SURF Redaktion
· 01.06.2025
Der World Cup in Chile ist das erste 5-Sterne-Event der Saison und bei vielen Fahrern der beliebteste Tourstopp im Kalender. Jeder, der einmal dort war, ist begeistert und strahlt, wenn er von den traumhaften Bedingungen in Matanzas und Topocalma berichtet. Ursprünglich stand der Saisonauftakt in Chile gar nicht auf meinem Jahresplan, da die Reisekosten ziemlich hoch sind. Doch nachdem ich von vielen Teilnehmern in der U21-Wertung gehört hatte, dass sie nach Chile fliegen werden, war für mich klar: Diese Chance darf ich mir nicht entgehen lassen. Die Entscheidung war gefallen – und im Nachhinein hat sie sich als sehr, sehr lohnend erwiesen.
Knapp dreieinhalb Wochen vor dem Start des Contests begann meine Reise am Hamburger Flughafen, zusammen mit Maria Behrens. Sie hatte sich nach einer Verletzungspause kurzfristig entschieden, auch nach Chile zu fliegen. Nach einem kurzen Zwischenstopp in Paris mit Croissant und Kaffee ging es auf den 14-stündigen Flug nach Santiago de Chile. Dort wurden wir von unserem Mitbewohner Gregory abgeholt und nach Matanzas gebracht. Die Fahrt durch die chilenische Landschaft war bereits das erste große Highlight. Über zweieinhalb Stunden fuhren wir über hügelige Landstraßen, vorbei an kleinen Orten und über Sand- und Schotterwege bis nach Matanzas, wo wir von Valters Videnieks aus Lettland und dem Dänen Tobias Bjørnaa in einem kleinen Haus am Hang empfangen wurden.
In Matanzas gibt es nicht viel: einen Minimarkt, zwei kleine Hotels und einige Häuser am Hang. Für jeden Surfbegeisterten ist es jedoch ein Paradies. Während unseres Aufenthalts gab es keinen einzigen Tag ohne Wellen. Dass wir in den ersten Tagen noch auf den Wind warten mussten, war also halb so schlimm. Mit Wellenreiten, Surf-Foiling und Volleyball am Strand vergingen die windfreien Tage schnell.
Bereits die Vorhersage zeigte, dass der erste windige Tag schon gleich einen großen Südwest-Swell bringen würde. Der Einstieg in die schnelle Welle von Matanzas war also nicht ganz einfach. Mit großer Euphorie machten wir uns morgens auf den Weg zum Strand, um so schnell wie möglich ins Wasser zu kommen. Mit dem 4,7er-Segel ging es bei leichtem Wind zum ersten Mal aufs Wasser. Die Bedingungen in Matanzas waren anspruchsvoller als alles, was ich bisher gefahren bin. Wenig Druck im Segel und masthohe Wellen waren für mich, der eher an Onshore Waveriding und Springen gewöhnt ist, etwas ganz Neues. Umso mehr Spaß hat es gemacht, sich in den großen Wellen zurechtzufinden und sich ans Limit heranzutasten.
Die Stimmung beim World Cup war von Anfang bis Ende unglaublich. Die lokalen Organisatoren haben das zweiwöchige Event nicht nur sportlich top organisiert, sondern auch ein vielfältiges Programm für die windfreien Tage auf die Beine gestellt. Zu Beginn die Eröffnungsfeier mit Livemusik und „Cueca“, dem chilenischen Nationaltanz, und Bootstour durch das nahe gelegene Flussbett. Zwischendrin Treffen und Austausch mit Kindern einer nahen Schule und viele Zusammentreffen an den Abenden. Zum Schluss dann eine gelungene Siegerehrung mit Afterparty im Hotel Surazo. Am ersten Tag mit Wind starteten wir mit den ersten zwei Runden der Men Challenger – der Qualifikation für das Hauptfeld. Ich war im ersten Heat und musste somit immer startbereit sein. Als es dann das Go gab, war der Wind noch am unteren Limit. Die Wellen waren an diesem Tag ebenfalls nicht besonders hoch, was die Bedingungen nicht gerade einfach machte. Mit zwei soliden Wellen landete ich auf Platz zwei und qualifizierte mich somit direkt für die dritte Runde.
