Philip Köster im Interview„Der Pushloop into Doppelloop ist einfacher als ein Tripleloop“

Philip Köster ist nach seiner Fußverletzung wieder da!
Foto: Samuel Tome
Der Fuß ist wieder fit, das Ziel ist klar: Philip Köster will nach seiner Verletzungspause wieder ganz vorne mitfahren. Kurz vor seinem 30. Geburtstag wirkt Köster locker wie selten und plaudert mit uns über seine Familie, fehlgeschlagenes Mental-Training und warum er einmal mit acht leeren Boardbags nach Hause flog.

Bist du nach deiner Fuß-OP wieder hundertprozentig fit?

Ja, der Fuß ist wieder perfekt, finde ich. Letzte Woche war ich in Japan, da habe ich schon mal getestet, ob es geht. Ob ich überhaupt den Wettkampf (PWA/IWT-World Cup Omaezaki ab dem 19. Februar, Anm. d. Red.) mitmachen kann. Am ersten Tag tat es ein bisschen weh, vielleicht auch von der ganzen Fliegerei. Aber die nächsten Tage lief es eigentlich sehr gut, es gab keine Schwellungen mehr, und es hat wieder Spaß gemacht!

Das heißt, du bist gezielt an den World Cup-Spot Omaezaki gefahren, um da vor Ort zu trainieren?

Genau. Ich habe niemandem Bescheid gesagt, dass ich nach Japan fliege, weil ich alleine surfen und den Fuß testen wollte. Auf Gran Canaria war leider kein Wind, und für Japan war die Vorhersage gut. Ich konnte jeden Tag drei bis vier Stunden aufs Wasser!

Sind da an dem Spot auch viele Locals, gibt es da eine gute Windsurf-Szene?

In Japan gibt es eine sehr gute Windsurf-Szene. Einige von den Locals können auch Englisch, ansonsten hab ich mein Handy zum Übersetzen. Das Essen geht die ersten Tage auch ganz gut, aber so nach fünf, sechs Tagen ist es dann genug (lacht).

Kennen dich die Locals dort?

Ich kenne auch schon einige, ich war ja schon viermal dort zum Surfen. Deswegen kannte ich die Ecke schon ein bisschen und es war nichts Neues. Okay, es war sehr kalt, um diese Jahreszeit so acht bis vier Grad Lufttemperatur. Für mich ist das sehr kalt (lacht), so dass ich mit einem dicken Neo mit Haube, Handschuhen und Schuhen gefahren bin. Das ist schon anders.

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Wie hast du nach der Verletzung deine Reha gemacht, komplett auf Gran Canaria oder warst du auch in Salzburg (Reha-Zentrum von Red Bull, Anm. d. Red.) ?

Erstmal war ich in Salzburg, dort wurde auch die Diagnose gestellt. Nach der OP haben sie sich dann den Fuß angeschaut und ich habe dort viel mit den Sport-Physios trainiert. Und die letzten Sachen habe ich dann auf Gran Canaria gemacht. Jeden Tag beim Physio ist schon anstrengend (lacht).

Reha bei Red Bull in SalzburgFoto: privatReha bei Red Bull in Salzburg

Du hast auch ein bisschen Gewicht verloren, oder?

Ja, leider noch nicht genug. (lacht) Aber das musste ich leider machen, weil viele Events nur wenig Wind haben. Und bei den Japanern und vor allem auf Maui ist es sonst schwierig mitzuhalten. Letztes Jahr in Chile war ich, glaube ich, bei 102 oder 103 Kilo, jetzt bin ich bei 92 bis 93. Das ist schon mal besser.

Wie hast du das erreicht, hast du Diät gemacht?

Einfach weniger gegessen. Das ist das Einzige, was man machen kann. Weniger essen, mehr Sport, sehr viel schwimmen, viel Fahrrad fahren, sogar laufen. Ja, sogar laufen. (lacht) Schwimmen war ich dann meistens im Meer, so zwei bis drei Kilometer, das bringt schon Spaß! Und jetzt bekomme ich nächste Woche ein Rennrad, das nehme ich auch dann zu den Events mit. Bei acht Boardbags ist das egal, ob da noch was dazukommt.

