Die Wurzeln von Fanatic liegen weit weg von jedem besurfbaren Gewässer – in Selters im tiefsten Westerwald. In den Schütz-Werken wurden seit den 1950er-Jahren Heizöltanks und Container hergestellt. Firmengründer Udo Schütz war aber auch ein leidenschaftlicher und erfolgreicher Autorennfahrer und Segler. So baute er die Segelyacht „Container“, mit der er den legendären Admiral’s Cup gewann. 1981, Windsurfen begann gerade die absolute Trendsportart zu werden, gründete er eine Brettmarke und 1982 hob mit dem „Eagle Wing – made bei Fanatics“ – das erste Tier im Westerwald ab. Seither hat die Firma eine wechselvolle Geschichte mit vielen Verkäufen und Umbrüchen hinter sich. Trotzdem ist sie heute immer noch eine der erfolgreichsten Windsurfmarken und blieb sich zumindest in Teilen treu – die Tiernamen prägen noch heute die aktuelle Modellpalette.
Seit 1995 ist der gebürtige Südafrikaner Craig Gertenbach Teil des Tierheims, erst als Tester, dann in der Entwicklung, und seit 2004 leitet er als Brand Manager die Geschicke von Fanatic innerhalb der Boards and More Company in Oberhaching bei München.
Für surf wirft der 51-Jährige einen persönlichen Blick zurück auf die Wurzeln der Firma, die prägenden Persönlichkeiten und die vielen Veränderungen im Laufe der letzten vier Jahrzehnte.
Fanatic war zu Beginn eine sehr „deutsche“ Firma, die stark auf Technologie fokussiert war. Sie bauten ihre eigenen Formen und verwendeten von Beginn an sehr viel Hightech-Materialien. So hatte Schütz durch seine Beziehungen in die Kunststoff-Industrie schon früh die Möglichkeit, Honeycomb-Waben einzusetzen. Die Produktion war sehr automatisiert – man legte vorne die Materialien in die Form und hinten kam das fast fertige Brett raus. Es wurde nur noch sehr wenig Handarbeit beim Finishen der Kanten benötigt.
Die Formen waren damals extrem teuer und so war die Produktion auf hohe Stückzahlen ausgelegt. Aber die Philosophie der Marke war, durch die Hightech-Produktion ein Alleinstellungsmerkmal im Verkauf zu haben. Ich selber erinnere mich bei den ersten Fanatic-Boards daran, dass sie immer ein farbenfrohes, manchmal riskantes und schnell wechselndes Design gegenüber anderen Marken hatte, die sehr auf einen hohen Wiedererkennungswert setzten. Ich glaube, das haben wir durch die 40-jährige Geschichte bis heute beibehalten.
Auch später stand Technik bei Fanatic immer im Vordergrund. Wir wagten als eine der ersten Firmen den Schritt zur Produktion bei Cobra in Thailand, hatten Ingenieure dort und benutzten CAD-Systeme im Designprozess. Und auch die Dekos waren immer emotional. Ich glaube, jeder ältere Surfer erinnert sich noch an das erste Mosquito-Design. Ich habe so ein Brett noch im Büro und findes, es sieht immer noch großartig aus. Deshalb haben wir bei der Jubiläumskollektion auch Designelemente und Namen wieder aufgenommen.
Mein erstes Fanatic-Board war eine Racy Cat. Es war mein erstes Race-Equipment und es war das Brett, das damals jeder fuhr, ich war beeindruckt von seinem Gewicht und der Technologie – und natürlich vom Design. Später arbeitete ich bei F2 und testete mit Shaper Werner Gnigler. Von ihm habe ich damals alles übers Testen gelernt. Er bekam immer die Boards anderer Marken zum Vergleich und die Fanatic- Boards waren den anderen in Sachen Gewicht, Technologie und Optik weit überlegen. Das war für mich überwältigend und blieb mir immer in Erinnerung.
