Martin Brandner
· 20.04.2025
Mr. Neil Frederick Pryde ist einer der wenigen legendären Firmengründer und Urväter des Windsurfens, die nicht nur sehr erfolgreich waren, sondern noch unter uns weilen. Man kann ihn wohl als einen der letzten wahren Sirs der Windsurfing-Branche bezeichnen. Von eher kleiner Statur, war und ist er als ehemaliger CEO der Pryde Group einer der größten Namen in der Branche.
Ich lernte Neil 1990 bei einem PBA-Treffen (Vorläufer der PWA) kennen. Damals war ich ein F2-Mann und der jüngste Markenmanager in der Windsurfing-Branche. Danach war Neil unser Lieferant für Arrows-Segel, die Teil von F2 waren. Zur gleichen Zeit hatten wir einige Marketingkooperationen, da wir beide Britt und Björn Dunkerbeck und einige andere Fahrer wie Josh Stone, Jason Polakow und Bernd Flessner sponserten. Wir waren dann viele Jahre gemeinsam als Branchenvertreter im Vorstand der PWA.
Ich habe Neil Pryde in all den Jahren als Mann mit Handschlagqualität kennengelernt.” (Martin Brandner)
Als F2, obwohl es ein florierendes Unternehmen war, unglücklicherweise an die Jacobs Group verkauft wurde und in einem Unternehmen mit Fanatic und Mistral landete, entschied sich Neil, das daraus resultierende Chaos zu nutzen und die Marke JP-Australia zu kaufen, und stellte mich ein, um die Marke für ihn weiter zu managen, die ich mit Jason Polakow gegründet und unter Lizenz für F2 geführt hatte.
In den 25 Jahren, in denen ich mit ihm zu tun hatte, lernte ich ihn als einen Mann mit Handschlagqualität und unglaublicher Energie kennen. Was ich nie vergessen werde, ist, dass Neil, wo immer man ihn auf diesem Planeten für ein Meeting traf, bereits am Morgen vor dem Treffen joggte, um sich fit zu halten. Diese Disziplin hat mich immer sehr beeindruckt. Deshalb ist es mir eine Freude und eine Ehre, diese Geschichte über ihn machen zu dürfen und dieses Interview mit ihm zu führen.
Zunächst möchte ich Neil als Person vorstellen und erzählen, wie es dazu kam, dass er als neuseeländischer Junge, der Rugby liebte, zuerst ein Großer im Segel- und Yachtsegelgeschäft und dann der wohl erfolgreichste Unternehmer in der Windsurfwelt wurde und sein Unternehmen zu einer Multisportgruppe ausbaute.
Neil Pryde wurde am 19. Oktober 1939 als eines von drei Kindern eines Bankfilialleiters in Neuseeland geboren. Neils Vater war zudem Offizier in der neuseeländischen Milizarmee. Kurz vor Neils Geburt wurde sein Vater wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs zum Militärdienst einberufen. Sein Vater kämpfte in Nordafrika, Griechenland und im Nahen Osten. Neil begegnete seinem Vater daher zum ersten Mal als Vierjähriger, als sein Vater endlich aus dem Krieg nach Hause kam. Neils Mutter war eine traditionelle Mutter, die sich um den Haushalt und die drei Kinder kümmerte. Wie ihr Mann, der gesundheitlich angeschlagen aus dem Krieg nach Hause kam, hatte sie kein Interesse am Segeln und keinen Bezug dazu.
Neils Bruder Ian war 13 Jahre älter als er und interessierte sich sehr für den Segelsport. Er begann schon sehr früh, seine eigenen Segelboote zu bauen. Als Neil neun Jahre alt war, half er seinem Bruder beim Bau dieser Boote. Er übernahm einfache Aufgaben wie den Anstrich des Bootes. Das erste Boot, das Neil selbst besaß, war ein kleines, von seinem Bruder gebautes Ruderboot. Neil konnte damals kaum schwimmen, aber er hatte sein eigenes Boot. Sie bauten die Boote in einer Garage hinter der Bank, in der ihr Vater arbeitete. Ian Pryde, der eigentlich im Schuhbusiness tätig war, brachte sich selbst den Bootsbau bei und wurde ein sehr bekannter und erfolgreicher Segler. Neil begann im Alter von zwölf Jahren mit Regatten – natürlich mit Booten, die er und sein Bruder selbst gebaut hatten. Eine Zeit lang bildeten sie auch eine Crew und segelten gemeinsam.
