UmfrageUngefragte Ratschläge am Spot - so denkt die Surf-Community

Julienne Lippertz

 · 12.05.2025

Umfrage: Ungefragte Ratschläge am Spot - so denkt die Surf-CommunityFoto: Carter/pwaworldtour.com
Wenn PWA-Headjudge Luis Maria Escribano Guirola alias “Pick” einen Tipp gibt, sollte man hinhören. Aber wie sieht es bei völlig Fremden aus? Das haben wir euch gefragt
Am Strand, auf dem Wasser oder beim Aufbau des Equipments – viele Wassersportler*innen kennen es: Plötzlich steht jemand neben einem und gibt ungefragt Ratschläge. Mal gut gemeint, mal bevormundend – oft ist das Ergebnis eher Frust als Fortschritt. Wir haben nach eurer Meinung gefragt und haben ein sehr vielseitiges Feedback bekommen!

In unserer Online-Umfrage unter aktiven Windsurfer*innen ging es darum, welche Erfahrungen sie mit ungefragten Tipps gemacht haben. Ausgangspunkt war die Mail einer Leserin, die sich an ihren Spot oftmals unwohl fühlte, weil die haufenweise ungefragte Ratschläge bekam und dies als übergriffig empfand. Auch andere Windsurfer und Windsurferinnen haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Oft gehörte Bemerkungen waren unter anderem: „Das Brett ist zu klein”, „Du brauchst ein größeres Segel“, „Da muss noch 5 mm gespannt werden”. Diese Aussagen werfen viele Fragen auf: Ist der Tipp wirklich hilfreich? Wie fühlt sich der oder die Empfangende dabei? Und wie könnte man konstruktiver unterstützen?

Viele Wassersportler*innen berichten, dass sie Tipps in Situationen erhalten, in denen sie gar keine Hilfe wollten oder brauchten. Die Aussagen treffen oft in Momenten der Konzentration oder Unsicherheit – zum Beispiel beim Einstieg ins Wasser, beim Segelaufbau oder beim ersten Versuch auf einem neuen Setup.

Mal kommen Tipps gut an, mal weniger

Rund 90 % der Befragten gaben an, regelmäßig mit ungefragten Ratschlägen am Spot konfrontiert zu werden. Etwa die Hälfte davon empfindet diese Hinweise zumindest teilweise als unangenehm. Die Meinungen zu ungefragten Tipps fallen insgesamt sehr unterschiedlich aus: Während einige Teilnehmende solche Hinweise als störend oder übergriffig wahrnehmen, haben andere damit keinerlei Probleme.

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Als Frau hab ich Unmengen an ungefragten Ratschlägen von Männern bekommen! Manche sogar von blutigen Anfängern, was wirklich nervig ist. Und leider auch „Tips“ zu Material, Segel Größe, Einstellung der Tampen etc., die weder meine Größe, mein Gewicht, mein Hüfttrapez, noch sonst etwas berücksichtigt haben… ganz schlimm wurde es, wenn dann noch ungefragt Hand angelegt wurde.

Die Mehrheit der Befragten (ca. 70 %) bewegt sich in einem mittleren Spektrum und betont, dass die Wirkung solcher Ratschläge stark von der jeweiligen Situation abhängt. Insgesamt zeichnet sich jedoch eine eher negative Tendenz ab: Rund 40 % der Teilnehmenden geben an, dass sie ungefragte Tipps häufig eher als unangenehm empfinden.

Es kann nervig sein. Es kann aber auch helfen. Gerade beim Trimmen können Tipps für Gelegenheitssurfer helfen. Gibt keine einheitliche Bewertung.

Wenn Hilfsbereitschaft kippt – Situationen, die unsere Leser*innen als unangenehm empfanden

Du musst das anders machen!
Ein häufiger Auslöser für Unbehagen war der Ton, in dem Ratschläge gegeben wurden. Aussagen wie „Du ‘MUSST’ das so machen“ kamen oft ohne Kontext, ohne Rücksicht auf das vorhandene Material oder das Können der Person.

Ungefragtes Eingreifen am Material
Ein Leser schilderte, wie jemand einfach an seinem Segel herumzog und nachspannte – ohne zu fragen. Dabei war er eigentlich bereit zum Losfahren. Zwar fände er es grundsätzlich hilfreich, wenn jemand beim Segeltrimm helfe, doch ein einfaches Nachfragen hätte aus einer unangenehmen Situation eine willkommene Unterstützung gemacht.

Unerbetene Kritik – trotz jahrelanger Erfahrung
Eine Windsurferin, die seit 40 Jahren auf dem Wasser unterwegs ist, wurde unmittelbar vor dem Gang ins Wasser von jemandem belehrt, dass ihr Material angeblich ungeeignet sei. So ein Kommentar, noch bevor man selbst aktiv wird, kann selbst erfahrene Sportler*innen verunsichern oder schlicht nerven.

