Der Aloha Classic ist jedes Jahr ein besonderer Event und bildet traditionell den Abschluss der Saison. Die Bedingungen in Ho‘okipa sind einzigartig und sorgen immer für ein spannendes Saisonfinale. Für mich ging ein Traum in Erfüllung, bei diesem Event zum ersten Mal mitzufahren. Dieses Jahr wurde der Event um eine Woche vorgezogen, da im Oktober die Windwahrscheinlichkeit deutlich höher ist als im November. Das bedeutete, dass zwischen dem Worldcup Sylt und dem Aloha Classic gerade einmal eine Woche lag. So ging es also ohne Pause, direkt nach einer langen Woche auf Sylt, in den Flieger nach Maui.
Nach der fast 30-stündigen Reise mit zwölf Stunden Zeitverschiebung kam ich ziemlich erschöpft auf der Insel an. In Haiku teilte ich mir ein kleines Apartment mit Maria Behrens aus Lübeck und Valters Videnieks aus Lettland. In den ersten Tagen ließ der Wind noch auf sich warten. Dafür waren die Bedingungen in Ho‘okipa ideal zum Wellenreiten, und so konnte man sich schon mal an das Klima gewöhnen und den Jetlag loswerden. In Badehose surfen war auf jeden Fall schon das erste Highlight. Am dritten Tag kam dann auch endlich der Wind und ich konnte zum ersten Mal in Ho‘okipa aufs Wasser. Der Spot macht unglaublich Spaß, ist aber auch sehr anspruchsvoll. Auf den Wind von rechts und die kraftvollen Wellen muss man sich erst mal einstellen. Dazu waren an den Tagen vor dem Event alle Teilnehmer zu jeder windigen Minute auf dem Wasser, sodass man sich jede Welle regelrecht erkämpfen musste. Drei Tage mussten als Vorbereitung reichen. Dann ging es auch schon mit dem Aloha Classic los.
Für mich ging ein Traum in Erfüllung, bei diesem Event zum ersten Mal mitzufahren.” (Anton Richter)
Die Vorhersage für die erste Woche versprach schon gleich einen großen Nordwest-Swell und Ostwind – ideale Bedingungen für den Wettkampf. So ging es dann auch schon am zweiten Tag nach der traditionellen Eröffnungszeremonie am Strand von Ho‘okipa mit den Challenger-Runden los. Durch meinen neunten Platz auf Sylt war ich glücklicherweise im Hauptfeld gesetzt und musste mich nicht erst durch die Qualifikation quälen. So konnte ich erst mal die Heats beobachten und den Locals, wie Kai Lenny oder Levi Siver, zuschauen, die schon gleich zu Beginn eine beeindruckende Show lieferten. In meinem Heat traf ich dann auf Hayata Ishii, Miguel Chapuis und Julian Salmonn. Es hat extrem Spaß gemacht, meinen ersten Heat beim Aloha Classic zu fahren, und die Bedingungen hätten nicht besser sein können – masthohe Wellen und mittelstarker Wind. Am Ende fehlte nur ein Punkt, um in die nächste Runde einzuziehen. Damit landete ich bei den Männern auf einem 29. Platz und konnte mich danach auf die für mich wichtige U21-Elimination konzentrieren.
Das U21-Finale wurde dieses Jahr erstmals ebenfalls beim Aloha Classic ausgetragen und war für die Weltmeisterschaft entscheidend. In der Rangliste teilte ich mir vor dem Finale den ersten Platz mit dem Australier Jake Ghiretti. Wer hier den anderen schlägt, wird U21-Weltmeister. Keine leichte Aufgabe, denn Jake hatte schon die drei Wochen vor dem Event in Ho‘okipa trainieren können. Am dritten Tag waren die Wellen dann etwas kleiner und es gab das Go für die U21-Elimination. Im ersten Heat tat ich mich schwer, die richtigen Wellen zu finden, und verpasste nur knapp den direkten Einzug ins Halbfinale. Die letzte Chance war die Redemption-Runde – doch auch dort erwischte ich keine guten Wellen und schaffte den Einzug ins Halbfinale nicht. Damit war mein Traum vom U21-Titel leider vorbei. Jake Ghiretti wurde Vierter und sicherte sich damit den Weltmeistertitel.
Bei den Herren entwickelte sich ein spannendes Kopf-an-Kopf Rennen zwischen dem amtierenden Weltmeister Marcilio Browne und Marc Paré, der sich mit seinem Sieg auf Sylt in der Woche zuvor eine leichte Führung in der Weltmeisterschaft erarbeitet hatte. Für Browne war klar: Er muss den Event gewinnen, um überhaupt eine Chance auf den Titel zu haben. Sollte ihm das gelingen, muss Paré mindestens den vierten Platz erreichen, um sich seinen ersten Weltmeistertitel zu sichern. Auf dem Weg ins Halbfinale zeigten sowohl Marcilio Browne als auch Marc Paré starke Leistungen. Doch Browne wirkte an seinem Homespot etwas souveräner als sein Kontrahent. Im Halbfinale folgte dann der erste entscheidende Moment: Marc Paré schied in einem unglaublich spannenden Heat gegen die beiden Locals Robby Swift und Morgan Noireaux aus.