In der Highschool spielte Neil wie jeder sportliche neuseeländische Junge Rugby. Zu dieser Zeit liebte er Rugby sogar mehr als Segeln. Neil war eher klein, sodass er später, als er an der Universität war und in der Erwachsenenmannschaft spielte, trotz seiner Schnelligkeit körperlich im Nachteil war. Nachdem er sich zweimal die Schulter ausgekugelt und mehrere Kopfverletzungen erlitten hatte, stellte seine Mutter ihn vor die Wahl: Entweder du hörst mit diesem brutalen Sport auf oder du ziehst aus. Neil entschied sich, Rugby aufzugeben und mit dem Segeln zu beginnen. In seinem späteren Berufsleben trug Neils Rugby-Vergangenheit wahrscheinlich auch dazu bei, dass er als Geschäftsmann ziemlich hart sein konnte und keine Angst vor Konfrontationen und harten Entscheidungen hatte.
Nach der Highschool studierte Neil Finanzwesen, obwohl er sich nicht sonderlich dafür interessierte, aber es war ein recht einfaches Studium, und er erhielt ein Stipendium von der Steuerbehörde und hatte neben seinem Studium einen Job bei der Behörde.
Später arbeitete Neil als Buchhalter für ein großes Produktionsunternehmen. Dort lernte er viel über die Organisation der Produktion, was ihn viel mehr interessierte als die reine Zahlenwelt der Finanzabteilung. Dies half Neil, als er später seine erste Produktionsstätte in Hongkong aufbaute.
Da Neuseeland damals keine Boote kaufen oder importieren konnte, wurde es zu einem Do-it-yourself-Land. So wurde es zu einer führenden Nation in der Bootstechnologie und im Bootsbau und ist es bis heute. Als Neuseeland bei seiner ersten Teilnahme an den Olympischen Spielen 1956 in Melbourne eine Goldmedaille gewann, wurde das Ziel, eines Tages an den Olympischen Spielen teilzunehmen, zum Traum eines jeden jungen neuseeländischen Seglers, auch der Pryde-Brüder Neil und Ian. Sie versuchten, sich als Team für die Olympischen Spiele 1960 in Rom in der Klasse der Flying Dutchman zu qualifizieren, was ihnen jedoch nicht gelang.
Zu dieser Zeit durften auch Segel nicht offiziell nach Neuseeland eingeführt werden. Als die beiden Brüder versuchten, sich für die nationale Olympiamannschaft zu qualifizieren, hatten sie keine andere Wahl, als Wettkampfsegel ins Land zu schmuggeln.
Neil engagierte sich in der nationalen Flying-Dutchman-Klasse und organisierte als Schatzmeister alle möglichen Veranstaltungen, um Geld für die Olympiaqualifikation und die Wettbewerbe zu sammeln, da es kaum Unterstützung von der Regierung gab. Er war auch Mitorganisator der ersten australisch-neuseeländischen Meisterschaften in dieser Klasse. Im Zuge dessen lernte Neil einen sehr erfolgreichen australischen Segler kennen. Rolly Tasker war Weltmeister in der Klasse der Flying Dutchman und gewann bei den Olympischen Spielen 1956 eine Silbermedaille. Tasker war auch deshalb berühmt, weil das australische America’s-Cup-Boot mit Segeln ausgestattet war, die er hergestellt hatte. Tasker war offensichtlich von Neil beeindruckt, und wahrscheinlich gefiel ihm, dass er jung und billig war, und er bot ihm einen Job in Hongkong an, um ihm bei seiner Segelproduktion zu helfen.
Ich hatte keine Ahnung von der Segelmacherei, aber aus meiner Regatta-Erfahrung wusste ich, was ich von meinen Segeln wollte.”
