Fabian Grundmann: “Idole innerhalb einer Sportart begleiten einen in der Regel über viele Jahre. Im Windsurfen fallen häufig Namen, wie Naish, Dunkerbeck, Köster - eines meiner Idole war immer André Paskowski. So hatte sich in meiner Jugend ein Bild aus dem SURF Magazin von ihm in meine Erinnerung eingebrannt, auf dem er in Boardshorts surfend von einem Blitz angeleuchtet wurde - im perfekten Moment des Manövers, scheinbar bei absoluter Dunkelheit.
Da unsere norddeutschen Winter von abwechselnden Grautönen und scheinbar nie wieder aufgehender Sonne geprägt sind, surfen wir hier oben ja eigentlich immer in der Dämmerung. So passte mein Wunsch, irgendwie Licht ins Dunkel zu bringen mit den Erinnerungen an Paskowski zusammen. Als ich Andi Diekötter, einem professionellen Fotograf und bekennenden Liebhaber von 8,5er Segeln, am Strand von dieser Idee erzählte, war dieser sofort begeistert. Er hatte schonmal einen besonderen Blitz gebaut: Der sei in einem Abflussrohr eingebaut und mit einem Stativ einfach im Wasser zu positionieren.
An zwei Nachmittagen arbeiteten wir an den Bildern. Meine Aufgabe war für ihn sonnenklar: "Spring dein Dingsbums-Manöver genau vor dem Blitz! Nicht davor und nicht dahinter, sonst wird das nichts!" Seine Aufgabe definierte er anders: "Achte nicht auf mich, ich probiere einige Einstellungen aus."
Sehr genau auf den Punkt ein gut aussehendes Manöver in halber Dunkelheit zu springen, den besten Moment auf der 1-Meter-Strecke vor dem Blitz zu positionieren, in weniger als knietiefem Wasser und bei sehr böigen und drehenden Winden - puh! Da der Blitz drei Sekunden zum Aufladen benötigte, war pro Versuch nur ein einziges Bild möglich. Nach einer Weile groovten wir uns ein. Andi lernte, die Manöver zu benennen und auseinander zu halten und ich hatte, trotz eisiger Temperaturen, dank der super kurzen Anlaufschläge sogar warme Hände! Nach 90 Minuten hatten wir weniger als 50 Bilder auf der Speicherkarte, knapp alle zwei Minuten schafften wir also einen Shot. Am Abend kam die erlösende Nachricht: "Dude, mir war im Leben noch nie so kalt, meine Füße waren blau! Aber es sind gute Bilder dabei!"
Und wie erging es dem Fotografen? Andreas Diekötter berichtet ebenfalls über seine Erfahrungen an diesem Tag: “Die Idee, Windsurf-Fotos mit Blitz zu machen, kam mir zum ersten Mal im Frühjahr 2021. Damals hatte ich ein Gehäuse für einen Studioblitz gebaut, das jedoch lange Zeit ungenutzt blieb – mangels Gelegenheit. Bis Fabi mich eines Tages fragte, ob es möglich sei, ein Foto zu machen, das wie bei Nacht aussieht, bei dem jedoch der Surfer beleuchtet ist. Bingo! Damit hatte ich meinen „Partner in Crime“ gefunden. Jetzt brauchten wir nur noch die perfekten Bedingungen.
Beim Shooting waren Timing und Temperatur die größten Challenges. Das Timing war besonders anspruchsvoll, da der Blitz im HyperSync-Modus viel Leistung benötigt, was längere Ladezeiten bedeutet – mehrere Sekunden zwischen den einzelnen Blitzen. Eine Aufnahme im „Dauerfeuer-Modus“ mit 20 Bildern pro Sekunde war daher ausgeschlossen. Das bedeutete wiederum, dass wir bei jedem Sprung genau einen Versuch hatten. Ein einziger Shot musste alles perfekt einfangen: den besten Moment der Action, die Position des Surfers zum Blitz, die Perspektive, den Bildausschnitt – alles. Zusätzlich war Fabi bei manchen Tricks auf eine kleine Welle als Rampe angewiesen, um abzuspringen – ein weiterer Faktor, den wir nicht beeinflussen konnten.
Die Temperatur stellte eine zusätzliche Herausforderung dar – vor allem für mich. Während Fabi in Bewegung blieb, stand ich relativ still im hüfttiefen Wasser (5°C) und wartete auf den perfekten Moment. Was soll ich sagen - ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so kalte Füße und Hände gehabt. Die Kälte machte nicht nur das Ausharren unangenehm, sondern erschwerte auch die Kamerabedienung erheblich. Weil ich wusste, dass kalte Hände die Bedienung der Kamera ohnehin schwierig machen würden, entschied ich mich, auf mein Schutzgehäuse für die Kamera zu verzichten. So stand ich da also mit meiner ungeschützten Nikon Z9, zitternden Händen und Meerwasser bis zur Hüfte – und hoffte einfach, dass alles gutgehen würde. Rückblickend würde ich sagen: Es hat sich gelohnt!”