Ein weiterer Moment, der mich schwer beeindruckt hat, war, als Cesare Cantagalli gleich nach dem Aloha Classic 1986 zum Worldcup nach Südafrika kam und seine wahnsinnigen Cheese Rolls perfekt landete. Er hatte die Mosquito mit dem unglaublichen Design. Meine Freunde und ich, wir waren gerade so 16 Jahre alt und hatten es live im Fernsehen gesehen, gingen in Langebaan raus und versuchten es auch mit völlig unpassendem Material. Cesares Performance hat das Image von Fanatic nachhaltig geprägt. In den 80er-Jahren waren es Philip Pudenz oder Marco Campello, später kamen Typen wie Fabien Pendle, Torkil Kristensen und Nik Baker, aber Cantagalli prägte das Wave-Image für Fanatic. Auf seiner „Globotour“ reiste er an exotische Orte in der ganzen Welt und brachte atemberaubende Fotos mit. Lange vor dem GoPro-Zeitalter lieferte er Mastmount-Fotos, und ihm gelang es, das technische, deutsche Image von Fanatic in ein cooles Wave-Image zu verwandeln. Er war und ist immer noch ein stylisher Charakter und seine Zeit bei Fanatic war ein entscheidender Faktor für die Marke.
Ein weiterer starker Charakter im Team dieser Zeit war Maui Meyer, auch wenn er nur wenige Jahre im Worldcup fuhr. Großen Eindruck hinterließ in den 1990ern dann Nik Baker. Der Brite war einer der Ersten, der wirklich professionell arbeitete und das Windsurfen seriös anging, was Material und Training betraf. Er hatte mit Sega, Red Bull und Oxbow große Sponsoren außerhalb des Windsurfens und war einer der großen Konkurrenten von Björn zu der Zeit. Er war zwar kleiner und leichter als Dunkerbeck, aber dafür gewann er auch viele Indoor-Events.
Mitte der 90er schlug Fanatic eine neue Richtung ein. Man nannte sich „Boarders Company“ und produzierte Wakeboards, Wellenreiter und Kiteboards. Dafür wurde das Windsurf- Worldcupteam massiv zusammengestrichen, aber man behielt Nik Baker als eine Art Waterman im Team. Er war eine der Schlüsselfiguren für Fanatic von 1994 bis zum Ende des Jahrtausends.
1994 kam Sebastian Wenzel als junger Kerl zu Fanatic und war ab 1997 der exklusive Shaper für die Marke. Ralf Bachschuster, der in den 90ern ebenfalls einer der führenden Köpfe im Team war, sagte einmal, dass sie damals unglaublich viel Geld für Custom-Made-Boards ausgaben. Sie orderten einfach bei ihrem Lieblingsshaper ihre Boards, klebten ein paar Fanatic-Sticker drauf, waren aber praktisch nicht in die Entwicklung der Serienboards involviert. Bei Fanatic versuchte man dann die Fahrer etwas stärker einzubinden. Als ich 1995 in die Firma kam, hatte das Management die Idee, drei Shaper zu beschäftigen, wir deren Boards dann testeten und entscheiden sollten, welches die besten sind. Es gab also so etwas wie einen internen Wettbewerb.
Diese Politik wurde aber nur etwa eineinhalb Jahre durchgezogen. Danach entschied man sich, Sebastian als alleinigen Shaper zu beschäftigen. Außerdem beschloss man, anstatt den Fahrern Geld für Boards zu überweisen und Sticker zu schicken, sie zu 100 Prozent in die Entwicklung einzubeziehen. Von da an durften die Fahrer nur noch die Boards von Sebastian verwenden. Das ist nun seit 23 Jahren unser Business Model – abgesehen von einer kurzen Zeit, als Francisco Goya auch Boards von Keith Teboul verwenden durfte. Seinen Weltmeister-Titel in der Welle holte er aber auf einem Board von Sebastian.
Dass die Fahrer und der Shaper eng zusammenarbeiten ist der Schlüssel zum Erfolg. Wenn man jemanden dafür bezahlt, sein Produkt zu promoten, dann sollte er voll und ganz dahinter-stehen. Das macht auch das Marketing wesentlich authentischer. Ich habe diese Politik, als ich 2004 Brand Manager wurde, weiter vorangetrieben. Das hauns zwar in der Vergangenheit einige potenzielle Teamrider gekostet, die weiter ihr Boards bei anderen Shapern bauen lassen wollten, aber ich halte es für eine Verschwendung von Resourcen, sie einfach ihr Ding machen zu lassen. So wurde Sebastian als Entwickler immer besser und die Fahrer können sehr hilfreiches Feedback geben, wenn man es vernünftig kanalisiert.
