Wer es im letzten Quali-Rennen einer WM noch gerade in die Top Ten schafft, dann aber im Medal Race über Viertel- und Halbfinale in den Endlauf dringt und dort noch Vize-Weltmeisterin der vorolympischen Nachwuchsklasse U19 iQFOiL Youth wird, darf sich feiern lassen. Die 18-jährige Abiturientin aus Berlin hat als Tochter des zweimaligen Olympiateilnehmers Dirk Meyer (1984 Windglider in Los Angeles, 1988 Lechner Div. II in Pusan) die Windsurfgene im Blut, die im Windsurfing Verein Berlin auf dem Wannsee eine gute Entwicklung nehmen konnten.
So mit fünfeinhalb Jahren, ich hatte ein 1,5 Quadratmeter kleines Segel von unserem Segelmacher im Club, Wolf Zins, erhalten.
Mein Papa setzte mich in den Opti, damit ich die entsprechenden taktischen Grundlagen bekam. Mein Team war damals in der SV03 (Seglervereinigung 1903 e. V.), direkt neben unserem Vereinsschiff Windanna. Ich hab mich dann in dieser heiß umkämpften Kindersegelklasse auch einmal für die DM der Opti A qualifizieren können und habe meine erste Regatta gewonnen.
Genau, dieses Jugendbrett war bei uns im Club sehr populär, und ich bin dann auch die ersten Regatten bei uns in Berlin gesurft. Wir hatten eine supermotivierte achtköpfige Trainingsgruppe, die, sooft sie konnte, aufs Wasser wollte. Damals haben wir auf die Techno-WM 2018 in Cadiz hintrainiert und haben auch sonst viele Trainingslager zusammen gemacht.
Auf jeden Fall Johannes Girke, dreimal in der Woche war dort Training angesetzt. Mit ihm haben wir 2019 auch die Deutsche Jugend-Meisterschaft am Dümmer See dominiert und 12 von 15 Medaillen geholt.
Natürlich, ich musste ja erst mal das Surfen auf einem Foilboard lernen. Ich bin an vielen Wochenenden nach Kiel gefahren, um dort mit der neu geformten Frauen-Foilgruppe zu trainieren. Angeleitet haben das Leon Delle und Marc Hollenbach vom DSV. Nachdem auch alle aus der Berliner Gruppe Material hatten, haben wir auch zusammen Trainingslager auf Usedom durchgeführt. Dort haben uns Diederik Bakker und Johannes Girke trainiert.
Nö, beim Racer of the Sea auf der Ostsee konnte ich gleich die Damenwertung gewinnen.
Genau, ich habe erst drei Tage vor der ersten Wettfahrt das kleinere Youth-Board bekommen. Es war mega zu sehen, wie viele Jugendliche schon im ersten Jahr dabei waren. Wir waren immerhin schon 60 Mädchen der Altersgruppe U19!
Ich habe schon davor bei einigen International iQFOiL Games teilgenommen. 100 Frauen am Start sind natürlich noch eine andere Nummer und mir fehlte noch die Erfahrung. Ich kurvte immer hinten mit allen mit, hab es aber immer ins Zeitlimit geschafft.
Am Anfang immer, denn bei der Halse steigst du mit dem vorderen Fuß schon mal beim Youth-Board ins Leere. Aber nach ein paar Manövern findest du auch auf dem schmaleren Board die Schlaufe.
Ich bin nach meinem Abitur nach Kiel gezogen, um mehr Wasserstunden zu bekommen. Dort habe ich dann meist alleine fünf Tage die Woche trainiert. In den zwei Monaten konnte ich sehr viel technisch verbessern. Dazu bin ich auch noch viel in den Kraftraum gegangen und habe an meinem Wettkampfgewicht gearbeitet. Als ich dann meine erste Wettfahrt gewonnen habe, war ich sehr stolz auf meine Fortschritte. Leider habe ich im Medal Race meinen zweiten Platz verloren. Eine sehr wichtige Erfahrung.