Am Tag darauf bekamen wir früh die Nachricht, dass es mit den Challengern in Topocalma weitergehen würde. Für uns eine unerwartete Entscheidung, da im Vorhinein nicht kommuniziert wurde, dass das Event auch an einen anderen Platz verschoben werden kann. Wir haben dementsprechend also auch nur in Matanzas trainiert und waren noch nie in Topocalma auf dem Wasser gewesen. So richtig glücklich waren wir mit der Entscheidung also nicht. Dass es sich später noch auszahlen würde, wussten wir aber nicht.
Die Bedingungen in Topocalma waren ganz anders als in Matanzas. Wind, der im Vergleich zu Matanzas eher ablandig weht, und eine nahezu perfekte Welle machen den Spot jedoch zu etwas ganz Besonderem. Ohne auch nur einmal dort gefahren zu sein, war es allerdings schwer, gegen die vielen Einheimischen in der Qualifikation zu bestehen. Somit war für mich dann in der dritten Runde Schluss. Trotzdem ein Tag, von dem ich viel lernen und mitnehmen konnte, besonders von der Sunset Session, nachdem die Quali beendet waren. Eine der besten Sessions des Trips, die mich gut auf die U21-Heats vorbereitet hat, die später ebenfalls in Topocalma stattfinden würden.
Nachdem in den folgenden Tagen die Frauen und Männer in Matanzas gefahren sind, waren wir dann endlich auch mit der U21-Kategorie dran. Aufgrund der schlechten Windvorhersage für Matanzas sollten alle Junior-Kategorien sowie die Finale der Männer und Frauen in Topocalma stattfinden. Auch an diesem Tag bot uns der Spot wieder unglaublich saubere Wellen und guten Wind. Gestartet wurde direkt mit den ersten Heats der U21. In den 17-minütigen Heats sollten die jeweils besten zwei Wellen in die Wertung eingehen. Ich kam gut in meinen ersten Heat rein und hatte mit mehreren soliden Wellen über lange Zeit die Führung, bis Kymani Laurent, einer der Favoriten für den Titel, in der letzten Minute durch eine großartige Welle mit einem Wave 360 den Heat für sich entscheiden konnte. Das bedeutete für mich, dass ich in der Redemption-Runde, einer Art Hoffnungslauf, für einen Platz im Finale kämpfen musste. Nicht der beste Start, aber trotzdem immer noch alles möglich.
In der Redemption-Runde lief es dann schon deutlich besser. Mit einer besseren Wellenauswahl gelangen mir zwei guten Wellenritte, die mir den Einzug ins Finale sicherten. Dort ging es dann gegen Tobias Bjørnaa, Kymani Laurent und Jake Ghiretti um den Sieg. Im Finale lief schließlich alles nach Plan. Nach zwei sicheren Wellen zu Beginn, die mir schon gute Punkte brachten, konnte ich ein bisschen mehr Risiko eingehen, was bei den Judges immer belohnt wird. So gelang mir die beste Welle des Heats mit vielen Turns in der Section und einem hohen Aerial, für die es 7,8 Punkte gab. Damit sicherte ich mir mit einem halben Punkt Vorsprung auf Kymani den Sieg. Für mich war das der erste Sieg in der U21-Kategorie und damit etwas ganz Besonderes. Der krönende Abschluss eines sensationellen Trips.
Die Bedingungen, die Landschaft und die Leute haben die drei Wochen zu einem unvergesslichen Aufenthalt gemacht. Ich werde im nächsten Jahr auf jeden Fall wiederkommen. Jetzt beginnt für mich erst mal die Vorbereitung auf die nächsten beiden World Cups auf Gran Canaria und Teneriffa. Dort werde ich dann die Sommermonate verbringen und viel trainieren. Mein Ziel ist, dieses Jahr den U21-Weltmeistertitel zu gewinnen. Der erste Platz in Chile war dafür schon mal der perfekte Start in die Saison.
Text: Anton Richter