50 Jahre VDWSErnstfried Prade über die Anfänge

SURF Redaktion

 · 24.11.2024

50 Jahre VDWS: Ernstfried Prade über die AnfängeFoto: Tim Horne/VDWS
Der VDWS wird 50 Jahre alt, am 24. November 1974 wurde der Verband der Wassersport-Schulen offiziell gegründet. Zum Jubiläum hat der VDWS einige prägende Personen aus der Verbands-Geschichte zu ihren Erinnerungen befragt. Ernstfried Prade hat nicht nur Mistral auf den Weg gebracht, sondern war auch Gründungsmitglied des VDWS. Im Interview berichtet er von den Anfängen und prägenden Erinnerungen.

Was hat damals das Feuer fürs Windsurfen in die entfacht?

Als Vize-Europameister gewann ich 1973 eine vierwöchige Reise zum Erfinder des Windsurfens, Hoyle Schweitzer, in die USA. Die Zeit dort werde ich nie vergessen. Ich habe unglaublich viel gelernt. Zurück in Deutschland habe ich meinen Beruf als Designer komplett auf das Windsurfen ausgerichtet. In den Jahren 1973 bis 1975 wurde Windsurfen als die Mutter aller Trendsportarten geboren. Bis heute bin ich als Designer und Konstrukteur im Wassersport tätig.

Wie kann man sich die Szene in den 70ern vorstellen?

Es war eine fantastische Zeit des Aufbruchs, mit dem Wind in den Händen über das Wasser zu gleiten. Auf der einen Seite hatten wir die tatsächlichen Sportbegeisterten mit ihren Brettern auf dem Wasser, auf der anderen Seite gab es eine große Anzahl von Freunden des Sports, die grundsätzlich mit dem Board auf dem Autodach unterwegs waren. Surfen war angesagt. Wer was auf sich hielt, war mit dabei. Natürlich gab es schon ganz am Anfang Probleme mit Strandbädern und Be­hörden, deshalb haben wir kurzerhand in Bayern den Slogan kreiert: „Erst schulen, dann kaufen.“ Das hat gewirkt und der Sport entwickelte sich geordneter.

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Wie kam es zur Idee, einen Verband zu gründen? Waren die Beteiligten damals auch schon in der Szene beruflich aktiv?

Die treibende Kraft war ganz zu Anfang sicher Calle Schmidt auf Sylt, der als erster Windsurfboards aus den USA importier­te. Zusammen mit seinem Freund Gerd Falk (wer kannte nicht die gefalteten Falk-Landkarten fürs Auto?) hat er zur Gründung des ersten Schulverbandes eingeladen. Die meisten Gründungs­mitglieder waren bereits beruflich im Windsurfen tätig. Gerd Falk wurde als 1. Vorsitzender und ich als stellvertretender 1. Vorsitzender gewählt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon das weltweit erste Windsurfing-Schulungsbuch “Den Wind in den Händen” veröffentlicht. Denselben Titel verwendete ich einige Jahre später für meine mehrteilige Fernsehserie über Windsurfen.

Auf der einen Seite hatten wir die tatsächlichen Sportbegeisterten mit ihren Brettern auf dem Wasser, auf der anderen Seite gab es eine große Anzahl von Freunden des Sports, die grundsätzlich mit dem Board auf dem Autodach unterwegs waren.”

Was ist in deiner Zeit als VDWS-Präsident passiert?

Weilheim war damals wie heute die Zentrale des VDWS. Mein Vater half im Hintergrund mit administrativen Tätigkeiten in unseren Privaträumen. Von Anfang an war meine Schwägerin Lisbeth Prade dabei und übernahm das Sekretariat. Die ersten sehr gut besuchten Windsurfing-lnstructoren-Lehrgänge fanden am Starnberger See und am Walchensee statt.

Der Verband wuchs durch Einzelmitglieder und Schulen rasant.

Nachdem ich im 2. VDWS-Jahr zum 1. Vorsitzenden gewählt wurde und einen Vertrag mit Robinson Club hatte, haben wir uns neben der Betreuung der Inlandsschulen vor allem auf das europäische Ausland konzentriert. Eine Zahl, die wenige kennen: Nach einer staatlichen Veröffentlichung zum Wassersport waren alleine in Deutschland 1986 1,6 Millionen Wassersport-Begeisterte auf ihren Windsurfing-Boards unterwegs. Das war der Höhepunkt, denn von da an ging es leider radikal berg-ab. Die vollkommen überbewertete Promotion der Medien für das „Kurzbrett-Surfen" reduzierte die ausübende Anzahl der Windsurfer in wenigen Jahren auf die Hälfte. Obwohl der VDWS mit ungebrochener Energie und modernsten Schu­lungsmethoden dem Sport zur Seite stand, schrumpfte er weiter. Es kam die Zeit als es verpönt war, auf einem langen Board wie dem Original Windsurfer zu stehen.

Im Weltcup fuhren eine Handvoll Surfer weit draußen um die Tonnen ...

Natürlich hat die Board-Revolution zu den kurzen Gleitbrettern auch ihr Gutes gebracht. Die unglaubliche Akrobatik in haushohen Wellen mit Sprüngen und Loops gab unserem Sport die neue Richtung.

Gibt es Momente aus den 50 Jahren VDWS, die du auf keinen Fall missen möchtest?

Ich persönlich hatte über Jahre großen Spaß an den ersten Weltmeisterschaften mit teils über 300 Beteiligten dabei zu sein. Das lag nicht nur am Sport, sondern auch an der ganzen Bandbreite der sozialen Aspekte. Auch das Campen am Lagerfeuer über Nacht, neben dem Board liegend, genossen viele, das war in den Anfängen noch möglich. Die legendären lnstructoren-Lehrgänge am Gardasee im Hotel Lido Blue oder auch im Robinson Club Marbella waren ebenfalls Meilensteine. Im Laufe der Jahre haben sich inner­halb des Verbands Freundschaften entwickelt, man half sich gegenseitig. Es war eine Freude, vollkommen ehrenamtlich mit einem Team von Engagierten zusammen zu arbeiten. Viele Wochen­enden Freizeit wurden geopfert und trotzdem waren wir alle glücklich, denn der Verband war eine tragende Stütze für den Sport. Durch die unermüdliche und aufopfernde Tätigkeit des Lehrteams hat die Qualität der Ausbildung von Jahr zu Jahr zugenommen und man kann allen Beteiligten zur Erfolgsstory des VDWS gratulieren.

Was wünschst du dir für den Sport, die Szene und den Verband für die Zukunft?

Ich würde mir wünschen, dass der Sport vom reinen Spezialistensport, der er jetzt ist, wieder zu einem Breitensport findet. Surfen für Jedermann. Am Chiemsee genauso wie an den Meeresküsten. Die überwältigende Anzahl der Stand Up-Paddler gibt Hoffnung, dass wieder Windsurfboards in längerem Format gebaut werden, so dass Surfen auch bei den üblichen moderaten Winden wieder Spaß macht. Der VDWS hat sich weltweit eine beachtliche Reputation aufgebaut, und ich sehe keinen Grund, dass sich das künftig ändert. Mit seinem Engagement für die wesentlichen Was­sersportarten ist er gut aufgestellt und ist sowohl für die Sicherheit auf dem Wasser, als auch die gesellschaftliche Stellung unter den Wassersport-Treibenden, nicht mehr weg zu denken.

Interview: VDWS


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