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“Tischmanieren für die feinste Gesellschaft” können die surf-Leser im August 1995 lernen. Statt einer bunten Auswahl gibt es dabei jedoch nur eine Gabel, viel entscheidender ist jedoch “untenrum”: Es geht natürlich um den Table Top, auch heute noch einer der stilvollsten Sprünge. Schon damals war das umgedrehte Brettchen ein moderner Klassiker, war jedoch im Gegensatz zu heute noch regelmäßig im Contest zu sehen - Frontloop, Backloop und Table Top waren damals das Standard-Repertoire im Waveriding. Dabei hat es der Spriung in sich: “Eine Menge Kooks können Loops springen”, sagt Robby Naish. “Aber kaum ein Kook kriegt einen guten Table Top hin.” Naish ist bis heute einer der Könige dieses Sprungs, kaum jemand bringt so viel Style hinein. Dabei interpretiert jeder den Table Top anders: Von einem exakt waagerecht ausgerichteten Board über leicht überzogen bis hin zu extrem verdreht hat fast jeder Profi seine eigene Handschrift. Einige der besten Table Tops sind in der Fotostory zu sehen, dazu gibt es natürlich eine detaillierte Sequenz: Natalie Siebel zeigt den Donkey Kick als Vorstufe, niemand Geringeres als Robby Naish himself dann den echten Table Top. Tischmanieren lernt man eben von den Besten.
Dass Ende 1995 die World Cup-Organisation PBA zusammenbricht, lässt sich angesichts eines kurzen Interviews erahnen: PBA-Präsident Christian Herles teilt kräftig aus (”Die Fahrer sollen zufrieden sein mit dem, was sie haben”), sieht sich als einzig fähigen Organisator (”Das schaffen die doch gar nicht, weil sie nicht genug Kohle zusammenkriegen”) und behauptet, dass man ohne ihn gar keine Tour durchführen könne. Mehrere hunderttausend Dollar Preisgeld vom Vorjahr seien noch nicht ausgezahlt worden, heißt es - Herles gibt die Schuld dem Fahrerkommittee, das einen Abbau der Schulden verhindere und “sich selbst reindrängen” wolle. Beim World Cup auf Aruba gab es dann eine wahre “Geldflut”: Viele Fahrer bekamen ihr Preisgeld in kleinen Scheinen von Ein- und Fünf-Dollar-Noten. Man will gar nicht so genau wissen, wo das Geld herkam. Nur wenige Monate später war die PBA Geschichte, und die heutige PWA wurde gegründet.
“Surfmäßig herrscht auf Norderney das Jahr 1801”, schreibt surf-Redakteur Olaf Dohse. Damals seien etwa 100 Badegäste auf die Insel gekommen, viel mehr Windsurfer seien es heute auch nicht. Dabei bietet “Ney” nicht nur Hardcore-Nordsee-Bedingungen, sondern auch gemäßigte Einsteiger-Wellen und Flachwasser. Bernd Flessner als berühmtester Sohn der Insel gibt seinerzeit im World Cup Vollgas, zuhause surft er am liebsten an der Weißen Düne: “Breiter Traumstrand mit feinem, weißem Sand, kaum Strömung, Sandbank gute 500 Meter vom Ufer entfernt”, schwärmt der Autor. Auf der Wattseite gibt es noch das Surfbecken mit der Schule von surf-Tester Gunther Baade. Andere hingegen “muss man sich nur bei Südwest antun” oder sind sogar “gar nicht zu empfehlen”. Die Gezeiten haben auf hier zwei Gesichter: Bei bis zu 10 km/h Strömung seien schon Leute “gegen die Windrichtung” abgetrieben, erzählt Gunther. Wenn alles passt, kann es aber auch den “Gorge-Effekt” geben: Raumschot ballern ohne Höhe zu verlieren.
In den Achtzigern war Craig Maisonville einer der stylishsten Windsurfer der Welt - ohne Trapez, mit weißen Handschuhen und ikonischen Bottom Turns. Doch Maisonville war noch weit mehr als der begnadete Surfer. Mit seiner Marke Hi-Tech baute er Jahrzehnte lang die erlesensten Boards der Welt und ermöglichte ihm ein sorgloses Leben. Eines seiner Boards sollte Windsurf-Geschichte schreiben: Peter Brockhaus, damals F2-Geschäftsführer, kaufte Maisonville einen Prototypen ab, baute das Brett in Serie und taufte es “Sunset” - das meistverkaufte Windsurfbrett der Welt. Nach einem heftigen Bandscheibenvorfall ist die Surf-Karriere des Craig Maisonville jedoch schlagartig vorbei. Er wandte sich dem Glauben zu, verkaufte seine Firma und gründete die Island Hope Church. In der Gemeinde sind auch viele sehr gute Windsurfer aktiv - ein “Gegenpol zu der Ellenbogengesellschaft auf Maui”. Dabei predigt Maisonville oft in Gleichnissen aus der Windsurf-Welt: “Für mich ist Gott wie eine Finne. Er hält mich auf dem rechten Weg”, sagt er. Dabei wird er aber als tolerant und pragmatisch beschrieben, anderen Glaubensrichtungen gegenüber ist er ebenso aufgeschlossen wie einem Hinterfragen der Bibel. Shaper Johnny V will nach dem Motto “Follow the lord, build the best board” der Gemeinde etwas zurückgeben, in Form von kostengünstigen Brettern. Wenn es allerdings um Hookipa-Wellen geht, hat auch die Nächstenliebe Grenzen: “Du sollst nicht begehren deines Nächsten Welle!”
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