Neopren“Umweltfreundliches Neopren - das ist ein langer Prozess”

Manuel Vogel

 · 22.09.2024

ProLimit fertigt alle Neos der kommenden Saison zum Großteil aus nachwachsenden Rohstoffen
Foto: Hersteller
Alex Cretier ist tief in die Produktentwicklung bei ProLimit eingebunden. Im Interview spricht er über den langen Weg hin zu nachhaltigeren Neoprenprodukten.

Mit den steifen Neoprenhäuten vergangener Tage haben moderne Neos schon lange nichts mehr zu tun. In der kommenden Saison bestehen alle Anzüge von ProLimit zum Großteil aus pflanzlichen Rohstoffen. Welche Schritte dafür nötig waren, erklärt Alex Cretier von ProLimit im Interview.

Alex, 2025 sollen alle Anzüge eurer Produktpalette aus einem Natureprene2 genannten Material gefertigt sein. Was hat es damit auf sich und welche Entwicklungsschritte stecken dahinter?

Aktuell wird Neopren bei fast allen Marken aus Limestone hergestellt, dass ist ein Kalksandstein, der abgebaut und dann weiterverarbeitet wird - leider ist der Abbau nicht besonders umweltfreundlich. Bereits 2016 hatten wir mit der Entwicklung eines Neoprenmaterials begonnen, welches einen pflanzlichen Ursprung hat und seit 2020 gab es dann die ProLimit Future Series. Das kaschierte Material war hier z.B. aus recyceltem Polyester gemacht, das eigentliche Neopren wurde aus Guaye-Pflanzen gewonnen. Der Nachteil davon war, dass diese Pflanze in Südamerika angebaut wird. Von dort musste alles mit dem Schiff nach Asien in die Produktion transportiert werden, dann kamen die fertigen Anzüge nach Europa. Die Transportwege waren also zu lang. Seitdem sind viele weitere Schritte erfolgt, um die Ökobilanz weiter zu verbessern und in der kommenden Saison 2025 bestehen unsere Anzüge aus einem Natureprene2 genannten Material. Dieses wird in Malaysia aus Gummibäumen gewonnen, das ist relativ nah dran an der eigentlichen Produktion in Kambodscha. Weitere Bestandteile von Natureprene2 sind Kalk aus Muschelschalen und Sojaöl. In der 2025er Kollektion besteht das Natureprene2-Material zu rund 100 Prozent aus pflanzlichen Inhaltstoffen.

surf/l1045732_4103f598e7d4ded36edc09afda5937bdFoto: Hersteller

Nur weil Material pflanzlichen Ursprungs ist, muss es nicht zwangsläufig besser für die Umwelt sein - etwa wenn für Gummibaum-Plantagen Wald abgeholzt wurde...

Das ist richtig. Deswegen verwenden wir nur Rohmaterial aus FSC-zertifizierten Quellen. Das FSC-Label ist das weltweit angesehenste dieser Art. Um Produkte damit zertifizieren zu lassen, muss man nachweisen, dass die verwendeten Materialien aus vorbildlich bewirtschafteten Wäldern stammen und dies auch regelmäßig kontrolliert wird.

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Seit 50 Jahren gibt es Neos. Warum hat es überhaupt so lange gedauert, bis Neos aus pflanzlichen Materialien entstanden sind?

Es ist einfach der technologische Fortschritt. 1990 konntest du deinen Neo ausziehen und in die Ecke stellen, so hart war der. Dann wurde das Material irgendwann weicher, aber die Nähte haben nicht gehalten. Wasserbasierte Kleber kamen auf und irgendwann der erste Neo aus pflanzlichen Rohstoffen. Die ersten Modelle waren schon funktional, sahen aber noch sehr faltig aus und waren nicht wirklich schön. Heute sind wir so weit, dass Neos aus nachhaltigen Materialien genauso gut sind in punkto Wärmeisolierung, Stretch und Aussehen. Und natürlich musste jeder Entwicklungsschritt erstmal ausgiebig getestet werden, bevor ein neues Modell in den Handel kommt. Den ersten Neo aus Natureprene gab es bei uns 2020, aber das waren kleine Stückzahlen, denn am Ende waren die Verbraucher oft noch nicht bereit, mehr Geld für eine ökologisch besseres Produkt auch mehr zu bezahlen. All diese Prozesse benötigen Zeit.

Früher waren Neos so steif, die konnte man ausziehen und danach in die Ecke stellen

Nachhaltigkeit muss man immer auch vor dem Hintergrund der Lebensdauer von Produkten sehen. Wenn Produkte schneller kaputt gehen als vorher, ist der grüne Anstrich schnell nur noch Greenwashing.

Wie gesagt, wir experimentieren bereits seit 2016 mit Anzügen auf pflanzlicher Basis. Erst 2020 waren diese serienreif, einfach, weil wir lange probiert und getestet haben. Heute wissen wir, dass das pflanzliche Material keinerlei Probleme verursacht wir es auf den Markt gebracht haben. Ebenfalls wichtig ist auch die Recyclingfähigkeit und auch daran arbeiten wir.

Was ist hier entscheidend?

Bei Verbundmaterialien ist Recycling ja meist schwierig, weil es nicht so leicht ist, die einzelnen Bestandteile - etwa das Gummi, den Reißverschluss aus Metall und die Kaschierung aus Polyester - hinterher wieder zu isolieren. Deshalb sind wir hier angedockt an eine Technologie aus der Reifenindustrie, entwickelt von Michelin und Continental mit der zukünftig alte Neos wieder komplett recycelt werden können. Das bedeutet, dass ab dem Jahr 2026 beim Kauf eines neuen Anzugs, der alte Neo eingesammelt werden und zu 100 Prozent recycelt werden kann.

Alex, danke für das Gespräch!


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