Locker, lässig, selbstbewusst – und irgendwie ein kleines bisschen verschlafen, klingt der junge Canario, als ich ihn morgens am Hörer habe: „Kannst du über WhatsApp anrufen? Sonst wird’s teuer für mich“, fragt er freundlich. Dass die Grinsebacke sich regelmäßig zu elf Meter hohen Stalled Doubles in die Luft schießt, würde man auf Anhieb nicht denken. Durch seine nette, lustige Art, wirkt er total auf dem Boden geblieben und völlig entspannt. Er weiß, was er kann, aber auch, wo aktuell noch seine Schwächen liegen. Mit einem klaren Ziel vor Augen liebt er es, sich mit seinen Freunden aufs nächste Level zu puschen und dafür auch seine Komfortzone Pozo zu verlassen.
Alles gut, danke, ich bin momentan auf Fuerteventura.
(Lacht) Jaja, ich bin tatsächlich für den Freestyle-World -Cup hier. Liam (Dunkerbeck, Anm. d. Redaktion) und ich haben uns eingeschrieben. Wir versuchen, gerade noch so viel wie möglich im Freestyle dazuzulernen, daher sind wir ein bisschen früher nach Fuerte gekommen.
Bis jetzt nicht so wirklich, muss ich sagen. Aber nun, seitdem ich hier bin, macht es richtig Spaß, sich in einem für mich neuen Bereich zu puschen. Das ist spannend und bringt Abwechslung in die Routine. Ich kenne auch die meisten Freestyler vom World Cup auf Sylt. Es ist cool, alle wiederzusehen und mit ihnen aufs Wasser zu gehen. Ich habe jedoch noch keine Freestylesegel, das macht es etwas schwieriger, die neusten Moves zu lernen – besonders das Ducken ist schwer.
Ja, absolut. An meinem ersten Tag hier auf Fuerte kamen kopfhohe Wellen reingelaufen. Da konnte ich fast springen wie in Pozo – ich habe an dem Tag zum Beispiel sogar ein paar Double Forwards gelandet, das hat richtig Spaß gemacht.
Nein, das würde ich nicht sagen. Etwas Neues zu lernen ist immer interessant. Wenn die neuesten Ducking-Manöver einfach nicht klappen wollen, bin ich eher frustriert als gelangweilt. Ich will immer dazulernen, und mit Liam an meiner Seite, der hier Ähnliches durchmacht, macht es umso mehr Spaß.
Definitiv! Es war das erste Mal, dass ich in der Pro-Wertung auf dem Podium stand. Es war nicht nur der beste Contest, sondern auch einer der besten Tage meines Lebens – ich werde mich für immer daran erinnern. Letztes Jahr habe ich bei den Red Bull Rockets, bei denen es nur um den höchsten Sprung geht, mit nur 0,1 Punkten gegen Victor verloren. Als das Contestformat für dieses Jahr erneut angekündigt wurde, habe ich nur gedacht: Dieses Jahr werde ich gewinnen! Niemand wird es mir nehmen – und ich hab’s geschafft!
Das ist schwer zu sagen. Ich meine, viele der Top-Fahrer, die nicht hier leben, kommen bereits seit über zehn Jahren jeden Sommer nach Pozo und wissen ganz genau, was sie erwartet. Es war ein ausgesprochen schlechter Sommeranfang dieses Jahr, das stimmt. Im Mai hatten wir ein oder zwei windige Wochen und seitdem sind auch wir Locals kaum noch in Pozo gesurft bis zum Worldcup.
Aber Pozo ist kein schwieriger Spot. Es ist nicht so wie in Hookipa, dass du direkt auf den Felsen landest, wenn du den Spot nicht kennst oder nicht eingefahren bist. In Pozo geht es nur darum, möglichst schnell zu sein und sich hoch rauszuschießen (lacht).
Ja, sehr gut. Ich war sehr entspannt und gut ausgeruht. Ich habe viel mit meinen Freunden rumgehangen, die mich davon abgelenkt haben, zu viel über den Contest nachzudenken und dadurch nervös zu werden. Das war super.
Nein, nicht mehr ganz so viel (lacht). Früher, so mit 13, 14 Jahren, bin ich ja teilweise morgens vier Stunden und abends noch mal drei gesurft. Jetzt versuche ich, mir eher die besten Zeiten des Tages rauszupicken und diese effizient zu nutzen – wenn die Tide gut passt und es nicht so voll auf dem Wasser ist, sodass ich mich besser konzentrieren kann. Ich nehme das Training auf dem Wasser jetzt etwas ernster.
Ich versuche morgens nach einem guten Frühstück in einer einstündigen Session alle meine Sprünge in den Kasten zu kriegen. Wenn ich alles abgehakt habe, komme ich rein und mache eine lange Mittagspause. Am Nachmittag oder Abend gehe ich dann noch mal etwas länger raus, so bis zu zwei Stunden, und probiere auch mal was Neues auf der Welle beispielsweise.
Ja, die Windsurfkarriere steht aktuell zu Einhundertprozent im Fokus. Ich möchte mich so viel wie möglich verbessern und eines Tages die Weltmeisterkrone tragen.
Bereits mit sieben Jahren hat mein Vater mich aufs Brett gestellt. Mit elf Jahren habe ich begonnen, in den Junior-Kategorien anzutreten. Zwischendurch gab es mal eine kurze Zeit, in der ich nicht so motiviert war. Mein Vater meinte damals nur: „Wenn du keinen Bock hast, mit zum Strand zu kommen, bleib halt zu Hause.“ Er hat mich nie gezwungen, doch er wusste, dass ich mich zu Hause langweilen werde und am nächsten Tag wieder dabei bin (lacht). Mit 17 habe ich begonnen, meine Karriere ernster zu nehmen und seitdem gebe ich alles.
