Tobias Frauen
· 18.07.2025
Sie tauchen in keiner Verletzungsstatistik auf, haben allerdings vermutlich schon mehr Surftage ruiniert als alle schweren Verletzungen zusammen: all die Schnitte, Wunden und blauen Flecken, die man sich im Laufe seines Surferlebens an den Füßen holt. Barfuß zu surfen, ist für viele das Optimum, vorausgesetzt, die Temperaturen lassen es zu. Der direkte Kontakt zum Board ist dabei unbestritten am besten, nichts rutscht oder engt ein. Doch wenn Strand und Einstieg mit spitzen Steinen gespickt sind oder unter Wasser Muscheln, Korallen oder andere scharfe Hindernisse lauern, kommt man um Surfschuhe bisweilen nicht herum.
Für viele ist es auch eine Frage der Gewohnheit: Wer häufig mit Schuhen surft, kommt sich ohne „untenrum“ etwas nackt vor. Aus diesem Grund fahren auch einige Freestyler häufig beschuht, so auch Niclas Nebelung. „Ich surfe sehr gerne mit Schuhen, zum einen wegen der Verletzungsprävention, zum anderen wegen des besseren Grips“, erzählt er. „Früher bin ich auch mal ohne Schuhe gefahren, aber bei mehreren Stunden langen Sessions hatte ich dann offene Stellen, und mit Schmerzen surfen macht nun mal keinen Spaß.“ Ein weiterer Pluspunkt für Niclas: Mit Surfschuhen kann man beim Einfädeln in die Schlaufen etwas „rustikaler“ vorgehen, weil die Zehen geschützt sind – besonders beim Wechsel in die Switch-Position für Freestyler ein Vorteil.
Was machen für Niclas gute Surfschuhe aus? „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sie schnell kaputtgehen, wenn an den Zehen kein dickeres Gummi verarbeitet ist“, so Niclas. „Außerdem sollten Sohle und das Material auf der Oberseite nicht zu dick sein, sonst geht das Gefühl verloren.“ 2,5 Millimeter Neopren sind für ihn das Optimum. „Ich sehe da nur Vorteile – allerdings optisch sind Schuhe beim Surfen nicht so ansprechend, aber da muss man drüberstehen!“
Ich surfe sehr gerne mit Schuhen – wegen der Verletzungsprävention und mehr Grip.” (Niclas Nebelung, Freestyle-Profi)
Genauso sieht es auch Dennis Müller, ebenfalls überzeugter Schuhträger: „Das wird ja manchmal belächelt, aber Schutz ist wichtiger!“ Das sehe er auch immer wieder in seinen Kids Camps, wenn Teilnehmer wegen Verletzungen an den Füßen nicht aufs Wasser können. „Wenn es gute Schuhe sind mit einer eher dünneren Sohle, dann habe ich den gleichen Grip und trotzdem ein gutes Gefühl fürs Board!“
Wir haben insgesamt zehn Paar dünner Sommerschuhe bei unserem Test auf Tobago ausprobiert. Dabei haben wir immer zwei verschiedene Schuhe parallel getragen, um Unterschiede direkt herausspüren zu können. Als Ergänzung haben sich einige Gasttester ebenfalls durch den Schuhladen hindurchprobiert. Im Fokus stand nicht die Wärmeisolierung, sondern Tragegefühl und -komfort sowie der Schutz vor Steinen und Muscheln. Auch an Nord- und Ostsee oder am Mittelmeer braucht man sich in den Sommermonaten keine Gedanken um kalte Füße zu machen. Und mit einem größtenteils nur angedeuteten Schaft oder gleich als Halbschuh sind diese Modelle auch optisch kein Totalausfall.
Der Nachteil eines niedrigen Schnittes ist das Eindringen von Sand auf dem Weg ans Wasser. Der Fuß sinkt im Strand ein, und oben rieselt der Sand in den Schuh, der dann auf dem Wasser schmerzhaft am Fuß schubbert. Viele Testmodelle haben deswegen Gummizüge am oberen Abschluss, mit denen die Öffnungen möglichst kleingehalten werden. Auch unnötige Mengen Wasser bleiben so draußen.
