Freeride, Wave, FreestyleSo findest du die passende Seegrasfinne

Manuel Vogel

 · 20.08.2025

Seegrasfinnen lassen das Kraut einfach abrutschen, dafür sind sie deutlich stärker geneigt.
Foto: Manuel Vogel
​Sommerzeit ist Seegraszeit! Wenn im Sommer das Kraut an die Oberfläche kommt, ist es Zeit, eine spezielle Seegrasfinne unters Board zu schrauben. Wir zeigen dir, mit welchen Finnenlängen und Modellen du dem Kraut Herr wirst.

​Auch wenn es allen, die die Ostsee oder Südfrankreich zu ihren Lieblingsrevieren zählen, zunächst abwegig vorkommen mag: Seegras ist eine super Sache – ob als Kindergarten für Fische und andere Lebewesen, für den Küstenschutz oder aufgrund seiner Fähigkeit, große Mengen CO2 zu binden. Dass Seegraswiesen geschützt und sogar neu angepflanzt werden, hat also gute Gründe. Seegras wächst in der Ostsee in Tiefen von zwei bis sieben Metern und ist damit unerreichbar für Finnen und Foils. Während die Wurzeln viele Jahre im Boden bleiben und neue Triebe entstehen lassen, sterben die Blätter im Spätsommer ab und kommen an die Oberfläche – wo sie Windsurfer und Foiler mitunter in den Wahnsinn treiben.

An vielen Spots geht deshalb zwischen Juni und November ohne Seegrasfinne gar nichts. Spezielle Grasfinnen (engl.: „weed fins“) haben einen flacheren Neigungswinkel („Rake”) von 40 bis 50 Grad, wodurch Seegras wieder abgestreift wird. Dass Weed-Finnen trotzdem nicht sonderlich beliebt sind, hat den Grund, dass sich durch den flacheren Neigungswinkel auch der Druckpunkt der Finne um mehrere Zentimeter weiter nach hinten verlagert, teilweise sogar bis hinter das Heck. Die Folgen: Das Brett klebt mehr am Wasser, gleitet weniger frei über Kabbelwellen, und auch die Performance beim Höhelaufen leidet spürbar – zumindest im Freerideeinsatz. Trotzdem sind Seegrasfinnen das kleinere Übel, sofern man ein passendes Modell mit richtiger Größe verwendet.

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Ausschlaggebend ist die Fläche der Finne, nicht die Länge

Ein 1:1-Tausch, also zum Beispiel die 42er Serienfinne unseres Testboards Goya Carrera 127 gegen eine Grasfinne mit gleichem Tiefgang zu tauschen, macht keinen Sinn. Weil der Neigungswinkel der Grasfinne flacher ist, hätte diese bei gleicher Länge, je nach Modell, 45 bis 55 Prozent mehr Fläche. Weil diese große Fläche auch weiter hinten sitzt, werden die Dreheigenschaften reduziert, der Speed wird spürbar gedrosselt, Fahrwiderstand und Segelzug steigen. Wie groß die Differenzen sind, zeigte unser Test. Die 42er Serienfinne unseres Goya Carrera 127 ersetzten wir probehalber durch eine 40er Seegrasfinne. Mit dem angepowerten 6,9er GunRails Re-Zoom befeuert, war in ruppigen Ostseebedingungen bei knapp über 41 km/h schon Schluss. Nach dem Tausch gegen eine 34er Seegrasfinne schlug die Tachonadel auf knapp 48 km/h aus. Das Beispiel zeigt: Im Freeride- und Freeracebereich ist vor allem die Finnenfläche ausschlaggebend.

Die weiteren Nachteile von Grasfinnen, schlechteres Drehen und Höhelaufen, versuchen einige Hersteller zu minimieren, indem sie die Seegrasfinne auf der Basis weiter nach vorne versetzen – nach unserer Testerfahrung eine sinnvolle Maßnahme, welche die Nachteile zwar nicht komplett eliminiert, aber zumindest abschwächt.

​Die 20/10-Regel für Seegrasfinnen

Aber woher weiß man, durch welche Seegrasfinnenlänge man die Standardfinne ersetzen soll? Schließlich werden die Finnenflächen nicht immer angegeben. Als Orientierung hat sich bei Boards mit einer Centerfinne – das sind Freeride- und Freemovebretter mit einer Singlefin, aber auch Freewaveboards mit einem Thruster-Set-up – die 20/10-Regel bewährt. Will heißen: Die Seegrasfinne sollte zehn bis 20 Prozent weniger Tiefgang haben als die Standardfinne. Ob man sich eher zum unteren Ende der Empfehlung orientiert oder zum oberen Bereich, hängt in erster Linie von der Disziplin, also dem genutzten Board, ab. Ein Beispiel: Du suchst Seegrasfinnen, um die kleinen 10er-Seitenfinne deines Waveboards zu ersetzen? Bei einem 1:1- Tausch gegen eine 10er Seegrasfinne hätte diese nur rund fünf Prozent mehr Fläche. Du kannst hier nahezu 1:1 wechseln oder die Seegras-Seitenfinne einen Zentimeter, das entspricht zehn Prozent, kürzer wählen. Würdest du an deinem Freerider eine 42er Standardfinne durch eine 42er Seegrasfinne ersetzen, hätte Letztere etwa 50 Prozent (!) mehr Fläche. Hier kannst du die Länge also locker um 20 Prozent reduzieren und dem­entsprechend eine Grasfinne mit 32 bis 34 Zentimetern Länge wählen. Wir geben dir auf den folgenden Seiten eine Größenempfehlung mit einer Bandbreite von zwei Zentimetern für die Disziplinen Freeride, Wave und Freestyle.