Du fliegst mit acht Boardbags nach Japan?

Ja, zum World Cup schon. Ich nehme alles doppelt und dreifach mit, denn es gibt nichts Blöderes, als wenn dir ein Brett bricht und du hast keinen adäquaten Ersatz. Letztes Jahr in Fiji hatte ich auch acht Bags mit, aber ich habe alle Fußschlaufen vergessen. Die hab ich mir dann von Ricardo und Victor geliehen, denn es gibt auf Fiji keine Surfshops, der nächste wäre in Sydney. Ich hab da sogar kurz nach Flügen geschaut… Jetzt muss ich halt immer eine Liste machen und abhaken.

Wie ist das mit der Tour dieses Jahr? Hast du einen festen Plan, welche Events du mitfahren möchtest? Oder machst du es relativ spontan?

Eigentlich sind alle Events auf meinem Plan. Je mehr Events, desto besser, finde ich. Klar, mit Familie ist es schon schwierig, manchmal können sie aber mitkommen. Aber fürs Ranking muss man eigentlich alle mitmachen. Vielleicht haben wir sogar mal einen Streicher, was auch mal schön wäre. Es ändert sich schon einiges jetzt auf der Tour.

Wenn du Bilder oder Videos mit deiner Familie postest, wirkt ihr immer wie ein kleines Familienunternehmen…

Sind wir ja auch, wir reisen auch viel zusammen! Wenn wir nach Maui fliegen, dann sind sie auch immer happy dabei. Oder Australien, also das bringt ihnen schon Spaß. Und sie versteht auch, dass es mein Job ist. Manca arbeitet von Gran Canaria aus remote für die Firma ihres Vaters, das klappt ziemlich gut!

Und deine Frau macht tolle Bilder und Videos von dir!

Ja, ihr Vater ist Fotograf. Gutes Foto-Equipment hatte sie schon, dazu noch viele Tipps bekommen!

Hast du auch vor, irgendwann mal Slalom zu fahren?

Mit so vielen Wave-Events ist das schwierig. Und ich warte noch auf ein Severne-Slalomboard. Ab und zu fahre ich aber mal Slalom, das bringt schon Spaß. Aber es bedeutet auch viel Training, viel Testen, viele Kleinigkeiten, tausende Masten ausprobieren. Nicht so wie beim Wave-Riding, einfach nur ein Segel, ein Mast.

Hast du da auch das Thema, dass du verschiedene Masten testest?

Okay, Masten habe ich jetzt schon seit Jahren nicht mehr getestet. Ich fahre nicht die 100-prozentigen, sondern die 90-prozentigen. Die wiegen ein bisschen mehr, aber sie sind halt sicherer. Segel und Boards teste ich natürlich auch, mit der Verletzung konnte zuletzt aber nicht so viel machen. Nur mal nur zuschauen und sagen, was ich ein bisschen anders haben möchte.

Und iQFoil, hast du da mal drüber nachgedacht?

Nachgedacht ja. Von der Statur würde das wahrscheinlich relativ gut passen, zum Foilen ist es ja gut, wenn man ein bisschen schwerer ist, dann muss ich nicht abnehmen (lacht). Mal schauen, mal schauen. Ich habe ja noch ein bisschen Zeit. 2028 sind die Olympischen Spiele in Los Angeles. Mit 34 geht das.

Zurück zu dieser Saison, gibt es einen neuen Move von dir?

Neue Moves im Moment nicht, vielleicht ein paar Kleinigkeiten beim Wellenabreiten

Wen siehst du dieses Jahr so als Favoriten?

Marcilio Browne und Ricardo, wenn er weiter fährt. Und Marc Paré auf jeden Fall. Bei Marino dauert es noch ein bisschen, glaube ich.

Auf dem Fahrermarkt ist ja grade viel Bewegung, aber Du bist weiterhin fest bei Severne?

Genau. Das bringt mir am meisten Spaß und ist auch am entspanntesten. Ben Severne will eigentlich nur surfen. Er ist ja auch sehr fokussiert auf Windsurf-Equipment und macht nichts, was aufblasbar ist. Auch wenn ich mal verliere, ist das kein Problem.