In den Sechzigerjahren befand sich Neuseeland in einer tiefen Rezession, und viele junge Neuseeländer wollten auswandern – so auch Neil. Neils Hauptgrund, warum er das Angebot von Tasker annahm, war, dass er etwas über die Segelmacherei lernen und dies für seine Karriere als semiprofessioneller Segler nutzen wollte – das war seine Vision für sein Leben. So zog er 1963 nach Hongkong mit dem Plan, dort maximal zwei bis drei Jahre zu bleiben, so viel wie möglich zu lernen und dann nach Neuseeland zurückzukehren und sich auf seine Segelkarriere zu konzentrieren. Doch das Schicksal hatte offensichtlich andere Pläne für ihn.
Tasker hatte gerade eine Segelproduktionsstätte eröffnet, die sich in der Werft von American Marine für Segelyachten befand. Tasker und American Marine waren gemeinsam Eigentümer der Segelfabrik. Taskers Idee war es, die Segel für diese Yachten zu produzieren. Nachdem American Marine kurz darauf die Produktion von Segelyachten einstellte und nur noch Motorboote herstellte, musste Neil sehr schnell neue Kunden finden. Nach nur wenigen Monaten kehrte Tasker nach Australien zurück und der 24-jährige Neil war auf sich allein gestellt. Er sah eine Chance für sich und kaufte nach nur einem Jahr die Anteile von American Marine an der Segelfabrik, wurde Taskers Partner und damit im Alter von nur 25 Jahren zum Unternehmer.
Als Neil nach Hongkong kam, hatte die Fabrik 13 Arbeiter. Eine von ihnen war Neils zukünftige Frau, Nina, die er 1967 heiratete. Sie war Vorarbeiterin in der Zuschnitt-und Nähabteilung. Die beiden sind auch heute noch ein Paar und haben drei Kinder und vier Enkelkinder.
Nina musste so viele Dinge ertragen – ohne sie wäre die ganze NeilPryde-Geschichte nicht möglich gewesen.“
Das Geschäft lief gut, und bald hatte die Fabrik 200 Beschäftigte. Im Jahr 1967 begann Tasker mit dem Verkauf von Segeln an einen schwedischen Importeur. Zu dieser Zeit erfolgte die gesamte Kommunikation noch per Brief und Telegramm. Als das Telex eingeführt wurde, war das eine große Errungenschaft. Die Segel wurden nicht wie heute in Containern verschickt, da diese noch nicht existierten, sondern in großen, speziell angefertigten Holzkisten.
Neil hatte immer noch den Traum, an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Da er in Hongkong sehr stark in das Geschäft involviert war, hatte er keine Zeit, an der Olympia-Qualifikation 1964 teilzunehmen, um Neuseeland zu vertreten. Erst 1968 war es dann so weit. Er wurde Asien-Meister und qualifizierte sich als erster Pryde für die Olympischen Spiele und nahm als Vertreter Hongkongs an den Spielen in Mexico City teil.
Ehrgeizig und energiegeladen wie Neil war, wollte er sein Unternehmen noch schneller wachsen lassen. Neil hatte viele Aufträge erhalten, aber die Produktion konnte die Mengen einfach nicht bewältigen. Sein Partner Tasker war nicht bereit, die notwendigen Investitionen zu tätigen, was zu Verzögerungen bei der Auslieferung führte. Der schwedische Importeur, der zu dieser Zeit ihr Hauptkunde war, war von diesen Verzögerungen besonders betroffen. Im Juli 1970 schlug er Neil daher vor, Tasker zu verlassen und gemeinsam mit ihm ein eigenes Unternehmen zu gründen, und er war bereit, dieses Vorhaben mit einer 50-prozentigen Beteiligung an der Firma finanziell zu unterstützen. Schnell entschlossen und bereit, ein Risiko einzugehen, wagte Neil den Sprung und gründete zusammen mit dem schwedischen Partner die NeilPryde Limited, und im September 1970 hatten sie eine neue Fabrik – ihre eigene – in Betrieb genommen.
Nachdem Neil einige Kunden von Tasker mitgenommen hatte, obwohl sein Vertrag ein Wettbewerbsverbot enthielt, klagte Tasker, und Neil erklärte sich schließlich bereit, Tasker eine Provision für diese Verkäufe zu zahlen. Im Laufe des Rechtsstreits mit Tasker stellte Neil fest, dass der schwedische Importeur Tasker eine Menge Geld schuldete. Das Geld, das er an Tasker hätte zahlen sollen, wurde stattdessen in das neue Unternehmen investiert.