Größenempfehlung für Freeride- & Freerace-Seegrasfinnen

Standardfinne (cm)Seegrasfinne (cm)
2620-22
2821-23
3023-25
3225-27
3426-28
3627-29
3828-30
4030-32
4232-34
4433-35
4635-37
4836-38
5038-40
5239-41

​Die empfohlene Länge für die Seegrasfinnen dient der groben Orientierung. Wiegst du unter 75 Kilo oder surfst auf deinem Freerideboard mit innen montierten Fußschlaufen, orientiere dich zum unteren Ende des empfohlenen Bereichs. Sofern du über 85 Kilo wiegst, gerne viel Druck auf die Finne ausübst und mit großen, leistungsstarken Segeln unterwegs bist, orientiere dich idealerweise am oberen Ende des empfohlenen Bereichs – dann hast du genügend Gegendruck von der Finne und entsprechende Fahrleistungen.

​Größenempfehlung für Wave-Seegrasfinnen

Standardfinne (cm)Seegrasfinne (cm)
99
109-10
1211-12
1413-14
1614-15
1816-17
2017-18
2219-20
2420-21
2621-22

​Die in der Tabelle empfohlenen Längen für die Seegrasfinnen dienen der groben Orientierung. Wiegst du unter 75 Kilo und surfst überwiegend mit Segeln unter 5,0 Quadratmetern, kannst du dich zum unteren Ende des empfohlenen Bereichs orientieren. Weil der Flächenunterschied zwischen Standard- und Seegrasmodellen bei kurzen Wavefinnen prozentual nicht so groß ausfällt wie bei Freeridefinnen, kann man Seegrasfinnen in der Welle mitunter fast in der gleichen Länge nutzen wie die Serienfinnen. Allerdings verschiebt sich auch hier der Druckpunkt der Finnen etwas weiter nach hinten. Während dies auf Gleiteigenschaften, Kontrolle und Höhelaufen kaum Auswirkungen hat, werden bei Waveboards vor allem die Dreheigenschaften spürbar negativ beeinflusst. Die Radien in Bottom Turn und Cutback sind limitiert, enge Haken fallen spürbar schwerer. Zudem bekommt das Heck mehr Grip, wodurch es mühsamer wird, das Heck im Cutback ausbrechen zu lassen – die Eignung für Lipslides und Takas ist limitiert. Aus diesem Grund solltest du die Seegrasfinnen in den Finnenkästen etwa einen bis zwei Zentimeter weiter vorne montieren, um vergleichbare Dreheigenschaften zu erhalten. Machst du von dieser kleinen Tuningmaßnahme Gebrauch, ist der gefühlte Unterschied zu Standardfinnen aber gering, weshalb viele Wavesurfer die Seegrasfinnen auch bei Ausflügen an die seegrasfreie Nordsee einfach weiterfahren.

​​Größenempfehlung für Freestyle-Seegrasfinnen

Standardfinne (cm)Seegrasfinne (cm)
1614-15
1816-17
2017-18
2219-20
2420-21

​Wenn du Basic-Tricks wie Vulcan, Spock, Flaka oder andere Slidemoves machst, solltest du dich eher am oberen Ende des empfohlenen Bereichs orientieren. Gleiches gilt, wenn du über 85 Kilo wiegst und dementsprechend auch mit Segeln über fünf Quadratmetern tricksen willst. Surfst du hingegen auf dem Niveau von Double Sliding Moves und Powermoves, kannst du den unteren Bereich der Empfehlung wählen. Die 20/10-Regel lässt sich auch bei Freestyleboards anwenden, allerdings aus anderen Gründen. Da Freestyleboards ohnehin mit vergleichsweise kurzen Finnen und stärker über die Luvkante gefahren werden, sind die Leistungseinbußen beim Wechsel auf eine Seegrasfinne hinsichtlich Topspeed, Höhelaufen und Gleitlage geringer als zum Beispiel beim Freeriden. Vielmehr steht hier im Vordergrund, dass die Boards durch die flacheren Neigungswinkel der Seegrasfinnen schlechter Sliden. Deutschlands Top-Freestyler Niclas Nebelung, der in die Finnenentwicklung bei Maui Ultra Fins involviert ist, erklärt: „Aufgrund der größeren Fläche, die Seegrasfinnen naturgemäß haben, muss man die Weed-Fins etwas kleiner nehmen, weil sonst das Sliden zu sehr limitiert wird. Viele Serienboards sind mit einer 20er Serienfinne bestückt, da ist eine 18er Seegrasfinne eine gute Alternative. Die Pro-Version ist dünner und schneller – aber man sollte im flachen Wasser etwas mehr aufpassen, denn das dünne Finnenblatt ist auch weniger robust bei Stein­kontakt.“


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