Steht ihr in ständigem Austausch?

Wenn er antwortet, ja. Ab und zu schaltet er alles ab und ist für niemanden zu erreichen. Und dann plötzlich sagt er, Mauritius sieht gut aus, lass uns mal hinfliegen. Das passiert schon.

Fährst du denn normale Serienbords oder Prototypen?

Für Pozo, Sylt und die anderen Onshore-Events nutze ich Serienboards. Und für Fiji und Maui habe ich jetzt ein paar Customs zum ausprobieren. Diese Events sind sehr speziell, man muss überhaupt nicht springen. Darum müssen auch die Boards anders sein. In den letzten Jahren habe ich wirklich nur Serienbretter gefahren, und es lief super. Da musste ich nichts ändern. Ich hatte immer das gleiche Board, Egal, ob ich jetzt gegen Stein gefahren bin und die Finbox rausgehauen habe, es lag immer das gleiche am Strand. War perfekt für den Wettkampf.

Und da hast du dann deinen Caddy Jorge…

Ja, auf den kann ich mich sehr gut verlassen. Manchmal fährt er auch mit bei den Events, wie etwa auf Fiji, der surft richtig gut. Es ist schon wichtig, jemanden am Strand zu haben. Man verliert Zeit, wenn man was kaputt macht. Aber wenn man dort einen Caddy hat, dann dauert der Tausch keine zwei Minuten, sondern nur 20 Sekunden. Wenn du langsam wechselst, dann verlierst du einen Schlag im Heat. Wenn der am Ende fehlt, ist das scheiße. Und in den letzten Jahren gab es nur drei Events, da war jeder Heat wichtig.

Caddy Jorge ist ein wichtiger Faktor für den ErfolgFoto: pwaworldtour.com/CarterCaddy Jorge ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg

Du hast eben gesagt, dass du für Fiji und Maui spezielle Boards bekommst. Wie groß sind die dann?

Maximum 100 bis 105 Liter, ich habe ja abgenommen. Hoffentlich bleibt das so. Das sind etwas längere Boards, um mehr Wellen zu erwischen. Das ist schon wichtig für Fiji. Springen muss ich damit ja nicht, viel halten müssen sie auch nicht, deswegen können die schön leicht sein. Ich habe alles auch doppelt und dreifach dabei, da geht sehr viel kaputt. Das erste Jahr, als ich da hingeflogen bin mit Scott McKercher, habe ich alles kaputt gemacht und bin nur mit den eingerollten Boardbags zurückgeflogen.

Wie ist das bei dir, wenn du im Wettkampf bist? Bist du mental im Tunnel? Oder hast du Sachen, die dir bei der Konzentration helfen, hörst du beispielsweise Musik?

Musik höre ich nie. Ich bin nicht der, der mit Kopfhörern am Strand ist. Eigentlich brauche ich nur Ruhe. Ich bin dann schon fokussiert. Dann gehe ich einfach ins Wasser. Ich weiß, was ich trainiert habe. Ich weiß, was ich machen kann. Ich verlasse mich drauf.

Hast du einen Gameplan in deine Heats?

Immer erst die Sprünge. Wellen finden ist schwieriger als Sprünge. Und in einem Schlag kann ich drei Sprünge machen. Das geht schon einfacher.

Du hast offenbar auch die Taktik, hinter deinem Gegner herzufahren…

Ja, es ist gut zu wissen, was der andere gemacht hat. Wenn man Marcilio Browne im Heat hat oder Ricardo, dann hilft es zu sehen, ob der einen sehr hohen Doppelloop gemacht hat oder einen perfekten Push-to-forward. Dann weiß man auch, was man selber braucht, ob ein normaler Doppelloop reicht, oder ein verzögerter, oder ein Tabletop-Doppelloop.

Machst du Mental-Training, um dich auf solche Situationen vorzubereiten? Oder auch, um nach der Verletzung wieder zurückzukommen?

