Tatjana Pokorny
· 23.10.2022
Für Sebastian Kördel ist es der größte Erfolg seiner Karriere: Vor Brest gewann der 31-jährige Radolfzeller die iQ-Foil-Weltmeisterschaft. Nach dem Zieldurchgang liefen ihm Tränen der Freude und Erleichterung übers Gesicht.
Das Triple-Finale der iQFoil-Windsurf-WM vor Brest war an Spannung kaum zu überbieten. Zwar hatte Sebastian Kördel die WM-Woche im bretonischen Revier zuvor in imposanter Weise mit neun Siegen in 14 Wettfahrten dominiert. Doch bei den neu-olympischen iQFoilern sorgt das Format für Hochspannung bis zum Schluss. Nur 16 Netto-Punkte hatte Kördel nach Qualifikation und Hauptrunde auf dem Konto. Der nächste Verfolger war der Holländer Luuc Van Opzeeland mit 47 Zählern. Dann ging es in die Medal-Races, eine erbarmungslose Medaillenserie mit K.o.-Rennen.
So funktionieren die Medal Races im iQFoil: Der Hauptrunden-Erste - vor Brest war das Sebastian Kördel - zieht direkt ins Finale ein. Der Zweit- und Drittplatzierte werden fürs Halbfinale gesetzt. Die Starter auf den Plätzen vier bis zehn kämpfen in einem Viertelfinalrennen um die beiden anderen Semifinalplätze. Die zwei Halbfinal-Besten erreichen das Finale, in dem es zum Dreikampf um die Medaillen kommt. “Es ist schrecklich”, kommentierte Kördel das System, “der Druck, der dabei auf dir lastet, den kann man sich gar nicht vorstellen.”
In diesem WM-Finale hielt der große iQFoiler aus dem DSV-Olympiakader dem immensen Druck statt. Er wehrte sich erfolgreich gegen die Attacken des neuen Vize-Weltmeisters Luc Van Opzeeland, überzeugte nach gelungenem Start mit souveränen Manövern und der besten Geschwindigkeit. Nach weniger als zehn Minuten holte Kördel sich im Krimi-Finale seinen ersten WM-Titel als angehender Olympionike. “Ist das wahr? Ich kann es gar nicht glauben!”, entfuhr es ihm nach dem Zieldurchgang.
Regelmäßig hatte Kördel in den vergangenen Jahren zwar immer wieder sein Leistungsvermögen demonstriert, zuletzt beim PWA-Worldcup auf Sylt. Große Titel aber hatte er in entscheidenden Finalläufen knapp verpasst. “Ich hatte heute im Finale auf dem letzten Abschnitt Flashbacks. An der Stelle habe ich zuletzt den EM-Titel verloren. Heute konnte ich wieder das Foil meines Verfolgers im Wasser hören und dachte nur: Das darf nicht noch einmal passieren.”
Ist es nicht. Kördel blieb nervenstark, verteidigte seine Führung klug und beharrlich. Wenn die Gegner ihn mit Pumpen attackierten, wahrte er auf dem Foil die Ruhe – und den Speed. Wenn sie von ihm weg wollten, nahm er sie in lose Deckung. Mit wenigen Sekunden vor Hollands bestem WM-Akteur Luuc Van Opzeeland kreuzte der Mann mit der Segelnummer GER 220 die Ziellinie als neuer Weltmeister überglücklich. Bronze holte mit Huig Jan Tak ein zweiter Niederländer. Auch einige andere PWA-Fahrer waren vor Brest am Start: Sylt-Sieger Amado Vrieswijk landete auf Rang zehn, Thomas Goyard wurde Elfter, Maciek Rutkowski kam auf Platz 19.
Als Bester von 161 iQFoilern dominierte Sebastian Kördel die gesamte WM-Woche. DSV-Sportdirektorin Nadine Stegenwalner bescheinigte ihm eine “sensationelle Leistung”. Belohnt wird Kördels Happy End neben Verbands-, Vereins- und Sponsoren-Förderung auch mit einem ganz besonderen Bonus: Der erfolgreichste deutsche Windsurfer in diesem Jahr erhält die Goldprämie des NRV Olympic Teams in Höhe von 50.000 Euro. Die schüttet das leistungsorientierte Team des Norddeutschen Regatta Vereins nur an Olympiasieger und Weltmeister in olympischen Segeldisziplinen aus. Hier geht es zu den iQFoil-WM-Ergebnissen der Männer.
Der WM-Triumph bedeutet Sebastian Kördel viel. “Den kann mir keiner mehr nehmen. Der steht dafür, dass ich gewinnen kann.” Auf Kurs Olympia 2024 genießt der Profisportler, der im Alter von sieben Jahren im Familienurlaub auf Korsika erstmals mit dem Surfen in Kontakt kam, jetzt das gute Gefühl eines Champions: “Das hier ist der größte Erfolg meiner Karriere. Er wird mir viel Motivation und Selbstbewusstsein geben.”
Zum starken Auftritt der iQFOiLer vom German Sailing Team im französischen WM-Revier trug auch Theresa Marie Steinlein bei. Kördels 20 Jahre junge Club-Kameradin vom Norddeutschen Regatta Verein foilte auf Platz 17 und erkämpfte damit in der U21-WM-Wertung sogar die Bronzemedaille. Hier geht es zu den iQFoil-WM-Ergebnissen der Frauen.