Wir haben bei Dr. Wolfgang Klauß, Anästhesist, Notarzt und selber leidenschaftlicher Surfer, nachgefragt, wie Surfen im Winter aus medizinischer Sicht wirklich zu bewerten ist.
Klauß: Meine persönliche Grenze habe ich so bei 3-4 Grad Lufttemperatur erreicht, darüber habe ich noch keinerlei Probleme.
Generell ist die Ausrüstung das entscheidende. Wer einen wintertauglichen Anzug, gute Schuhe, Handschuhe und vor allem eine Haube benutzt, kann im Prinzip fast das ganze Jahr surfen. Die größten Gefahren bei Temperaturen um den Gefrierpunkt sind Erfrierungen v.a. im Gesicht, an Fingern und Zehen. Ein befreundeter Rettungstaucher hat mir empfohlen, diese Stellen mit einer Fettcreme einzucremen. Dadurch wird der direkte Hautkontakt mit Wasser erschwert. Desweiteren drohen noch chronische Erkrankungen wie Nasennebenhöhlenentzündung und Ohrenschäden. Natürlich beeinflussen auch Windstärke, Sonneneinstrahlung und das Revier den Wärmeverlust. Eine verbindliche Grenze lässt sich somit nicht ziehen.
Bei Kälte ziehen sich die Blutgefäße im betroffenen Körperteil zusammen, um die Wärmeabgabe zu reduzieren. Beim Warmwerden werden die Blutgefäße gedehnt, das macht die Schmerzen. An sich ist dies nicht problematisch, ein Zusammenhang mit dem erhöhten Auftreten von Gelenkbeschwerden oder Gicht ist nicht nachweisbar. Allerdings stellt dieser Schmerz einen wichtigen Warnhinweis für unseren Körper dar.
Das Hauptproblem beim Surfen im Winter ist, dass bei kalten Muskeln die Koordinations- und Reaktionsfähigkeit deutlich abnimmt. Dies bedeutet, dass die Befehle die vom Gehirn kommen, nicht mehr schnell und genau genug umgesetzt werden können. Das kann zum Problem werden, wenn man beispielsweise einen gerissenen Tampen wieder durch die Klemme fädeln soll. Im Sommer kein Problem, im Winter manchmal eine koordinative Meisterleistung. Bei weiterer Auskühlung nimmt dann auch die Kraftleistung der Muskulatur ab. Der wichtigste Warnhinweis des Körpers sind Gefühlsstörungen und Taubheitsgefühle. Wer dies missachtet, riskiert Erfrierungen. Deshalb sollte man gewisse Sicherheitsregeln unbedingt beachten.
Das Hauptproblem beim Surfen im Winter ist, dass bei kalten Muskeln die Koordinations- und Reaktionsfähigkeit deutlich abnimmt.
Noch mehr als sonst muss man fit sein. Ein leichter Schnupfen oder Husten können nach der winterlichen Session zu einer Woche mit Fieber im Bett oder zu einer lebensbedrohlichen Lungenentzündung führen. Also bei Erkältungszeichen besser nicht auf´s Wasser gehen. Genauso wenig würde ich mich draußen in der Kälte an- und ausziehen. Auch bei der Revierwahl wäre für ein sicheres, wenig Herausforderndes. Untersuchungen haben gezeigt, dass nach dem Konsum von Zigaretten die Gefäße in Fingerspitzen und Zehen deutlich schlechter durchblutet werden. Im Winter wirkt sich das natürlich zusätzlich nachteilig aus. Deshalb würde ich im Winter vor dem Surfen nicht rauchen, damit Finger und Zehen nicht so schnell auskühlen. Sobald man auf dem Wasser das Gefühl hat, dass Koordination und Kraft nachlassen, sollte man rechtzeitig vom Wasser gehen und nicht bis zur totalen Erschöpfung draußen bleiben. Zusammengefasst gesagt: Je besser die Wärme im Körper erhalten bleibt, desto länger und sicherer das Surfvergnügen.