Ende 1999 wurde Fanatic an die Mistral-Gruppe verkauft. Dort waren dann F2, Fanatic, Mistral, die Segelmarken Arrows, ART und North Sails sowie Snowboards und Zubehör unter einem Dach. Im Jahr 2000 entstand dann Boards & More durch einen Zusammenschluss von F2, Mistral und Fanatic. Auch im Marketing gab es Veränderungen, weg von einem Waterman, der alle Sportarten repräsentierte. Mit Rush Randle, der ein Pro Model mit einen Totenkopf auf dem Bug bekam, und Francisco Goya mit seinem Pro Model mit dem Sonnen-Design, holte sich Fanatic sein Wave-Image wieder zurück.
Francisco Goya hat, auch wenn er die Firma verlassen hat, mit seiner Kreativität die Marke sehr stark promotet. Aber er wollte sein eigenes Ding machen, was verständlich war, denn er war bereit für den nächsten Schritt. Er brachte uns den PWA-Titel in der Welle auf einem Board von Sebastian, was ihm in seiner Entwicklung als Shaper unheimlich geholfen hat. Außerdem half Cisco uns, bevor er die Marke verließ, neue junge Teamrider zu bekommen.
Einer von ihnen war Victor Fernandez. Ich traf mich damals mit ihm in einem Boardlager in Pozo zur Vertragsunterzeichnung und musste feststellen, dass er 90 Prozent von dem, was ich sagte, nicht verstand, denn er sprach nur Spanisch. Es folgten weitere junge Fahrer wie Jonas Ceballos, Gollito Estredo, Cheo Diaz, aber auch Klaas Voget und Andre Paskowski. In den frühen 2000ern setzten wir auf talentierte Nachwuchsfahrer mit dem Potenzial für Titel und weniger auf die alte Garde. So kamen dann auch die Markenslogans „Young and wild“ und „Addicted to ride“ zustande. Es ist sehr befriedigend zu sehen, dass diese Strategie Erfolg hatte. Gollito ist mit seinen neun Freestyle-Titeln eine Ikone geworden. Was er erreicht hat, ist der Wahnsinn. Und Victor mit seinen drei Wave-Titeln und ungezählten Podiumsplätzen ist seit Jahren ein Erfolgsgarant.
Diese Jungs haben mit Klaas Voget und später Pierre Mortefon die Marke zu dem gemacht, was sie heute ist. Der Sport hat sich seit den Zeiten von Nik Baker, wo die Fahrer drei Disziplinen mit Bergen von Material fuhren, verändert. Heute sind es alles mehr oder weniger Spezialisten. Deshalb sind wir auch froh, mit Marc Paré jetzt für die nächsten fünf bis zehn Jahre einen potenziellen Wave-Weltmeister im Team zu haben. Ich bin davon überzeugt, dass es gut ist, Fahrer langfristig in die Marke zu integrieren, so dass sie Teil der Familie werden.
Erfahrung und Kontinuität zeichnet sicher auch unser internes Team aus. Sebastian ist seit 1994 in der Firma. Ich kam 1995, nach dem ich vorher für F2 und NeilPryde gearbeitet hatte, anfangs als Fahrer, Tester und Entwickler, zu Fanatic. Ab 2000 wechselte ich ins Büro und zog nach Deutschland. Ich habe alle Bereiche in der Firma durchlaufen, bevor ich dann 2004 Brand Manager wurde. Meine Frau Karin ist für das internationale Marketing zuständig und seit 2000 dabei. Zuvor war sie bereits acht Jahre bei NeilPryde. Klaas Voget arbeitet mittlerweile mit ihr zusammen im Marketing und weiter in der Waveboard-Entwicklung und gehört seit 1999 zu Fanatic. Daniel Aeberli als Produktmanager ist seit sieben Jahren bei Fanatic, nachdem er zuvor bei F2 war.