Ich war sehr jung und unbedarft, als ich Tasker verließ, und erkannte erst später, dass der Schwede im Grunde genommen Geld von Tasker nahm und es in NeilPryde Limited investierte.”
Neil hatte so viele Aufträge, die schnell erfüllt werden mussten, dass er in einer Übergangszeit eine Wohnung mietete. Er riss die Zwischenwände heraus und ließ dort Segel nähen. Sein Büro befand sich in der umgebauten Toilette der Wohnung.
Um seine Fabrik so schnell und zu einem vernünftigen Preis bauen zu können, musste Neil ein paar Dinge tun, die, gelinde gesagt, ziemlich grenzwertig waren. Er kaufte landwirtschaftliche Flächen, auf denen eigentlich keine Fabrik gebaut werden konnte. Mit gewissen finanziellen Zuwendungen an die richtigen Leute war es dann doch möglich. Das alles hatte er schon eingeleitet, bevor er Tasker verließ. Aber es war die einzige Möglichkeit, so schnell loszulegen.
Es war ein bisschen wie im Wilden Westen – obwohl es eigentlich im Osten war.”
1970 erreichte Neil einen weiteren wichtigen Meilenstein in der Entwicklung seines Unternehmens, als er für eine Marketingkampagne von Kool Zigaretten 100.000 Segel für ein kleines Segelboot herstellte. Interessanterweise wurden diese aus Material hergestellt, das eigentlich für Regenschirme gedacht war. Geschäftstüchtig wie eh und je, stellte er bald auch alle für das Segelboot benötigten Holzteile her.
Sobald die neue Fabrik fertiggestellt war, produzierte NeilPryde Segel für den gesamten Weltmarkt, der durch den Boom der Glasfaseryachten schnell wuchs. Dieser Boom wurde durch die Ölkrise in den Siebzigerjahren begünstigt, als man glaubte, dass der Menschheit bald das Öl ausgehen würde und viele Bootsbesitzer von Motorbooten auf Segelboote umstiegen. Infolgedessen erlebte Neils Unternehmen ein schnelles Wachstum. Die Segel, die Neil zu dieser Zeit herstellte, trugen bereits das Bullseye-Logo, das noch heute verwendet wird.
Nachdem Neil im Laufe des Rechtsstreits mit Tasker herausgefunden hatte, dass der schwedische Importeur, der nun sein Partner war, Tasker tatsächlich betrogen hatte, wurde ihre Beziehung sehr angespannt. Hinzu kam, dass das Unternehmen expandierte und der schwedische Partner keine zusätzlichen finanziellen Mittel beisteuern konnte, um das Wachstum fortzusetzen. Neil fand daher 1977 einen neuen Partner. Die Firma Inchcape, die an der Börse in Hongkong notiert und ein sehr erfolgreiches Handelsunternehmen im Automobilsektor war, kaufte die Anteile des schwedischen Importeurs an NeilPryde Limited.
Bald darauf las Neil zum ersten Mal über das Windsurfen, das ursprünglich in den USA begann und dann viel schneller in Europa populär wurde. 1979 kontaktierte Ernstfried Prade von Mistral Neil, um die ersten Windsurfsegel zu produzieren. Mistral verlegte seine Segelproduktion jedoch bald zu Gaastra – damals ebenfalls eine Bootsegelmarke, die 1897 von einem niederländischen Segler namens Gaastra gegründet wurde. Tasker, der Neils Partner in der Fabrik in Hongkong war, verkaufte die Fabrik, die Neil betrieben hatte, schließlich an Gaastra, und Gaastra begann wie NeilPryde mit der Produktion von Segeln für verschiedene Boardmarken wie Mistral. Die Kapazität dieser Fabrik war jedoch begrenzt, und das gab Neil die Möglichkeit, zu wachsen, da seine Kapazität deutlich höher war.
Bereits 1978 stellte Neil den erst 20-jährigen Willem Blaauw ein, der später einer der berühmtesten Windsurfsegel-Designer wurde, um bei der Produktion von Yachtsegeln und dem Design von Windsurfsegeln für verschiedene Marken zu helfen. Während dieser Zeit war Aage Lyngs Neils Verkaufsleiter in Europa, der einen Kontakt zu BIC herstellte, und schon bald wurde Neil beauftragt, 100.000 Windsurfsegel für BIC zu produzieren. Dieses Geschäft entwickelte sich gut für Neil, und bald zählten auch Windsurfer, Windglider, Sailboard, Tiga und HiFly zu seinen Kunden, und seine Segelproduktion erreichte mit 350.000 Windsurfsegeln pro Jahr ihren Höhepunkt.
