Inwiefern?
Das stimmt (lacht). Ich habe das Glück, dass ich in Heidkate an der Ostsee aufwachsen durfte. Um ans Wasser zu kommen, brauche ich noch nicht mal ein Fahrrad, bis zur Wasserkante sind es nur 150 Meter. Somit kann ich tatsächlich im Garten aufbauen und mein Zeug schnell an den Strand tragen. Was meinen Windsurf-Werdegang angeht, war’s bei mir der klassische Weg: Mein Vater ist angefressener Windsurfer, das erste Mal auf dem Board stand ich schon mit acht Jahren, da hat es allerdings noch nicht so gezündet. Aber mein Dad hat nicht locker gelassen und das war gut so.
2020 gab’s die ersten Prototypen des Techno Wind Foil, einer neuen Einheitsklasse für Jugendliche. Da mein Vater beim Vertreiber Choppy Water, die ja auch den Deutschen Windsurf Cup organisieren, arbeitet, hatte ich da einen guten Zugang und habe es erstmals ausprobiert. Meine erste Foil-Session hatte ich mit einen 5,5er Segel bei eigentlich viel zu wenig Wind. Ich bin an diesem Tag noch nicht ins Fliegen gekommen, aber es gab kurze Momente, da habe ich den Auftrieb des Foils gespürt und das war absolut faszinierend. Foilen hat mich sofort gekriegt! Auch die ganze Technik dahinter fasziniert mich total. Das Tuning, die Profile, Beschichtungen und Materialien der Flügel, das ist total spannend.
Als ich den Auftrieb des Foils das erste Mal gespürt habe, war es schon um mich geschehen
Ich war als Jugendlicher im Kids Camp bei Vincent Langer. 2021 war gerade die Techno Wind Foil Class neu gegründet worden, bei der alle mit dem gleichen Material starten können. Es gab 2021 einen ersten Techno Wind Foil Class Event in Kellenhusen an der Ostsee, da bin ich weit vorneweg gefahren. Das mich selber erstaunt und war natürlich eine super Motivationsspritze. Anfang 2022 gab’s dann ein paar Probetrainings am DSV-Stützpunkt in Kiel-Schilksee. Da habe ich Vincent Langer, der ja Trainer des Landeskaders ist, wieder getroffen. Dieser Landeskader ist ein Kader, in dem bestimmte Nachwuchssurfer und Surferinnen aus Schleswig-Holstein gemeinsam trainieren können.
Ich bin ein Wettkampf-Typ. Ich will auch mir selbst beweisen, dass ich gut trainiert habe
Man trifft sich normalerweise zwei Mal die Woche zum Training auf dem Wasser, vorausgesetzt, es hat Wind. Zusätzlich treffen wir uns einmal die Woche, um gemeinsam Sport zu machen. Bei mir war das schwierig, weil ich ja genau auf der anderen Seite der Kieler Förde lebe und der Weg einmal rund herum ziemlich zeitaufwändig ist. Neben dem Wassertraining gehören natürlich so Sachen wie Regatta-Taktik und Materialtuning zum Training dazu. Vincent hat da super viel Erfahrung, man kann wirklich viel von ihm lernen. Es waren auch immer mal wieder Leute wie Sebastian Kördel oder Fabi Wolf dabei - alles in allem war das eine richtig gute Trainingsgruppe.
Ich bin aus dem iQFoil Youth Kader raus. Erstens, weil ich für den Nachwuchskader jetzt zu alt bin, aber auch, weil ich natürlich von Fahrern wie Fabi Wolf, der ja voll auf iQFoil setzt, mitbekomme, wie viel man dafür unterwegs ist und wie viel Zeit und Geld man investieren muss. Das war mit meinen Zielen nicht wirklich vereinbar. Ich mache gerade mein Abi und möchte perspektivisch auch studieren. Olympia ist natürlich für jeden Sportler ein Traum und auch für mich war es ein Ansporn, aber es gibt eben immer nur einen Platz pro Nation - das ist schon schwierig, das zu schaffen. Wenn nicht noch was richtig Unvorhergesehenes passiert, wird Basti Kördel Deutschland bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris vertreten, Fabi Wolf wäre das Backup. Ich gönne es jedem, der es schafft, weil da wirklich unglaublich viel Arbeit drin steckt. Um perspektivisch für 2028 in Los Angeles ein Kandidat zu sein, müsste man dem alles unterordnen, um eine Chance zu haben. Hinzu kommt, dass ich auch zu verliebt in die Slalom-Disziplin bin. Am Ende muss ich mich entscheiden - und mein Herz schlägt für Slalom.