Surfschuhe machen das Leben an Spots mit Steinen und Muscheln angenehmer – kein vorsichtiges Balancieren, keine schmerzenden Schnitte.” (Tobi Frauen, surf-Redakteur)
Klettbänder über dem Spann sollen bei einigen Modellen verhindern, dass der Fuß im Schuh rutscht. Das ist für viele Barfußfans ein Ausschlusskriterium, wenn der Schuh beim Weg in die Schlaufe auf halbem Weg stecken bleibt, der Fuß aber noch nicht genügend Halt hat und vorne unangenehm zusammengepresst wird. Während einige Hersteller auf bewährte Klettbänder setzen, versuchen andere es mit einer festen Gummiverstärkung. Bemerkenswert: Der ION-Schuh, der im Test mit dem besten Sitz überzeugte, kommt ganz ohne Band aus.
Bei der Sohle ist ein guter Kompromiss gefragt. Dünn genug, um noch ausreichend Gefühl fürs Board zu bieten, aber dick genug, um den Fuß vor Muscheln, Steinen und anderen spitzen Gegenständen zu schützen. Ebenfalls wichtig: Wie weit ist die Sohle nach oben um die Zehen herumgezogen, um nicht nur von unten zu schützen, sondern auch, wenn man beim Laufen die Zehen an Steinen anschlägt (aua!)? Während einige Modelle dabei nur minimalen Schutz bieten, hat vor allem Ascan das Gummi bis weit den Spann hinauf verlegt. So wird auch ein unsanfter Kontakt mit Finne oder Foil abgemildert.
Ein guter Surfschuh bietet genauso viel Gefühl wie barfuß.” (Dennis Müller, Coach)
Split-Toe-Modelle sind die Flip Flops unter den Surfschuhen, hier trennt ein Steg den großen Zeh von seinen vier kleinen Kumpanen ab. Wir haben zwei „Splittys“ im Test mitlaufen lassen. Ob man diese Modelle in Erwägung zieht, ist in erster Linie eine Frage des persönlichen Geschmacks. Während bei Ascan die Trennung fast unsichtbar ist, hat XCEL nur eine dünne Schwimmhaut. Bei kalten Temperaturen kann der einsame große Zeh in seiner dunklen Höhle schneller kalt werden, dieses Problem ist im Sommer obsolet. Der Steg kann hingegen auch für etwas mehr Halt im Schuh sorgen, wenn er gut sitzt.
Zum Testen haben wir jeweils Größe 46 angefordert, einige Hersteller bieten ihre Modelle nur in Doppelgrößen an, was einen perfekten Sitz natürlich schwieriger macht. Doch auch mit der richtigen Schuhgröße ist Anprobieren unerlässlich. Auch ein 46er-Fuß kann schmal oder breit sein, mit dominantem Großzeh (wie beim Testerfuß) oder aber gleich langen Zehen. Reckt sich der kleine Zeh forsch nach außen, oder liegt er verschämt und halb versteckt unter seinem Nachbarn? All das kann für die Passform und das individuelle Tragegefühl entscheidend sein.
Der Ascan-Schuh gehört zu den günstigsten Modellen im Test, bringt aber fast alle wesentlichen Features mit. Er sitzt in der Doppelgröße 45/46 recht straff am Fuß, dennoch kann auch das Klettband ein bisschen Rutschen innerhalb des Schuhs nicht ganz verhindern, ohne stark festgezogen zu werden. Das Bündchen ohne Gummizug sitzt eher locker, Wasser und Sand können fast ungehindert in den Schuh sickern und dort dann beim Surfen unangenehm werden. Die relativ dicke Sohle bietet guten Schutz, vermittelt dabei jedoch etwas weniger Gefühl fürs Brett als andere Modelle. Die Ferse ist dabei ebenso gut verstärkt wie der Zehenbereich, eine Verstärkung reicht bis weit den Spann hinauf. Top Preis-Leistungs-Verhältnis für den Gelegenheitseinsatz!
Guter Schutz
Sitzt oben sehr locker
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Einer der beiden Split-Toe-Schuhe im Test ist kaum als solcher erkennbar, der Trenner liegt innerhalb des ansonsten schlichten Schuhs. Dadurch sind die Zehen dicht beieinander, und man spürt die Trennung nur insofern, als dass man im Schuh kaum umherrutscht. Die Sohle ist solide und gibt guten Halt, allerdings auch relativ wenig Rückmeldung vom Untergrund. Das Gummi der Sohle ist bis weit auf den Spann heraufgezogen und schützt den gesamten vorderen Bereich des Fußes sehr gut, auch gegen Gefahren von oben wie etwa durch die Finne. Dafür muss die Fußschlaufe im Zweifelsfall einen Tick weiter eingestellt werden, denn auch das Profil zieht sich bis auf den Spann hinauf. Der hohe Schaft macht den Schuh ganzjahrestauglich, oben verhindert zusätzlich ein Gummizug, dass Wasser und Sand hineinkommen.
