieren, Sport und Englisch, das sind auch meine Leistungskurse. Ich hab mir vorgenommen, das erste Jahr hier in Kassel zu studieren, weil es günstiger ist. Ich kann hier umsonst wohnen und auch ein bisschen arbeiten. Danach ist mein Ziel, nach Kiel zu gehen und da das Studium zu beenden.
Was sind denn sportlich deine Ziele, willst du die PWA-Tour mitfahren oder eher nationale Contests?
Kurzfristiges Ziel ist erst mal, das Surfer-Leben und die Freiheit zu genießen. Dann ist mein Plan, die Youth-Worldcups auf Gran Canaria und Teneriffa und vielleicht ja auch Klitmøller mitzufahren und dort in die Top-5 bis Top-7 zu kommen. Daneben will ich aber auch die DWC-Events in St. Peter-Ording, Sylt und Kellenhusen mitfahren. Und dann mal schauen, wo es Wind gibt und spontan dahin fahren. Später will ich dann mal schauen, ob ich PWA mitfahre oder im DWC oben mitfahren kann, aber das ist noch alles offen.
Du bist ja auch schon mal bei der International Windsurfing Tour (IWT) mitgefahren, in Marokko 2018. Das ist ja nicht grad der typische Einsteiger-Contest, wie ist es dazu gekommen?
Ich war 2017 das erste Mal in Marokko und mochte die Kultur dort sehr gerne, die Leute waren mega-nett und ich war jeden Tag auf dem Wasser mit 4,0 oder 3,7. Ich hab dann mitbekommen, dass da ein IWT-Contest stattfindet und hab meinen Vater überredet, mit mir dahin zu fahren. Wir waren zwei Wochen in Moulay und haben auch den Monster-Swell mit acht Meter hohen Wellen miterlebt. Das war ein mega-erfolgreiches erstes internationales Event für mich, ich bin da Vierter geworden. Das hat mich auch noch mal mehr motiviert, Vollgas zu geben.
Du lebst in Kassel, also recht weit weg vom Wasser. Wie bist du zum Surfen gekommen?
Der Ansporn kam durch meinen Vater. Mit vier Jahren war ich mit ihm in Griechenland, da hab ich ihm immer beim Windsurfen zugeguckt und wollte es auch lernen. Mit fünf, haben sie an der Surfschule in Dänemark gesagt, sei ich noch zu jung, ich dürfte erst im nächsten Jahr. Dann waren wir ein Jahr danach wieder da und ich hab mich riesig gefreut, dass ich endlich aufs Wasser darf. Aber es hieß wieder, ich sei noch zu klein und zu jung. Meine Eltern haben mich dann einfach mal aufs Brett gestellt, und das hat schon ziemlich gut geklappt. Halse, Wende und so weiter hab ich schnell hinbekommen, mit zwölf kamen die ersten Sprünge. Eigentlich bin ich damals nur in den Ferien aufs Wasser gekommen. Mit 13 oder 14 hab ich mir vorgenommen, das Ganze auch professionell anzugehen.
Was hat dich damals dazu motiviert, dir das vorzunehmen?
Ein Freund von meinem Vater war damals ganz gut mit Flo Jung befreundet, von dem hab ich Material abgekauft und fand ihn sehr nett. Meine Eltern haben mir darauf eine Reise zu einem Trainingscamp mit Flo in Marokko geschenkt, und ab da war ich Feuer und Flamme. Inzwischen sind wir ganz gut befreundet, und wir fahren ja auch dieselben Segel. Über ihn kam der Deal mit GunSails zustande.
Wenn man deine Bilder sieht, hast du beeindruckend viele Sponsoren-Sticker im Segel. Hast du da aktiv dran gearbeitet oder wie sind die Deals zustande gekommen?
Ich hab da schon viel dran gearbeitet, um Sponsoren für die finanzielle Unterstützung zu finden. Ohne die wäre es komplett unmöglich, so viel zu reisen. Ich habe viele Bewerbungen verschickt, auch an Firmen hier im Umkreis. Da hab ich auch öfter mal nachgehakt, hab erzählt was meine Pläne sind und hab die um Unterstützung gebeten. Es kann aber auch anders gehen: Der Chef meines Sponsors Härtewerk hat mich in Dänemark beim Surfen beobachtet, da war ich am Abend im Sonnenuntergang alleine auf dem Wasser. Er hat mich am nächsten Tag angesprochen und gesagt, dass er das megacool findet und ob ich ihm mal eine Bewerbung schicken könnte.
Hast du Tipps für andere Nachwuchs-Fahrer, wie man diese Unterstützung bekommt?