Der Move fiel mir echt nicht schwer. Vorletzten Sommer war ich mit eine paar Freunden in Pozo draußen und ich meinte: Heute setze ich zum Push Forward an. Sie sagten, dass ich nicht den Mumm dazu hätte. Und dann habe ich es ihnen gezeigt (lacht). Beim allerersten Versuch landete ich relativ harmlos auf dem Rücken. Am nächsten windigen Tag habe ich ein paar gestanden. Zu der Zeit konnte ich noch nicht einmal den Double Forward.
Ein bisschen länger, muss ich sagen. Der fiel mir zu Beginn nicht so leicht. Doch eines morgens habe ich einen sauberen gestanden – noch am selben Abend habe ich zum Stalled Double angesetzt. Ich dachte, dass kann doch nicht so viel schwerer sein. Ich habe mich einfach so hoch wie es geht rausgeschossen, zweimal dichtgezogen und bin gelandet (lacht).
Ja, ich trainiere am meisten mit Liam. Er wohnt direkt nebenan und nimmt seine Karriere genauso ernst wie ich. Wir reisen auch meistens zusammen und haben insgesamt eine gute Zeit gemeinsam.
Ich surfe allgemein gerne mit der jüngeren Generation um Takuma Sugi, Jake Schettewi, Miguel Chapuis und Julian Salmonn. Julian ist auch einer meiner besten Freunde, immer wenn er nach Gran Canaria kommt, wohnt er bei mir zu Hause und wir surfen zusammen.
Als ich im Halbfinale gegen Ricardo Campello gewann, war ich bereits wahnsinnig begeistert. Ich konnte es kaum glauben. Ich wusste, dass ich mir dadurch einen sicheren Podiumsplatz geholt hatte, egal was in der Rückrunde passiert. Am Strand bin ich beinahe in Tränen ausgebrochen. Auf dem Wasser war ich somit anschließend ziemlich relaxed und habe es einfach nur genossen, mein erstes Finale gegen einen Fahrer wie Brawzinho zu bestreiten. Ich habe sogar einen Pushforward gestanden, der mit einer perfekten Zehn bewertet wurde. Wie sollte ich da enttäuscht sein? Obwohl, na ja, ich war schon ein wenig verärgert, als ich erfahren habe, wie knapp es war und dass ich genauso gut hätte gewinnen können. Aber wie gesagt, ich war so überwältigt davon, auf dem Podium zu stehen, da war keine Zeit, sich zu ärgern. Die Motivation war anschließend höher als je zuvor. In der Rückrunde habe ich dann sogar das erste Finale gegen Brawzinho gewonnen, im Superfinale hat er mich dann jedoch wieder geschlagen.
Ja, Ricardo hat mir früher sehr viel geholfen. Er hat mir als Junior von allen Profis die meiste Aufmerksamkeit geschenkt und ausgeholfen, wo er nur konnte. Er hat mir sogar seine kleinen Bretter und Segel gegeben, als ich noch keine Sponsoren hatte. Dafür werde ich ihm für immer dankbar sein.
Am ersten Tag, in der Single Elimination, bin ich den ganzen Tag mein 3.4er-Segel gefahren, es war so windig, ich habe nicht einmal daran gedacht, auf 3.7 zu wechseln. Am Ende der Woche, in der Rückrunde, war der Wind ein wenig schwächer. Da bin ich zuerst 3.7 und dann 4.0 gefahren. Mein Standard Pozo Board dazu hat 74 Liter. Ich fahre in Pozo keine Customs, sondern nur Serienbretter. Damit komme ich super klar.
Mittlerweile schon sieben Jahre. Ich habe eine sehr gute Beziehung zu Francisco und Lalo Goya. Das sind einfach coole Typen, die Windsurfen lieben und leben. Ich bin sehr froh, in ihrem Team zu sein. Sie helfen mir so viel es geht, zum Beispiel auch auf Maui letzten Winter.
Ich habe viel gelernt, sagen wir es so. Über Boards, über Hookipa, und ich habe gelernt, ein bisschen besser bei Wind von rechts zu surfen (lacht). Zudem habe ich viele neue Freundschaften geschlossen. Es war insgesamt ein richtig cooler Trip, mit guten Wellen und coolen Leuten.
(Überlegt nicht lange) Springen mag ich lieber! Das heißt aber nicht, dass ich keinen Spaß am Wellenabreiten habe. Ich möchte in Zukunft nicht nur als Pozo-Spezialist gelten, sondern ein guter Allrounder werden. Daher arbeite ich aktuell an meinen Wellenritten und trainiere, wenn es geht, auch bei Wind von rechts.
Ja, auf jeden Fall! Bei dem Event Anfang des Jahres in Chile, habe ich so verdammt knapp das Finale verpasst. Das hat mich so sehr geärgert. Ich weiß, dass ich noch mehr in Offshore-Bedingungen trainieren muss. Ich habe mir geschworen, dass das nicht noch mal passieren wird.
Die Mischung macht’s. Ich bin zwar gerne auf Reisen, aber auch genauso gerne wieder zu Hause. Ich verbringe auf Gran Canaria viel Zeit mit meiner Familie, unserem Hund und meinen Freunden. Das vermisse ich, wenn ich unterwegs bin. Als ich während der Pandemie zu Hause bleiben musste, war das für mich keineswegs schlimm, da ich so viele schöne Sachen zu tun hatte.
Mein Vater hilft mir einfach immer und überall und ist einer meiner besten Freunde.
Da bin ich hoffentlich bereits Weltmeister in der Welle oder zumindest einer der Top-Fahrer, die um den Titel kämpfen – in allen Bedingungen, nicht nur in Pozo.