Anfangs lief die WM nicht allzu gut für mich, und ich hatte Probleme trotz solider Einzelrennen, noch mit dem Gesamtergebnis in die Top Ten zu rutschen. Am letzten Tag hat sich bei den Slalom-Rennen ja noch einiges verschoben.
Im Medal Race konnte ich dann einen kühlen Kopf bewahren. Dabei hat mir Elias von Maydell, mit dem ich damals auch in der Berliner Trainingsgruppe war, auf dem Coachboot sehr geholfen. Der Druck war bei mir auf jeden Fall auch enorm. Medal Races muss man geübt haben, um dort nicht komplett durchzudrehen. Im Halbfinale dachte ich kurz, es wäre vorbei, als ich beim Start Seegras am Foil hatte.
Taktisch konnte ich sehr gut performen an dem Tag und habe im Finale dann auch den entscheiden Frühstart vermieden. Ich habe meiner Gegnerin Tuva Oppedal geschickt am Start die bevorteilte Pin-End-Seite abgenommen und einen sehr soliden Vorsprung an der ersten Boje gehabt. Leider habe ich dann durch einen Touchdown in der Halse verloren.
Es war sehr schön zu sehen, wie sich meine Familie und das ganze deutsche Team vor Ort gefreut haben. Viele waren auch mit Booten draußen. Sponsoren sind aber nicht angelaufen gekommen.
Ich finde es auch sehr schade, dass wir nur so wenig Mädchen sind. Generell sind es immer weniger Mädels als Jungs. Bei uns in Deutschland fehlt es einfach noch an Surf- und Segelvereinen, die große Gruppen in den Sport ziehen und auch Windsurfen als Möglichkeit nach dem Opti-Boot anbieten.
Es fehlt an Trainern und Strukturen.
Ich hatte im Windsurfing Verein Berlin (WSeV) alle möglichen Fördermöglichkeiten erhalten. Das war schon mehr als genug verlangt von so einem kleinen Windsurf-Verein. Das Angebot vom VSaW war für mich sehr überzeugend. Vor allem aufgrund des großen Netzwerkes, das ein so großer Verein mit sich bringt. Der Club hat viele Erfolge in Olympischen Segelklassen vorzuweisen und kann mich somit bei allem, was für internationale Erfolge benötigt wird, unterstützen. Mir war es vor allem wichtig, in einem Berliner Club zu bleiben, und Erfolge sind dort natürlich gerne willkommen.
Ja, durch Surf Line Kiel komm ich da ganz schnell an Patrik-Material, wenn Nachschub benötigt wird. Bei den Regatten kann’s schnell mal Schäden geben, man braucht auch mindestens zwei komplette Sets, um konkurrenzfähig zu sein. Eines zum Trainieren, eines für die Wettkämpfe.
Gigantisch, wir lebten alle in einem Hotel, eine große Gemeinschaft. Auf dem Wasser hätte es besser laufen können. Nach drei Wettfahrttagen lag ich noch auf Rang drei, dann kam extremer Starkwind mit bis zu 32 Knoten. Da war ich überfordert und rutschte auf Rang acht ab. Aber ich konnte meinen letzten Einsatz in der U19 noch einmal voll genießen. Nach Platz neun in Den Haag 2022 hab mich ja auch um einen Rang verbessert.
Ein Ziel könnte L.A. 2028 sein, und wenn ich mich dafür qualifiziere, dann will ich auch vorne mitfahren. Aber ich will jetzt bei der iQFOiL-WM in Lanzarote Ende Januar Team Germany unterstützen, damit Deutschland auch für die Damen den Nationenstartplatz für den Foilwettbewerb in Marseille schafft. Die nationale Qualifikation läuft danach natürlich weiter, und bei den Events bin ich auch mit am Start. Ich denke aber, 2024 ist für mich noch zu früh.
Natürlich möchte ich gerne eine Olympiakampagne für 2028 starten. Aber das ist ein langer Weg. Fürs Wintersemester 2024 werde ich mich wohl einschreiben müssen. Was ich allerdings dann studieren werde, ist noch offen. Es muss ja auch etwas sein, was ich mit dem Sport vereinbaren kann.