Geringschätzung älteren Equipments
Mehrere Leser*innen berichteten, wie ihre Ausrüstung belächelt wurde. Mit Sätzen wie „Mit dem alten Zeug kann man doch gar nicht richtig surfen“ wurden sie abgewertet. Ironisch dabei: Oft waren es gerade die mit dem älteren Material, die anschließend souverän auf dem Wasser unterwegs waren – während andere mit Hightech-Equipment kaum mehr als Geradeausfahren zeigten. Denn: Gutes Material ersetzt keine Erfahrung.

Zuviel des Guten: Ratgeber-Overload für Anfänger*innen
Ein Wingsurf-Anfänger beschrieb, wie er alle paar Minuten neue Tipps bekam – obwohl er sich einfach Zeit zum Ausprobieren wünschte. Die vielen Ratschläge sorgten eher für Verwirrung als für Fortschritt.

Wenn Hilfe ausbleibt, obwohl sie nötig ist
Und manchmal ist es nicht der ungefragte Rat, sondern die fehlende Unterstützung, die weh tut: Eine Leserin berichtet, dass sie in einer schwierigen Situation einfach nur beobachtet – und dabei belächelt – wurde. Keine helfende Hand, kein ehrliches Interesse – nur Zuschauer.


Was von den “Tippgebern” häufig übersehen wird:

  • Man kennt die Situation meist nicht vollständig. Wer Tipps gibt, ohne die Person oder ihr Material zu kennen, riskiert, falsche Annahmen zu treffen
  • Selbstüberschätzung ist weit verbreitet. Viele glauben, ihre eigene Erfahrung sei allgemeingültig, und übersehen dabei, dass Windsurfen ein sehr individueller Sport ist
  • Die Formulierung macht den Unterschied. Ein Kommentar wie „Das Segel ist zu klein“ kann schnell bevormundend wirken – besonders, wenn er im Ton herablassend oder überheblich ist.

Wie Tipps besser ankommen – Empfehlungen aus der Community

Die surf-Umfrage zeigt auch: Es geht nicht darum, dass Ratschläge prinzipiell unerwünscht sind. Die Mehrheit der Teilnehmenden wünscht sich vielmehr eine respektvolle und sensible Herangehensweise. Viele unserer Leser schreiben auch von angenehmen Situationen, in denen ihnen geholfen wurde:

Der Klassiker auf Maui - Dave Ezzy sieht in Kanaha am Strand eins seiner Segel, trimmt kurz nach und sagt zwei Sätze dazu. Toll, dass er sich die Zeit nimmt und mehr Kompetenz geht nicht. Be more like Dave.

Einige Vorschläge aus der Community:

  • Erst fragen, dann helfen. Zum Beispiel: „Brauchst du gerade Unterstützung oder soll ich dir einen Tipp geben?“
  • Eigene Meinung als solche kennzeichnen. Aussagen wie „Ich habe gute Erfahrungen mit einem größeren Segel gemacht, vielleicht hilft dir das auch?“ werden eher akzeptiert als absolute Aussagen.
  • Situationsabhängig handeln. Wer sieht, dass jemand offensichtlich kämpft oder unsicher ist, kann Hilfe anbieten – aber ohne Druck.
  • Selbstreflexion ist wichtig. Fragen wie „Warum gebe ich diesen Tipp gerade?“ oder „Wie würde ich mich fühlen, wenn mir das jemand sagen würde?“ helfen, die eigene Motivation zu hinterfragen.

Konstruktives und respektvolles Feedback

Der Fokus unserer Leser*innen liegt vor allem darin, dass Ratschläge gerne gesehen sind, sofern sie konstruktiv und respektvoll sind. Der Austausch in einer Community ist wichtig und kann auch sehr hilfreich sein. Wichtig ist hier einfach das richtige level der Kommunikation - dann kann es den ein oder anderen auch wirklich einen großen Step weiter bringen.

Ich denke, es ist meistens kein Problem Tipps zu geben wenn sie konstruktiv sind. Surfen ist ja schon recht komplex, und das meiste bringt man sich irgendwie selbst bei und vielleicht ist einem dann nicht immer alles klar; riggen, Wetter, Surfspots... da ist man doch eigentlich froh wenn man Tipps bekommt oder Erfahrungen austauscht.

Unterstützung kann wirklich wichtig sein, gerade wenn man, wie in dieser Situation der jüngeren Generation hilft den Spaß am Sport zu finden und auch zu halten. Denkt dabei immer daran, dass der Spaß und die Freude im Vordergrund stehen sollten.

In jungen Jahren habe ich davon ein mal richtig profitiert. War ein Urlaub auf Fuerte. Ich mit brandneuen Segeln, vollkommen falsch getrimmt. Habe mich echt auf dem Wasser damit abgekämpft. Da kam dann ein damals für mich älterer Herr, und hat mir gezeigt, wie das Segel richtig/ zumindest besser getrimmt wird. Bin dann zusammen mit ihm aufs Wasser...und siehe da: der Kampf war vorbei!

Fazit: Ein bisschen mehr Sensibilität am Spot

Die meisten Windsurfer*innen wünschen sich am Spot eine Atmosphäre gegenseitigen Respekts. Dazu gehört auch, ungefragte Ratschläge mit Bedacht zu äußern – oder eben auch mal für sich zu behalten. Denn was als Hilfe gedacht ist, kann leicht als Kritik verstanden werden.

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