Acht Jahre und fünf Aloha Classics später ist es mir wieder gelungen, ganz oben aufs Podest zu kommen.” (Morgan Noireaux)
Nun lag es an Marcilio Browne, die Weltmeisterschaft doch noch für sich zu entscheiden. Im Finale warteten jedoch drei starke Gegner: Bernd Roediger, Morgan Noireaux und Robby Swift – allesamt große Namen und in Ho‘okipa nur schwer zu besiegen. Das Finale hielt, was es versprach. Große Wellen, wenig Wind und Spannung bis zur letzten Minute. Browne, Roediger und Noireaux starteten stark ins Finale, alle mit Wellen um die 6 Punkte. Swift lag mit 5,5 Punkten knapp dahinter. Mit zwei Wellen, die in die Wertung gehen, also alles noch offen. Doch alle vier taten sich schwer, eine zweite zählende Welle zu finden, und so entschied das letzte Set über den Sieg. Sowohl Browne als auch Roediger legten mit zwei weiteren soliden 6er-Wellen vor, doch Morgan Noireaux ging volles Risiko und landete einen sauberen Wave 360, gefolgt von einem stylischen Aerial, und holte sich mit einer 8,23-Punkte-Welle seinen vierten Aloha-Classic-Sieg. Roediger wurde Zweiter, und Browne musste sich mit einem dritten Platz zufriedengeben. Damit war die WM entschieden. Marc Paré krönt sich nach einer herausragenden Saison erstmals zum Weltmeister und löst Marcilio Browne nach drei Jahren an der Spitze ab.
Bei den Frauen war die Ausgangslage ähnlich spannend. Die junge Belgierin Sol Degrieck kam nach ihrem Sieg auf Sylt mit der Chance nach Maui, mit nur 16 Jahren ihren ersten Weltmeistertitel gewinnen. Auf der anderen Seite ging Sarah-Quita Offringa mit der Chance auf ihren 28. Weltmeistertitel an den Start. Sie hatte durch eine konstante Saison einen kleinen Vorsprung in der Weltmeisterschaft. Das hieß für Sol: Sie muss den Event gewinnen, um eine Chance auf den Titel zu haben. Gelingt ihr das nicht, wird Sarah-Quita erneut Weltmeisterin. Sarah-Quita startete souverän in den Wettkampf und setzte mit dem höchsten Score der ersten Runde gleich ein Ausrufezeichen. Damit sicherte sie sich direkt den Einzug ins Halbfinale. Für Sol Degrieck verlief der Auftakt dagegen nicht nach Plan: Sie unterlag in ihrem ersten Heat Lisa Wermeister und Shawna Cropas und musste den Umweg über die Redemption-Runde nehmen, um sich doch noch einen Platz im Halbfinale zu erkämpfen. In der Redemption-Runde fand Sol dann wieder zu ihrer gewohnten Form zurück und sicherte sich mit zwei starken Wellen den Einzug ins Halbfinale.
Dort trafen die beiden Titel-Favoritinnen dann auch schon aufeinander. Mit dabei waren außerdem die formstarke Lisa Wermeister und Pauline Katz. Sol und Lisa erwischten direkt einen guten Start in den Heat und legten mit zwei soliden Wellen vor. Sarah-Quita tat sich zunächst schwer, einen Score aufs Tableau zu bringen. Lisa nutzte ihre zweite gute Welle und übernahm damit die Führung, als die letzten Minuten des Halbfinals anbrachen. Doch Sarah-Quita wartete geduldig auf die richtigen Wellen und zeigte dann einmal mehr ihre Klasse. Mit zwei herausragenden Wellen zum Abschluss des Heats schob sie sich auf den ersten Platz und sicherte sich zusammen mit Lisa Wermeister einen Platz im Finale. Damit krönt sich Sarah-Quita erneut zur Weltmeisterin und feiert ihren 28. Titel. Doch das war noch nicht alles: Im Finale zeigte Sarah-Quita erneut eine herausragende Leitung und sicherte sich vor Angela Cochran und Lisa Wermeister den Event-Sieg.
Auch wenn es für mich nicht so lief wie erhofft, nehme ich viele tolle Momente und Erfahrungen mit.” (Anton Richter)
Der Aloha Classic 2025 war für mich ein echtes Highlight. Zum ersten Mal bei diesem legendären Event dabei zu sein und direkt solch gute Bedingungen abzubekommen war ein unglaubliches Erlebnis. Die Bedingungen, die Stimmung und die Community auf Maui machen den Event zu etwas ganz Besonderem. Die Titelkämpfe in allen Kategorien waren extrem spannend und spektakulär mitzuverfolgen. Auch wenn es für mich persönlich nicht lief wie erhofft, nehme ich viele tolle Momente und wertvolle Erfahrungen mit. Ich werde alles daransetzen, im nächsten Jahr wieder dabei zu sein.
Text: Anton Richter