InterviewMelek Toraman - Deutschlands schnellste Windsurferin

Andreas Erbe

 · 21.11.2022

Interview: Melek Toraman - Deutschlands schnellste WindsurferinFoto: privat
Von Natur aus schnell – kaum hat sich Melek auf den Speedkurs eingelassen, holt sie sich den deutschen Rekord über die Nautische Meile sowie über 500 Meter

Auf Sylt geboren, in Florenz studiert, in Istanbul gearbeitet und in Alaçati zur türkischen Worldcup-Surferin geworden: Nun startet Melek Toraman für Deutschland und holte sich den deutschen Speedrekord über die Nautische Meile und in Lüderitz einen neuen deutschen Rekord über 500 Meter. Grund genug, sie einmal zu besuchen.

“Ich freue mich drauf, aber ich habe auch ein bisschen Angst”, sagte Melek Toraman im Hinblick auf die Lüderitz Speed Challenge bei unserem Gespräch im Sommer 2022. Die Reise nach Namibia hat sich gelohnt: Gerade stellte die 50-jährige mit 44,18 Knoten einen neuen deutschen Rekord auf (die Ratifizierung steht noch aus) - und der Event ist noch nicht zu Ende!

Wir trafen Melek Toraman in einer Galerie auf der Westerländer Strandpromenade. Hier stellt sie ihre farbenprächtigen, sehr positiven und abstrakten Gemälde aus. „Ich möchte zum Ausdruck bringen, wie Kunst die Gefühle des Betrachters in Freude und Glück verwandeln kann,” beschreibt sie in einem Interview während einer Ausstellung in Venedig ihre Art der Malerei. Während unseres Gesprächs betritt Meleks Grundschullehrerin die Galerie und freut sich sehr über die Begegnung mit ihrer alten Schülerin. Schon in der Grundschule sei ihr das künstlerische Talent von Melek aufgefallen. Vom Windsurfen wusste die alte Dame damals noch nichts. Aber das interessiert uns natürlich.

Erzähl doch ein wenig über dich.

Meine Eltern kamen Anfang der Siebzigerjahre nach Sylt. Ich bin hier in der Nordseeklinik geboren, hier aufgewachsen und habe meine Schule hier beendet – ich bin also eine echte Sylterin.

Wie ging es dann weiter?

Nach der Schule habe ich Modedesign in Florenz studiert und war nach dem Studium auf einigen Modemessen. Ich wollte unbedingt viel surfen und habe mich beim Modelable Dakine beworben. Die saßen damals am Gardasee und fanden das toll, dass ich surfe. Ich habe für sie Snowboard-Klamotten in Madonna di Campiglio und Shorts designt. Als die Firma verkauft wurde, ging ich als Designerin nach Istanbul und habe zehn Jahre dort gearbeitet.

» Eigentlich wollte ich mir Alaçati nur mal kurz anschauen, aber dann bin ich einfach dort geblieben.«

Aber ich wollte unbedingt weitersurfen und die Stadt war mir einfach zu viel. Freunde sagten mir dann, ich solle mal nach Alaçati gehen. Da wären immer viele Surfer, und es hätte immer Wind. Doch eigentlich war mein Plan, nach Sardinien zu gehen. Ich wollte mir Alaçati dann nur mal ein, zwei Wochen anschauen, aber es gefiel mir so gut dort, dass ich dageblieben bin. Es sind viele Surfer dort, es ist jeden Tag Wind, im Winter bleibt es warm und es gibt ab und zu Wellen. So landete ich 2006 in AlaÇati.

Foto: privat

Bis dahin hast du aber noch nie Regatten gesurft, oder?

Nein, aber einige Leute motivierten mich dann, bei der türkischen Meisterschaft mitzumachen. Zu der Zeit war auch regelmäßig die PWA in Alaçati zu Gast – da bin ich dann voll eingestiegen und habe mich aufs Surfen konzentriert. 2012 war ich sogar in der Jahreswertung overall Achte im Slalom, da ich auch zu den Cups in Korea und Italien gefahren bin.

Du warst also Vollprofi, kann man sagen.

Schon, ich habe jeden Tag hart trainiert, vor allem mit den Männern, und habe mir Sponsoren gesucht. Fast jedes Jahr waren in Alaçati auch internationale Meisterschaften, die ich mitgefahren bin. Aber nach zehn Jahren Regatta-Fahren hatte ich auch genug und wollte wieder mehr als Künstlerin arbeiten. Ich bin jetzt durch meine Kunst wieder sehr viel mehr in Europa unterwegs, habe aber noch eine Wohnung in Alaçati.

Wie kam es dann jetzt dazu, dass du unter deutscher Flagge im Speedsurfen so erfolgreich bist?

Seit einiger Zeit bin ich wieder viel öfter und länger hier, so vier, fünf Monate. Mit meiner Kunst bin ich recht erfolgreich, sie hängt auch in großen Galerien oder wie jetzt auf der Biennale in Venedig. Zum Speedsurfen bin ich durch meinen Freund Thomas Moldenhauer gekommen, der letztes Jahr auch in Lüderitz mitgefahren ist. Durch ihn bin ich dann öfter im Winter mit nach La Franqui in Südfrankreich gefahren. Als er gesehen hat, welche Zeiten ich fahre, hat er gesagt, dass ich doch mal bei dem Prince of Speed mitfahren solle. Der Organisator Principe Baldini hat mich dann mit seiner Art noch zusätzlich motiviert. Er sagte, du trainierst ein Jahr und dann bist du die beste. Also bin ich das wirklich sehr ernsthaft angegangen – und da ich mich eigentlich mehr als Sylterin sehe, kann ich jetzt aufgrund meiner doppelten Staatsbürgerschaft auch für Deutschland starten.

Beim Prince of Speed herrscht offenbar eine ganz besondere Atmosphäre.

Das stimmt, die Umgebung ist einzigartig, und wenn die Bedingungen gut sind, kommen auch alle. Die besten Speedsurfer und -surferinnen der Welt. Alle sind unheimlich freundlich und hilfsbereit. Das liegt bestimmt auch an der Umgebung und der Natur, jeder hat Platz und seine Freiheit. Das ist ja leider nicht an allen Spots so.

Wenn du jetzt häufiger auf Sylt bist, surfst du hier auch in der Welle?

Derzeit habe ich kein Material. Aber wenn ich wieder mehr hier bin, bringe ich es mit hierher. Allerdings werde ich dann im Königshafen surfen. Wellen surfe ich nur, wenn sie klein sind.

Melek Toraman: Deutsche Speedrekord-Halterin über die Nautische MeileFoto: privat
Melek Toraman: Deutsche Speedrekord-Halterin über die Nautische Meile

Das ist Melek Toraman

  • Alter: 50 Jahre
  • Wohnort: Alaçati/Sylt
  • Beruf: Künsterlin
  • Regattadebüt: 2006
  • Erfolge: 8. Platz PWA Slalom overall 2012; deutscher Speedrekord Nautische Meile 2022
  • Lieblingsspots: Alaçati/Türkei, La Franqui/Frankreich
  • Sponsoren: Point-7, AV Boards
  • Social Media: melektrmn (Instagram), Melek Toraman (Facebook)

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