Julian Wiemar
· 01.03.2025
Ja, das ist so. Es ist eine Mischung aus meiner Arbeit für Severne, dem Coaching und den Contests, die ich bestreite. Windsurfen ist mein Job. Im Jahr 2012 hab ich aufgehört zu studieren, das ist jetzt bereits zwölf Jahre her, seitdem bin ich Profi.
Wir arbeiten an verschiedensten Dingen. Zum Beispiel versuche ich, sie bestmöglich auf den jeweiligen Spot, an dem der Contest stattfindet, einzustimmen. Das funktioniert gut per Walkie-Talkie. Ich gebe dann während der Warmup-Sessions vom Strand aus Anweisungen was beispielsweise die Positionierung auf den Wellen angeht – so kriegen wir sie schnellstmöglich in den richtigen Rhythmus mit dem gegebenen Spot. Dazu filmen und analysieren wir ihre Sprünge und Ritte und stellen einen Game-Plan für die Heats auf. Ein weiterer großer Bestandteil unserer Zusammenarbeit ist, dass ich sie nicht nur bei der Vorbereitung, sondern auch während des Contests bestmöglich unterstütze. Das bedeutet zum einen den Caddy machen, aber teilweise auch Entscheidungen abnehmen und Anweisungen durch Signale im Heat geben. Der Klassiker im Wave-Heat: Die Zeit restliche Zeit nutzen, um die Sprungwertung zu verbessern, oder auf Wellensuche gehen?
Ich sage immer: Coaching beschleunigt den Fortschritt. Es kann dir den Lernprozess nicht abnehmen, aber diesen beschleunigen. Am Ende ist es Lina selbst, die immer besser wird und all die Sachen auf dem Wasser umsetzt. Das liegt nicht nur an mir und dem Coaching. Doch sie sagt zum Beispiel, dass es ihr nur schon hilft, wenn jemand während der Contests vor Ort ist, der zu einhundert Prozent hinter ihr steht und sie unterstützt. Zu wissen, dass jemand mit Ersatzmaterial oder einer anderen Segelgröße immer am Strand bereit steht, das hilft schon viel.
Coaching beschleunigt den Fortschritt. Es kann dir den Lernprozess nicht abnehmen, aber diesen beschleunigen.
Absolut. Und das ist auch sehr wichtig, denke ich. Das Coaching läuft zwar auf einer professionellen Ebene, aber wir sind gleichzeitig auch befreundet und verstehen uns sehr gut.
Mein Ziel ist es, mit ihr zusammen einen Weltmeistertitel zu holen!
Ich gehe ins Bett und denke ans Windsurfen, ich wache auf und denke ans Windsurfen (lacht).
Das ist tatsächlich so, ja, aber ich liebe es. Windsurfen ist der beste Sport der Welt! Mit sieben Jahren habe ich angefangen. Ich wüsste nicht, was ich machen würde, wenn es nicht Windsurfen wäre – sei es beruflich oder hobbymäßig.
Ich gehe ins Bett und denke ans Windsurfen, ich wache auf und denke ans Windsurfen.
Ich habe nach einem Wohnort gesucht, der ganzjährig passable Windsurfbedingungen bietet. Denn früher, als ich noch in Belgien gewohnt habe, war ich neun Monate im Jahr unterwegs. Das war irgendwann einfach zu viel. Ich bin von hier gut an den Rest von Europa angebunden und habe Wave- und Freestyle-Bedingungen vor der Haustür. Das heißt, ich muss gar nicht mehr so arg viel reisen.
Ja, es hat ein paar Jahre gedauert (lacht), so ungefähr zehn. Lustigerweise war es der Winter von 2014 auf 2015, also der Winter, bevor ich Freestyle-Weltmeister wurde, in dem ich mich das erste Mal richtig auf das Training in der Welle fokussiert habe. Es scheint, als hätte ich dadurch irgendwie den Kopf freibekommen. Ich war früher den Winter über öfter in Westaustralien, dort konnte ich mein Level in der Welle neben dem Freestyle-Training langsam, aber konstant hochschrauben. Die Wave-Disziplin ist hart, es ist die Königsdisziplin und die Konkurrenz ist größer. Ich bin also wirklich happy mit meinem letzten Pozo-Resultat und motiviert, weiter in der Welle anzugreifen.