Guter Schutz, auch am Spann
Weniger Gefühl
Hoher Schaft
Als einziger Surfschuh im Test hat das GunSails-Modell den Gummizug am Bündchen nach schräg vorne ausgerichtet, sodass er beim Wasserstart nicht im Weg ist – das ist auf jeden Fall ein Pluspunkt! Die Sohle ist solide und sowohl im Zehenbereich als auch an den Seiten stellenweise weit nach oben gezogen. Dabei vermittelt sie immer noch ausreichend Gefühl fürs Board. Der Schuh ist eher schmal geschnitten und sitzt vor allem vorne straff – je nach Fußform eventuell zu straff. Weil statt eines Klettbands nur eine angedeutete Verstärkung vorhanden ist, rutscht man ein wenig im Schuh nach vorne und hinten. Die Schlaufe an der Ferse hilft beim An- und Ausziehen, das gut abgeschlossene Bündchen lässt kaum Wasser und Sand in den Schuh.
Gummibändsel nach vorne, guter Kompromiss aus Schutz und Gefühl
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schmal geschnitten
Der ION Plasma war der Liebling der Tester. Auch ohne Klettband, nur mit einer angedeuteten Verstärkung um den Knöchel sitzt der Schuh perfekt am Fuß, schön straff und dennoch ohne einzuengen. Die schlichte Sohle bietet guten Schutz vor Steinen und Muscheln, aber gleichzeitig noch viel Gefühl fürs Brett. Das dicke Gummi ist noch ein wenig um die Zehen herumgezogen, sodass diese zumindest im vorderen Bereich gut geschützt sind. Auch die Ferse ist sinnvoll verstärkt, die Streifen auf dem Spann hingegen sind eher ein optisches Gimmick. Das Gummibändsel am Bündchen lässt Wasser und Sand weitestgehend draußen, ist allerdings unnötig lang. Der ION gehört zu den teureren Modellen im Test, ist aber eine echte Empfehlung für alle, die dauerhaft mit Schuhen surfen.
Sehr guter Sitz und Halt, guter Schutz
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Wer buchstäblich auf schmalem Fuß lebt und surft, sollte einen Blick auf den NeilPryde-Schuh werfen. Das Modell gehört zu den schmalsten im Test und hat vor allem am kleinen Zeh die Füße des Testers unangenehm zusammengedrückt. Je nach Fußform kann das jedoch der entscheidende Pluspunkt sein. Die vielen Verstärkungen rundherum sorgen für guten Schutz, Klettband und Gummizug funktionieren tadellos und verhindern – gemeinsam mit dem schmalen Schnitt – ein Rutschen im Schuh. Kleine Öffnungen auf der Seite lassen dennoch eingedrungenes Wasser gut ablaufen. Auf dem Spann hat der Pryde ein Mesh-artiges Gewebe, was in den Schlaufen sehr angenehm ist und viel Gefühl vermittelt. Auch für das Board-Feeling bietet die Sohle ausreichend Rückmeldung.
Viel Gefühl in den Schlaufen
Vorne sehr eng
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Auch wenn Decathlon „Socken“ sagt, hat das Olaian-Modell eine ordentliche Gummisohle, die ausreichend Schutz bietet und zudem an Ballen und Ferse verstärkt ist – also dort, wo man beim Gehen auftritt. Gleichzeitig spürt man genug Rückmeldung vom Board. Statt einem Klett hat der Schuh nur eine Gummiverstärkung über dem Spann. Diese kann ein Rutschen innerhalb des Schuh zwar nicht ganz verhindern, gibt aber dennoch spürbar Halt. Das weiche Neopren auf dem Spann ist in den Schlaufen sehr angenehm, überhaupt ist der Decathlon-Schuh äußerst bequem. Im vorderen Bereich ist ausreichend Platz für die Zehen, hin und wieder sammelt sich hier auch etwas Sand, der am Gummizug vorbei am Bündchen eintritt. Zudem bietet der Olaian-Schuh das beste Preis-Leistungs-Verhältnis im Test.
