Stephan Gölnitz
· 26.10.2024
Gleich drei Segel bietet Naish im Freeride- und Freeracesegment an. Vom eher soft abgestimmten Sprint “mit Vorlieksbahn aus Dacron”, wie Produktmanager Michi Schweiger erläutert, über das No Cam Freerace mit mehr Latten und steiferem X-Ply im Vorliek (kompletter Test hier) bis zum neuesten Modell, dem Cam Freerace. Michi Schweiger verspricht damit “ein Segel, das gut passiv angleitet und nicht so groß gewählt werden muss wie ein reines Racesegel. Es hat zwar noch die DNA eines Racesegels, muss aber nicht so überpowert gefahren werden und durch die schmalere Masttasche fühlt es sich etwas weicher an”.
Bereits Mitte Oktober 2024 konnten wir das 2025er Naish Cam Freerace in der Größe 7,8 mit drei Cambern auf dem ebenfalls brandneuen Duotone Blast D_Lab 165 surfen. Und schon vorab: Das ist eine richtig gelungene Kombi für sportliches Freeriden bei leichtem und mittlerem Gleitwind. Das konnten wir beim Test am Gardasee ausgiebig erfahren.
An Land: Die Naish Cam Freerace ist ein klassisches Freerace-Segel mit breiter Masttasche und je nach Größe zwei oder drei Cambern (siehe Daten-Tabelle unten). Dadurch lässt sich der Mast leicht einfädeln und die Gabel in der großen Mastaussparung sehr gut montieren. Als Nebeneffekt lässt sich der Mast auch beim Surfen gut greifen: beim Starten oder in Manövern. Die Aussparung ist lang dimensioniert, während unserer Test war eine Montage etwa knapp über der Mitte passend. So sollten auch Surfer über 1,90 und auch gut unter 1,80 Meter noch gut klar kommen.
Um dem Segel den nötigen Trimm zu verpassen ist schon ordentlich Spannung am Vorliek erforderlich, aber die Trimmkräfte liegen noch im machbaren Bereich. Dafür wird man mit einem tadellosen, wie glatt gebügelten Profil belohnt. Im Low-Wind-Trimm verläuft das Loose etwa eine Handbreit über die kurzen Segellatten hinaus ins Segel und die Masttasche ist auch im Bereich der Gabel straff gespannt. Der tiefe Bauch im Bereich der Gabel verflacht sich sehr gleichmäßig bis in das weit twistende Topp. Für High-Wind bietet das Segel noch reichlich Trimmreserven, ohne übertrimmt zu wirken. Am Schothorn wird das Segel neutral eingehängt oder einen Zentimeter leicht gespannt.
Im Vergleich zu reinen Racesegeln wurde dem Naish Cam Freerace mehr Bauch gegönnt und das nicht nur unterhalb der Gabel, sondern auch etwas weiter nach oben verlaufend. Auch bei der zweiten Latte oberhalb der Gabel ist noch etwas Profil erkennbar. Den Effekt spürt man gleich: das tiefe Profil zieht schon bei wenig Winddruck gleichmäßig los und zeichnet sich schon auf den ersten Metern straff und gut kontrollierbar aus. Dabei wirkt es nicht bretthart, sondern bietet ein Mindestmaß an Dämpfung, was für guten Komfort sorgt. Vor allem aber steht das Segel sehr stabil auf dem Board und erfordert nahezu keine Korrekturen.
Es bietet eine gute Beschleunigung und hält auch bei Windlöchern die Gleitfahrt stabil. Trotz der Camber-Konstruktion haben wir das Segel als recht handlich empfunden, sowohl bei Halsen als auch bei Wenden. Lediglich die wirklich stramm am Mast sitzenden Camber erinnern bei jeder Halse mit gutem Ruck daran, dass man hier ein ernst zu nehmendes Sportgerät in den Händen hält.
Bei sehr starken Böen oder zunehmendem Wind ist ein - leichtes - Ziehen auf der hinteren Hand spürbar, aber insgesamt bleibt das Segel stabil und lässt sich mit etwas mehr Schothornspannung sehr leicht auch für richtig starken Wind wieder “neutralisieren” und bietet in einem breiten Windbereich sehr gute Kontrolle. Insgesamt präsentiert sich das Naish Cam Freerace als ein solides, gut ausbalanciertes Freerace-Segel, das Leistung und Kontrolle auch unter anspruchsvollen Bedingungen vereint. Guter Durchblick ist durch das weit nach unten und nach hinten oben reichende Fenster gewährt, was nicht unerheblich ist, wenn man so schnell unterwegs ist.