Wir kennen uns also alle lange und haben sehr viel Erfahrung. Das läuft schon sehr gut. Sebastian und ich müssen von der Persönlichkeit her nicht immer im Mittelpunkt stehen. Und wir schätzen auch bei unseren Teamfahrern, wenn sie über einen längeren Zeitraum mit uns professionell zusammenarbeiten, den Sport leben und mehr die Action auf dem Wasser sprechen lassen als Worte an Land.
In einem Interview mit euch, habt ihr mich einmal gefragt, ob Fanatic nicht etwas konservativ ist, was neue Trends angeht. Das stimmt zu einem gewissen Grad vielleicht sogar. Wir springen nicht gleich auf jeden Hype, sondern schauen uns auch den Markt erst einmal an. Wir sind eine deutsche Firma und Deutschland ist der größte Windsurfmarkt. Wir sind also nah an den Trends dran und können dann sehr marktorientiert agieren. Auf der anderen Seite waren wir aber zum Beispiel im Bereich der CAD-geshapten Boards absoluter Vorreiter, was uns damals auch viel Kritik eingebracht hatte. „Die shapen ihre Boards nicht mehr mit der Hand“, wurde damals gesagt, als wir die altbekannten Arbeitsschritte mit der Computer-Fräsmaschine veränderten. Aber am Ende hat uns das fünf bis zehn Jahre Vorsprung gegeben, bis die anderen Firmen nachgezogen hatten.
Kontinuität und nicht auf jeden Zug einfach aufzuspringen und an unsere Produkte zu glauben, war immer ein Credo. Manchmal braucht es ein, zwei Jahre, manchmal drei oder fünf bei Dingen, bei denen viele zu Beginn negativ eingestellt waren. Zum Beispiel bei den „stubby“ Boards. Da haben einige Leute sofort für sich reklamiert, dass es ihre Idee war und andere haben es gleich abgeschrieben. Für uns war es ein absoluter Erfolg. Der Blast ist seit fünf Jahren im Programm und wir konnten ihn in der Zeit auch mit vielen neuen Prototypen nicht besser machen. Das zeigt uns, dass wir von Anfang an etwas richtig gemacht haben. Wir sind ein kleines Team und binden die Teamfahrer so stark ein wie es geht, aber es ist für uns auch wichtig, nicht nur am Schreibtisch zu sitzen. Es ist auch schön auf dem Wasser zu sein, die Sachen auszuprobieren und dadurch weiter motiviert für die Arbeit zu sein.
In den letzten Jahren haben wir uns auch in vielen anderen Sportarten involviert. Stand-up-Paddeln, Surf- und Wing-Foiling hilft uns, auch wenn der Arbeitsaufwand immer höher wurde, ein wenig aus der Windsurf-Bubble heraus zu kommen, ein größeres Gesamtbild zu bekommen. Das macht einen auch ein bisschen entspannter. Man kommt mit anderen Leuten zusammen, unterschiedlichen Arten von Medien und ist auf anderen Events. So findet man neue Ansätze und bleibt nicht in einer Einbahnstraße stecken. Außerdem ergeben sich in vielen Bereichen Synergien, so dass wir Kosten für Mitarbeiter und Agenturen auf zwei oder drei Budgets verteilen können. Ich finde es gerade sehr erfrischend, in verschiedenen Sportarten aktiv zu sein.
Ich habe 1982 angefangen zu windsurfen und nach 38 Jahren wirst du definitiv nicht mehr besser, du versuchst möglichst dein Level zu halten. Es macht mir also unheimlich viel Spaß, etwas Neues zu lernen. Das ganze Wing-Foiling und Windsurf-Foiling-Ding erinnert etwas an die alten Tage – alle sind scharf darauf, einfach rauszugehen und was Neues zu probieren. Je mehr Leute auf dem Wasser sind, egal ob mit Wings, SUP- oder sogar Kiteboards, desto größer ist die Chance, dass sie mitkriegen, was Windsurfen für ein fantastischer Sport ist.