Ja, das stimmt zu einhundert Prozent. Ich will immer alles erst genaustens verstehen, bevor ich es auf dem Wasser ausprobiere. Ich analysiere Bewegungsabläufe daher bis ins kleinste Detail. Das habe ich selbst als Kind im Freestyle schon so gemacht. Denn wenn ich das Manöver wirklich verstanden habe, dann lerne ich es anschließend auch relativ schnell auf dem Wasser. Das hilft mir nicht nur selbst beim Erlernen neuer Manöver und Techniken, sondern auch um diese als Coach weiterzugeben und gut erläutern zu können.
Ich will immer alles erst genaustens verstehen, bevor ich es auf dem Wasser ausprobiere.
Viele Fahrer schauen sich ihre Scores nach dem Heat nicht einmal genau an. Das kann ich nicht verstehen. Remko de Weerd brachte mir damals in meinem Anfangszeiten im Freestyle sehr früh bei, nach jedem Heat die Scores zu checken – ganz egal ob man gewonnen oder verloren hat. Man kann immer daraus lernen. Und ja, ich habe vor jedem Heat einen genauen Plan im Kopf. Vielleicht ist es dadurch manchmal langweilig mir zuzuschauen, weil ich so vorhersehbar surfe, aber diese Konstanz hat mich in vielen Contests, besonders in schwierigen Bedingungen, oft weit gebracht.
Nein, nicht ganz, denn der unberechenbare Faktor der Welle entscheidet darüber, was du zeigen kannst und was nicht. Wenn die Welle dir nicht den Rahmen bietet zu performen, dann bringt es dir auch nichts, der beste Waverider der Welt zu sein. Daher ist es halt vor allem wichtig, die richtige Welle auszuwählen und zu erwischen, während du auf Flachwasser im Freestyle eigentlich immer die Kontrolle darüber hast, was du darbieten kannst und was nicht.
Ich habe vor jedem Heat einen genauen Plan im Kopf.
Das hilft mir sehr, ja. Das konnte ich diese Saison deutlich feststellen. Wenn ich mich mit Lina im Detail damit befasse, was die Judges bei dem jeweiligen Contest sehen wollen und welche Art von Wellen am höchsten bewertet werden, habe ich das anschließend natürlich automatisch auch in meinen eigenen Heats im Kopf. Vieles was ich ihr so sage, muss ich mir selbst oftmals auch sagen.
(Überlegt lange) Ich glaube, da kann ich noch sehr viel lernen, sagen wir es so. Es gibt auf jeden Fall namhaftere Material-Gurus als mich. Ich achte schon gut auf mein Material und merke direkt wenn etwas nicht stimmt, oder wenn etwas anders eingestellt ist. Aber ich bin jetzt zum Beispiel nicht so ein Finnen-Freak wie ein Marc Paré.
Suche den richtigen Spot aus und informiere dich über diesen, bevor du aufs Wasser gehst. Materialbruch auf dem offenen Meer bedeutet etwas ganz anderes als auf dem Baggersee. Frag die Locals nach eventuellen Gefahren und gehe niemals ganz alleine raus. Es müssen nicht 40 Knoten und masthohe Wellen sein, 20 Knoten und hüfthohe Wellen reichen völlig aus, um auf den Geschmack zu kommen. Auf dem Wasser fühlt es sich immer größer an, als es vom Strand aussieht. Behalte das immer im Hinterkopf.
Was mir generell sehr häufig auffällt, sind Wave-Einsteiger auf zu kleinem Material mit einer Segelgröße, die draußen gut passt, in der Brandungs- und Strömungszone allerdings eine Nummer zu klein ist, um problemlos rauszukommen. Also: Wähle ausreichend großes Material - lieber eine Nummer zu groß als zu klein. Lerne damit draußen ruhig etwas überpowered zu fahren. Und dann: Schnapp dir eine Welle, bevor du dich ans Springen machst. Jeder Windsurfer, der eine Halse fahren kann, kann im Prinzip auch eine harmlose Welle abreiten. So kommen die meisten schnell auf den Geschmack.
Jeder Windsurfer, der eine Halse fahren kann, kann im Prinzip auch eine harmlose Welle abreiten.
Nach meinen beiden Wave-Camps im Januar und Februar in Capetown geht es zurück nach Teneriffa für zwei Camps im März. Mein Ziel ist es, in diesem Jahr insgesamt zehn Camps anzubieten, eventuell auch an neuen Orten. Alle Infos dazu gibt es auf meiner Website.