Um diese Mengen zu schaffen, kaufte Neil als erster Hersteller von Windsurfsegeln eine Computer-Schneidemaschine von Gerber, einem amerikanischen Unternehmen. Die Maschinen waren gerade in Hongkong eingeführt worden und waren ursprünglich für die Textilindustrie gedacht. Um die riesige Maschine unterbringen zu können – der Schneidetisch war etwa 25 Meter lang –, musste Neil eine weitere Fabrik kaufen. Etwa ein Jahr später eröffnete er eine neue Segelfabrik in Tuen Mun in Hongkong, um seine Kapazität weiter zu erhöhen. Windsurfsegel waren damals sehr einfach und ein echtes Massenprodukt, und die Fabrik verkaufte sie für etwa 50 US-Dollar pro Stück. Die Effizienz der Produktion war entscheidend.
Die meisten Segel, die Neil an diese Boardmarken verkaufte, trugen bereits das NeilPryde-Bullseye-Logo, aber die Marke NeilPryde existierte noch nicht als eigenständige Windsurfsegelmarke. Aber man wusste, dass sie von NeilPryde hergestellt wurden. Interessanterweise war der Name zu dieser Zeit für preiswerte Segel mit Boards bekannt. 1980 begann Gaastra als Windsurfsegelmarke und war bei Regatten sehr erfolgreich. Gleichzeitig war Gaastra ein Konkurrent von NeilPryde als Massenhersteller für Windsurfsegel.
Um 1982 gab es bei BIC einen Wechsel im Management. Die beiden führenden Manager verließen das Unternehmen und gründeten Tiga. Dies war der Beginn schwieriger politischer Zeiten. Das neue Management von BIC drohte Neil, dass sie nicht mehr für ihn produzieren würden, wenn er auch für Tiga produzierte. In typischer Neil-Manier weigerte er sich, sich erpressen zu lassen, und in der Folge erhielt er zusätzliche Aufträge von Tiga, aber sein Geschäft mit BIC schrumpfte erheblich.
Aufgrund einer von Europa verhängten Einfuhrbeschränkung für Textilerzeugnisse aus Hongkong beschloss Neil 1981, eine Segelproduktion in Irland aufzubauen. Irland bot ihm finanzielle Unterstützung an und er konnte die Rohstoffe einführen, wenn er die Segel in Irland produzierte. Wie heute in vielen Produktionsunternehmen üblich, ließ Neil eine komplette Produktionslinie in Hongkong bauen. Diese wurde dann demontiert und nach Irland geschickt, wo sie wieder zusammengebaut wurde. 27 Mitarbeiter aus Hongkong zogen nach Irland und schulten das dortige Personal. Im Grunde wurden die Segel mit allen Teilen in Hongkong vorgefertigt und in Irland zusammengenäht. Aber so konnte Neil sagen, dass die Segel in Irland hergestellt wurden. Dieses Projekt hat drei Jahre lang sehr gut funktioniert.
Zu dieser Zeit war die Division 2 die vorherrschende offene Raceboard-Klasse, und North dominierte diese Klasse mit seinen Segeln. North hatte nicht mehr die Kapazität, all diese Segel zu produzieren, und beauftragte Neil mit deren Herstellung. Neil, der immer versuchte, vorausschauend zu denken, sah eine Geschäftsmöglichkeit und heuerte 1981 zwei erfolgreiche Division-2-Fahrer aus Norwegen an, die zusammen mit Willem Blaauw seine eigenen Division-2Segel entwickelten.
Wir hatten Glück, denn durch die Zusammenarbeit mit North lernten wir, wie man Hochleistungssegel herstellt und entwickelt – vor allem in Bezug auf die Frage, welche Materialien für was verwendet werden sollten, denn North war aufgrund seiner Erfahrung mit Yachtsegeln wirklich gut darin. Willem hat großartige Arbeit geleistet und wir haben bei der Weltmeisterschaft in Florida den Titel bei den Damen und Herren gewonnen – das hat die Marke NeilPryde auf dem Markt etabliert.”