Sehr angenehm zu tragen, Sohle an Ballen und Ferse verstärkt
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Ohne Gurtband und Gummizug kommt der ProLimit Predator eher schlicht, aber sehr robust daher, fast wie ein Sicherheitsschuh. Der nötige Halt im Schuh soll durch einen eher engen und straffen Sitz ermöglicht werden, kann jedoch ein leichtes Herumrutschen nie ganz verhindern. Das liegt sicher auch daran, dass der Testerfuß vorne noch relativ viel Spiel hatte. Am Knöchel dringen immer wieder Wasser und Sand ein, da macht sich der fehlende Gummizug bemerkbar. Dafür ist eine Schlaufe an der Ferse hilfreiche beim An- und Ausziehen. Überraschung angesichts der robusten Optik: Die Sohle ist eher dünn und vermittelt viel Gefühl fürs Brett und den Untergrund. Vorne und an der Ferse ist sie weit nach oben gezogen, die seitliche Verstärkung an den Außenseiten schützt vor unangenehmen Foilbegegnungen.
Viel Gefühl
immer etwas Herumrutschen im Schuh
schmal geschnitten
Im Gegensatz zu seinem „Bruder“ kommt der Hydrogen mit voller Ausstattung in Form von Klettband, Gummizug und großer Schlaufe an der Ferse. Dadurch überzeugt er sowohl in Sachen Halt als auch beim einfachen Reinschlüpfen; Sand und Wasser bleiben aber trotz des mittelhohen Schafts nicht komplett draußen. Der lange Gummizug sitzt seitlich, um beim Wasserstart weniger zu stören. Der Schuh sitzt straff, aber bequem am Fuß, er gehört zu den schmaler geschnittenen Modellen, engt dabei aber keineswegs ein. Das Klettband ermöglicht eine individuelle Einstellung. Die Sohle bietet einen guten Kompromiss aus Schutz vor Steinen und dennoch genügend Gefühl fürs Board, sie ist wie beim anderen ProLimit-Modell an Fersen und Zehen ausreichend weit nach oben gezogen.
Guter Sitz, gute Sohle
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Schmal geschnitten
Der Soöruz-Schuh erinnert eher an eine Socke, er besteht zum großen Teil aus Neopren, die Sohle ist nur an den Zehen minimal nach oben herumgezogen. Das sorgt naturgemäß für einfaches Anziehen und einen zunächst sehr guten Tragekomfort. Der Schuh ist leicht und sehr flexibel. Doch nach den ersten Schritten an Land oder im Wasser merkt man, dass die dünne Sohle nur wenig Schutz bietet, spitze Steine können sich nur minimal abgefedert in die Füße bohren, außerdem rieselt trotz Gummizug immer etwas Sand hinein. Das weiche Söckchen gibt dem Fuß auch auf dem Board nur wenig Halt zur Seite und nach vorne. Beim Hineinschlüpfen in die Schlaufen verdreht sich der Schuh regelmäßig am Fuß, teilweise rollt sich die Sohle sogar unter den Zehen auf.
Leicht und flexibel
Wenig halt, sehr dünne Sohle
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Der XCEL-Schuh sticht optisch heraus: Die sandfarbene Gummisohle hebt den XCEL-Schuh vom schwarzen Neoprenallerlei ab, rundherum gibt es viele Verstärkungen. Stichwort herausstechen: Durch die relativ dünne Sohle des Reef Boot spürt man ziemlich genau, wenn man auf eine Muschel oder einen Stein tritt – Verletzungen werden zwar verhindert, der Schuh ist aber dennoch nah am Barfußfeeling. Der abgetrennte große Zeh ist ziemlich weit von seinen vier kleineren Kumpanen entfernt, dazwischen bildet die Sohle eine Art Schwimmhaut. Insgesamt sitzt der XCEL wie angegossen am Testerfuß, das Ein- und Ausfädeln aus den Schlaufen gelingt problemlos, und der Fuß rutscht nur wenig im Schuh herum. Premiummodell zum Premiumpreis, das aber nicht so viel Schutz bietet wie andere Testkandidaten.
Gute Passform
Dünne Sohle
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Zwei weitere Test-Modelle von Atan und Wetty wurden nachgeordert, die Testeindrücke werden an dieser Stelle ergänzt, sobald die Schuhe ausprobiert werden konnten!