Sie haben es versucht in Österreich, Mental-Training mit mir zu machen (lacht). Schwierig. Ich fühle mich sehr gut, eine Stunde lang darüber zu reden, wie ich mich vorbereite, ist dann eher komisch, finde ich. Ich habe meinen eigenen Plan. Ich weiß, was ich kann. Bis wohin ich im Wettkampf gehen kann. Bis jetzt hat es immer sehr gut geklappt. Bis jetzt brauche ich noch keine Hilfe. Aber vielleicht irgendwann mal.

Hilft es dir zu wissen, dass schon mal nach einer schweren Verletzung zurückgekommen und wieder Weltmeister geworden bist?

Ja, es hilft schon. Am Anfang der Verletzung ist man ein bisschen negativ eingestellt, das ist normal, denke ich. Die erste Zeit hab ich auch nicht trainiert oder Physiotherapie gemacht, da hatte ich einfach keine Motivation. Aber dann klickt es meistens. Dann fange ich an und trainiere jeden Tag. Es braucht immer seine Zeit, um das alles zu verstehen und mit der Verletzung klar zu kommen. Dann kann ich erst anfangen.

2016 zog sich Köster eine schwere Knierverletzung zu - und wurde 2017 gleich wieder WeltmeisterFoto: privat2016 zog sich Köster eine schwere Knierverletzung zu - und wurde 2017 gleich wieder Weltmeister

Ist das jetzt mit Familie im Hintergrund anders als damals mit dem Knie?

Ich kann nicht so viel helfen zu Hause, ich lieg immer nur auf dem Sofa (lacht). Verletzungen sind schon doof, das dauert sehr lange, aber mit dem Knie habe ich es auch gut hingekommen. Man gewöhnt sich dran, auch wenn man es eigentlich nicht möchte.

Warst du bei den ersten Sessions noch ein bisschen zurückhaltend?

Ja, auf jeden Fall. Bei der ersten Session habe ich mich erst mal rankasten müssen. Und dann habe ich mich so langsam wieder aufgebaut. Dann habe ich schon ein Doppelloop von rechts gemacht. Inzwischen geht schon wieder alles.

Trainierst du eigentlich von beiden Seiten?

Meistens immer von links. Deswegen bin ich erst mal nach Japan gefahren, um zu schauen, wie es bei Wind von rechts läuft. Ich muss wirklich noch ein bisschen trainieren. Aber es wird nie wie Wind von links sein. Ich versuche, dass es so gut wie möglich ist.

Aber du kannst alle Moves auf beiden Seiten?

Nicht alle. Push Forwards noch nicht. Ich hatte noch nie die Chance, das auszuprobieren.

Und bei Wind von links kommt dann bald der Pushloop into Doubleloop?

Das hab ich schon ausprobiert, ja. Ich glaube, das geht noch eher als ein Tripleloop. Dabei kriegst du für die dritte Rotation kriegst du keinen Impuls mehr, es wird einfach zu langsam. Ich werde es trotzdem noch ausprobieren. Aber Push double ist glaube ich einfacher. Es war lustig, den normalen Puhloop Forward mal überzurotieren. Da dachte ich „Oh wow, das geht ja doch.“ Das Problem ist, man braucht immer die perfekten Bedingungen. Sehr starken Wind, große Wellen. Die hat man halt nur ein paar Mal im Jahr.

Was ist eine ideale Größe für dich dann? So in etwa 4,2 oder 4,0?

4,2 und drei Meter Welle, wenn es geht. Das ist auch in Pozo nicht jeden Tag. Ganz hoch und dann Vollgas runter. Und nicht dran denken, dass Wasser wehtut.

Du warst auch mal im Wing eine Zeit lang aktiv, oder?

Das war ich, ja. Ich war von Takun gesponsert, hatte sogar mein eigenes Board. Aber ich bin nicht so der Winger, muss ich sagen. Ich hatte Spaß auf Flachwasser und kleine Wellen abzureiten, aber das ganze Springen war nicht so meins. Das letzte Mal, als ich auf dem Board war, war vor acht Monaten. Das Schlimmste für mich wäre eine Verletzung vom Wing und dann kann ich nicht mehr windsurfen. Das kann ich mir dieses Jahr nicht leisten.

Über Ziele müssen wir nicht sprechen, oder?

Ja, klar. Ich versuche mein Bestes.


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