Neil sponserte dann Ken Winner, der später den Pan Am Cup für NeilPryde mit Willems Segeln gewann. NeilPryde war endgültig als High-Performance-Marke angekommen. Etwa zur gleichen Zeit erkannte auch HiFly, dass sie ihr Image in Richtung höherwertiger Produkte ändern mussten, um zu überleben, und engagierte das Designteam Spanier und Bourne auf Maui, um das Fathead-Wavesegel für HiFly zu entwickeln. Die Manager von HiFly trafen sich mit Neil in Hongkong, da sie wollten, dass er diese Segel produzierte, und stellten ihm Barry Spanier vor.
Dann kam eine wichtige Veränderung auf dem Windsurfing-Markt. Bis dahin war Windsurfen weniger ein Sport als vielmehr eine Freizeitbeschäftigung, die auf jedem See stattfand und von der ganzen Familie ausgeübt wurde. Der Markt für das dafür benötigte Material war schnell gesättigt und die nun gefragten Bretter und Segel wurden plötzlich zu leistungsorientierten Sportgeräten. Die Produkte wurden plötzlich auf Hawaii entwickelt und die Kunden wollten damit springen, Wellen reiten und sich mit ihren Freunden in Sachen Geschwindigkeit messen.
Besonders dramatisch war der Wandel bei den Segeln. Während anfangs einfache Dreieckssegel ohne Latten verkauft wurden, wollte der Markt nur noch durchgelattete Segel, die möglichst früh zu gleiten beginnen und auch bei Überpower noch Leistung bringen sollten. Damit war die Zeit der Massenproduktion von einfachen Brettern und Segeln so gut wie vorbei. Dies hatte zur Folge, dass die Produktionsmengen drastisch zurückgingen und die Nachfrage vor allem nach Brettern und Segeln bestand, die in viel kleineren Chargen verkauft und produziert wurden, die wesentlich mehr Entwicklungsarbeit erforderten und in der Herstellung viel komplizierter und kostspieliger waren.
Infolgedessen hatten viele Marken, wie Windsurfer, Tiga, HiFly und Windglider, Mitte der Achtzigerjahre ernsthafte Probleme und gingen dann in Konkurs, weil ihre Massenprodukte nicht mehr gefragt waren und sie den Übergang nicht schnell genug vollziehen konnten. Auch die Fabrik von Neil in Irland konnte mit dieser Marktentwicklung nicht Schritt halten. Die Produktionskosten waren für die nun kleineren Mengen und Losgrößen einfach zu hoch, und das Know-how des Produktionsteams reichte nicht aus, um die nun gefragten Hightech-Segel herzustellen. Im Jahr 1985 ging auch die Fabrik von Neil in Irland in Konkurs.
Ich musste zur Gläubigerversammlung gehen. Sie waren offensichtlich nicht glücklich mit mir, als ich ihnen die Nachricht überbrachte. Am nächsten Tag verließ ich Irland mit dem ersten Flugzeug. Ich bin quasi geflüchtet und habe es den Anwälten überlassen, sich darum zu kümmern. Schließlich zahlten meine Geschäftspartner von Inchcape die wichtigsten Gläubiger aus.”
Auch NeilPryde Limited wurde durch diese Entwicklungen schwer erschüttert. Neil hatte wieder Glück und traf einen alten Freund aus seiner Anfangszeit in Hongkong. David Wilson war gerade nach Hongkong zurückgekommen, um die Shriro Group, ein internationales Handelsunternehmen, neu zu organisieren. Zur gleichen Zeit durchlief Neils Partner Inchcape einen Umstrukturierungsprozess und wollte sich von nicht zum Kerngeschäft gehörenden Geschäftsbereichen trennen. Neil und David arbeiteten einen Deal aus, Shriro übernahm die Anteile von Inchcape und investierte frisches Geld - durch diese Vereinbarung entgingen die Firma dem Konkurs.
Dieser Schritt war die entscheidende Grundlage, um im Windsurf-Geschäft wirklich in die Offensive zu gehen. Wie es weiterging, lest ihr in Teil 2 der großen Neil Pryde-Story!
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