Wenn es um Sponsoren aus der Surf-Branche geht, dann finde ich es wichtig, guten Content bei Instagram zu haben, und da ziemlich aktiv zu sein. Bei Sponsoren für finanziellen Support würde ich mich im Umkreis umschauen, ob es da Leute gibt die sich auch für den Sport interessieren, und dann keine Angst haben, da auch nachzufragen. Mehr als ein Nein kann man nicht bekommen. So war das bei mir auch. Natürlich hat man am Anfang auch immer Hemmungen, nach Geld zu fragen, aber im Endeffekt hat sich das bei mir auch positiv ausgezahlt. Natürlich muss ich auch selber noch was von meinem Ersparten drauflegen, aber die nehmen mir schon eine ziemlich große Last ab.
Du hattest vor ein paar Jahren eine schwere Rücken-OP, die ziemlich dramatisch war. Was ist da damals passiert?
Wir waren in Dänemark, ich wollte Wellenreiten gehen, und ich dachte auf einmal, mir hätte ein Hai oder so in den Fuß gebissen. Ich hatte einen mega Krampf, das war kein Unfall. Ich hab mich erst mal ins Bett gelegt, und als ich wach wurde, hatte ich extreme Rückenschmerzen und hab meine Füße kaum gespürt. Wir sind noch am selben Tag zurückgefahren, in Kassel ging es dann direkt zum MRT. Dabei hat sich rausgestellt, dass in meinem Rückenmark eine Fistel war und das Blut nicht mehr richtig fließen konnte. Dann kam eine erste kleine Operation, bei der die Ärzte sich das von innen angeschaut haben, und ein paar Wochen später folgte die richtige OP, bei der die Fistel verklebt wurde. Jetzt ist aber wieder alles perfekt.
Das hätte ja auch im Rollstuhl enden können, stimmt das?
Ja, wenn sich die Fistel vergrößert hätte, dann hätte es vom einen auf den anderen Tag sein können, dass ich nicht mehr hätte surfen können. Deswegen war ich echt froh, dass wir schnell festgestellt haben, was da war. Passiert ist das damals im Herbst 2018, im Dezember war die OP. Zum Glück ist wieder alles gut, aber während der Zeit hatte ich schon viele Bedenken und Ängste. Das Jahr danach war ich im Februar zum ersten Mal wieder hier auf dem See surfen, später bin ich dann zum ersten Mal bei der PWA auf Gran Canaria und Teneriffa mitgefahren. Das hat für das ganze Drama entschädigt.
Wie kriegst du das alles unter einen Hut mit Schule, Arbeit, Surfen und so weiter?
Das ist schon nicht ganz einfach, aber macht auch alles Spaß, und mit Lernen habe ich auch keine Riesenprobleme. Gerade laufen natürlich die Vorbereitungen fürs Abi, aber das läuft auch alles gut. Dazu hab ich angefangen, im Impfzentrum hier bei uns zu arbeiten.
Was genau machst du dort?
Da bin ich an einem Counter eingeteilt worden und nehme die Personalien auf, sage wo sie hin müssen und so weiter. Man bekommt immer sehr positives Feedback, die Leute freuen sich, dass sie eine Impfung bekommen.
An welchen Moves arbeitest du derzeit, und was soll danach kommen?
Der Pushloop ist dieses Jahr mein Ziel, aber ich denke, das sollte zügig klappen, wenn ich viel trainieren kann. Die One Handed Backloops sind schon ganz gut, jetzt bin ich gerade dran auch den One Footed Backloop zu trainieren. Beim Freestyle probiere ich einfach irgendwas, je nach Lust und Laune, aber der Kono wäre schon ein Ziel für diesen Sommer.
Was sind deine Lieblingsbedingungen?
Eigentlich 4,2er-Segel und 75-Liter-Board, das find ich am Entspanntesten. Gran Canaria mit 3,2 und kleinem Board voll überpowert hat auch was, da lernt man sehr viel. Wenn man den Backloop in Pozo steht, dann steht man den überall. Da lernt man so viel über die Kontrolle in der Luft, wenn es so bläst. Ich muss sagen, Wind von rechts mag ich beim Wellenabreiten eigentlich lieber, das hab ich in Marokko so gelernt. Springen liegt mir bei Wind von links mehr, das hat sich aber im letzten Jahr ziemlich angeglichen, dass alle Manöver auf beiden Seiten klappen.
Was sind deine Lieblingsspots?
Auf jeden Fall Hanstholm, dann auch Hvide Sande, weil man dort bei jeder Windrichtung aufs Wasser kann. Wenn nicht in die Welle, dann auf dem Ringkøbing Fjord freestylen oder Slalom fahren kann. Marokko fand ich auch gut, Moulay ist echt ein guter Spot.