Klar, wenn du iQFoil fährst und zusätzlich Slalom-Material für den Deutschen Windsurf Cup oder die PWA World Tour benötigst, ist das schon ein riesen Batzen. Jetzt, wo ich das mit der olympischen Klasse sein lasse, hat sich mein Materiallager erfreulich gelichtet. Ich habe vier Foilsegel mit zwei Foilboards und entsprechenden Foils. Zusätzlich noch zwei Segel für Finnenslalom und ein kleines Slalomboard. Das lässt sich noch gut bewältigen, alles passt in meinen Anhänger und damit komme ich schnell los und zu den Events.
In der Saison 2023 konnten wir frei wählen, aber eigentlich waren auch hier fast alle immer mit Foils am Start. Auf den langen Geraden ist die Finne konkurrenzfähig, beim Durchgleiten durch die Halsen hat das Foil aber gewaltige Vorteile. 2024 wird es im deutschen Windsurf Cup aber eine neue Regelung geben: In der Slalom-Disziplin wird man bis 20 Knoten Wind die Wahl haben, ob man mit Foil oder Finne startet, ab 20 Knoten muss Finne gefahren werden.
Für die ambitionierten Fahrer schon. Wer auf die Jahresrangliste schaut, muss für Slalom mit Foil und Finne vorbereitet sein. Eigentlich finde ich diese Regelung aber gut, denn gerade für Neueinsteiger ist es eher abschreckend, wenn diese wissen, dass sie bei 30 Knoten Wind und Dünungswelle mit dem Foil antreten müssen, um halbwegs konkurrenzfähig zu sein. So wird es bei genügend Wind wieder reine Finnenrennen geben - das freut mich, denn die Finne sollte im Slalom nicht aussterben.
Das Design des iQFoil-Materials wurde vor knapp fünf Jahren entwickelt. Bei absoluten Leichtwindbedingungen und wenn Kursrennen gefahren werden, also Kurse mit Downwind- und Kreuzelementen, ist das iQFoil immer noch schwer zu toppen. Wenn es um Slalom geht, bei dem es ja keine Kreuz gibt und wo somit nur der Topspeed auf Raumschotkursen zählt, ist das iQFoil-Material mittlerweile komplett überholt. Bei einem Slalomrennen im PWA World Cup wäre man damit chancenlos.
In den letzten Wochen und Monaten habe ich nicht so viel trainiert und mich aufs Abi konzentriert, sobald das durch ist, will ich die Zeit genießen, wieder mehr aufs Wasser und auf nationaler Ebene die Events des Deutschen Windsurf Cups mitfahren. Ich hoffe, ich kann mich dort in den Top-5 festbeißen und auch die etablierten Jungs mal ein bisschen ärgern. In Sankt-Peter-Ording gibt’s in diesem Jahr die IFCA-Slalom EM, da will unbedingt dabei sein.
Mal schauen, vielleicht gehe ich auf Sylt im Herbst an den Start. Das wäre dann allerdings, nach den beiden Tourstopps des DWC dort, das dritte Mal Sylt in einem Jahr. Ich weiß nicht, ob ich das verkrafte (lacht), Sylt ist ja immer ziemlich materialmordend. Da muss man sich schon genau überlegen, ob mal ein paar Masten und Gabeln entbehren kann.
Wenn hier Wellen sind, gehe ich gerne Wellenreiten oder Windsurfen in der Welle. Freestylen war nie so mein Ding, aber man kann ja nicht alles machen.