Regeln sind Regeln – so die überwiegende Meinung im Fahrerlager der PWA nach der tragischen Disqualifikation von Johan Søe beim Saisonfinale in Japan, die den jungen Dänen den Weltmeister-Titel im Slalom kostete. Seine Segel wichen allzu deutlich von der Serienspezifikation ab und waren nachträglich modifiziert – laut PWA-Regeln ein absolutes No-Go.
Selbstverständlich gab es nach so einer spektakulären Disqualifikation sehr viele Gerüchte und Spekulationen. Deshalb haben wir bei Rich Page, dem Tour-Manager der PWA, nachgefragt, welche Regeln die Teilnehmer und Hersteller im Worldcup berücksichtigen müssen.
Rich Page: Freestyle wird auch mit Produktionsmaterial gefahren, aber mit einer fortlaufenden Registrierung, da es bei den Regeln mehr um Kostenreduzierung als um Leistungsvorteile geht, die es beim Freestyle im Vergleich zum Slalom nicht in gleicher Weise gibt. In der Disziplin Wave kann Custom-Equipment verwenden werden, aber die meisten Worldcupper fahren immer noch mit Serienmaterial.
Ja, die Hersteller müssen in allen Disziplinen Mitglied sein. Das gilt auch für reine Wave-Marken.
Das Slalommaterial wird am Ende des Jahres vor der Saison, in der sie verwendet werden soll, registriert. Der Stichtag für Segel ist in der Regel der 31. Oktober und für Boards und Foils ist es der 15. Dezember. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Vorlaufzeiten für die Produktion von Brettern länger sind als die von Segeln.
Nein, jede Marke kann so viele Modelle und Größen anmelden, wie sie möchten, so lange sie innerhalb der physikalischen Grenzen der Regeln liegen.
Im Jahr 2023 durften die Teilnehmer sechs Segel und drei Bretter sowie einen Satz Foilkomponenten, bestehend aus einem Mast, zwei Fuselages, zwei vorderen und zwei hinteren Flügeln, anmelden.
Das Material wird bei der ersten Veranstaltung der Saison, an der ein Teilnehmer teilnimmt, registriert. Wenn möglich, wird das Material gekennzeichnet und gestempelt.
Der Austausch von gleichem Material ist zwischen den Veranstaltungen erlaubt. Während einer Veranstaltung kann Equipment nur mit Genehmigung der Jury ausgetauscht werden.
Ein Board, Foil oder Segel kann angepasst werden, wenn es außerhalb der Spezifikation liegt. Das kann bei der Serienproduktion passieren. Aber es muss danach immer die vom Hersteller registrierte Spezifikation innerhalb der Toleranz erfüllen, sonst wird es als illegal betrachtet.
So detailliert wie die Fertigungsentwürfe und -verfahren, die uns die Hersteller vorlegen müssen.
Die Kontrollen sind stichprobenartig und können jederzeit erfolgen. Die Ausrüstung kann nach einer Regatta durch einfache Begutachtung überprüft werden, um festzustellen, ob es sich um denselben Artikel handelt, der registriert wurde, oder es können bei einer Veranstaltung detailliertere Messungen bei den Topfahrern vorgenommen werden.
Es gibt festgelegte Toleranzen, die für verschiedene Artikel und Spezifikationen variieren. Diese werden mit der Industrie vereinbart und beinhalten die Rückmeldungen von den großen Fabriken.
Wenn die Jury von einem möglichen Verstoß erfährt – sei es, dass sie selbst etwas sehen, andere Mitarbeiter etwas beobachten oder ein Wettbewerber sie informiert – kann sie beschließen, den betreffenden Gegenstand zu kontrollieren. Alternativ werden Stichprobenkontrollen wie zuvor beschrieben durchgeführt.
Wir können nicht jeden Artikel kontrollieren, das würde die Kosten für die Veranstaltungen in die Höhe treiben und dem Sport insgesamt schaden, da dadurch dann weniger Veranstaltungen möglich wären. Die Teilnehmer haben die Verantwortung, sicherzustellen, dass ihre Ausrüstung korrekt ist. Jeder, der Material benutzt oder benutzt hat, das nicht den Vorschriften entspricht, muss mit empfindlichen Strafen rechnen, die abschreckend wirken sollen.
Es wäre viel einfacher für uns, aber es würde den Sport finanziell lähmen und bedeuten, dass der reichste Surfer gewinnt. Früher hatten einige Top-Fahrer über 20 maßgefertigte Slalomboards und dazu passende Segel, das ist heute nicht mehr tragbar. Wenn wir wieder zu Custom-Made-Material zurückkehren würden, gäbe es wahrscheinlich nur ein oder zwei Fahrer pro Team mit einem maßgeschneiderten Budget und vielleicht aus Kostengründen keine anderen Teilnehmer mehr. Und wahrscheinlich wäre es für alle anderen extrem schwer bis unmöglich, mit den voll gesponserten Fahrern mitzuhalten. So würden wir mit einer unglaublich elitären Tour enden, an der nur die allerwenigsten teilnehmen könnten. Die Möglichkeiten für talentierte, junge Fahrer wie Will McMillan oder Johan Søe wären unglaublich begrenzt
Welche Daten liefern die Hersteller der PWA für die alljährliche Registrierung des Serienmaterials? Robert Stroj, Segeldesigner bei NeilPryde und Industrievertreter in der PWA hat uns die Daten des 2022er Slalomsegels von NeilPryde zur Verfügung gestellt und erklärt die Tabellen und Zeichnungen.
„Die Excel-Tabelle zeigt die aktuellen Maße, die wir vor Beginn der Saison an die PWA übermitteln (die Frist war der 15. Dezember 2022 für die Saison 2023 und wird auch für die Saison 2024 der 15. Dezember 2023 sein). Die zweite Abbildung ist eine PDF-Zeichnung, die erklärt, wie diese Messungen durchgeführt werden. Sie zeigt ein 8-Latten-Segel, aber ein 7-Latten-Segel wird auf die gleiche Weise gemessen, nur dass die letzte Zeile der Daten übersprungen wird.
Es gibt eine Toleranz von 0,35 %, um Produktionstoleranzen, eventuelle Dehnungen und mögliche Toleranzen bei den Messungen zu berücksichtigen. Dies erlaubt in der Praxis eine Toleranz von +/-7 mm bei einer zwei Meter langen Lattentasche oder +/-3,5 mm bei einem ein Meter langen Achterliek-Lattenabstand.
So weit die Regeln der PWA. Wir haben Michele Becker, den besten Deutschen im Slalom-Worldcup gefragt, wie er in seiner ersten kompletten Saison auf der Tour die Kontrollen der PWA erlebt hat.
„Die PWA hat während der ganzen Saison unser Material stichprobenartig kontrolliert. Entweder geschah dies an windlosen Tagen während des Events wie zum Beispiel am Gardasee, aber auch manchmal unmittelbar, wenn man von einem Finale zurück an Land kam. Es wurde kontrolliert, dass man nur angemeldete Sachen gefahren ist. Dabei wird natürlich hauptsächlich auf die Artikelbezeichnung der Hersteller vertraut, sodass nicht jedes Mal alles nachgemessen wird. Das passiert dann nur, wenn zum Beispiel beim Foil die Aufdrucke abgeschliffen sind oder wenn anderweitig Zweifel aufkommen, dass das Serienmaterial verändert wurde. So wie ich das von vielen gehört habe, ist es aber zum Glück wirklich selten, dass so ein Regelverstoß vorkommt.“