Tobias Frauen
· 10.12.2022
Wir steigen ins Archiv und werfen einen Blick in alte Ausgaben! Hier zeigen wir euch die besten Fundstücke, bemerkenswerte Test-Ergebnisse, skurrile Anekdoten und vieles mehr! In dieser Folge geht es zurück ins Jahr 1984!
Historisches gab es im September-Heft 1984 zu lesen: Zum ersten Mal waren Windsurfer bei Olympischen Spielen dabei! Parallel zur Windglider-Welt der Olympioniken wurden Sinker getestet und eine Übersicht der damals gängigen Finnenformen gezeigt - aus heutiger Sicht höchst abenteuerlich. Viel Raum gab es für den “Neuen Stil”, eine Fahrtechnik-Strecke mit Duck Jibe und Co. Damals produzierte surf sogar einen aufwändigen Film mit Pete Cabrinha und Tester Kutte Prießner - absolutes Gold!
Nur 17 Jahre nach der Erfindung des Windsurfens feierte der Sport 1984 in Los Angeles seine Olympia-Premiere. surf war mit Chefredakteur Uli Stanciu und Redakteurin Angelika Schäfer vor Ort und berichtete - und das war auch nötig: “Fernsehen und Tageszeitungen berichteten äußerst dürftig, die Kurse lagen so weit vom Land entfernt, daß man vom Strand aus überhaupt nichts sehen konnte, und Zuschauerboote gab es nicht!” Auch unter den Fahrern herrschte Unzufriedenheit - das Revier vor Long Beach sollte Starkwind bieten, hatte aber nur eine müde Brise parat. Die meisten gaben im Gespräch mit surf an, dass sie nun auf Funboards umsteigen und Profis werden möchten.
Damals auch ein großes Thema: Das Pump-Verbot. Weil der Franzose Gildas Guillerot “14 mal innerhalb von 15 Sekunden” an der Gabel gezogen haben soll, wird er disqualifiziert und Dirk Meyer aus Berlin rutscht auf Platz eins der ersten Wettfahrt. Am Ende landet er auf Platz sieben. Olympiasieger wurde Stephen van den Berg aus den Niederlanden vor Scott Steele (USA) und dem Neuseeländer Bruce Kendall. Der hatte zuhause statt auf dem Olympiaboard Windglider auf einem Windsurfer trainiert - weil er keines der zwei (!) in Neuseeland existierenden Windglider-Bretter ergattern konnte. “Pumper” Guillerot erreichte immerhin Rang vier und lief Kette rauchend durchs Fahrerlager - selbst auf dem Bild im Heft hat er eine Kippe im Mund...
Die Achtziger waren auch das Jahrzehnt wild wuchernder Finnen-Kreationen. surf gab im September-Heft einen Überblick und versuchte, die Unterschiede aufzuzeigen. Denn: “Mit der Geschwindigkeit kam der Spin Out, der wie ein Damokles-Schwert über jedem berauschenden Geschwindigkeits-Abenteuer hing.” Aus heutiger Sicht wirken besonders Foot- oder Footballfinnen kurios. Die Erklärung damals: “Bedingt durch den Versatz zwischen Basis und Finnenspitze geben diese Formen dem Brett mit zunehmender Geschwindigkeit mehr Führung”, erklärte Shaper Helmut Kirner damals den surf-Lesern. “Auch sollen die bei Foot- und Footballfinnen nach vorne gewölbten Nasen am Finnenende verhindern, daß Luftblasen bis an die Finnenspitze wandern können.”
Andere Finnenformen von damals sind hingegen heute durchaus gebräuchlich, und Multifin-Boards haben sich ohnehin durchgesetzt. So lassen sich bei den “Stunt”-Finnen durchaus Ähnlichkeiten mit steilen Wave-Finnen erkennen oder auch mit heutigen Freestyle-Flossen. Andere Kreationen hingegen sind vollkommen verschwunden, so etwa die Bumerang- oder Tucan-Finne. Was wohl die sächsische Polizei heute zu solchen säbelartigen Konstruktionen sagen würde?
Mit den Funboards kamen neue Manöver und ein neuer Fahrstil. surf widmet dieser Entwicklung nicht nur eine Fahrtechnik-Serie mit Pete Cabrinha, sondern auch einen aufwändig produzierten Film. Darin: Kutte Prießner als Surf-Nostalgiker mit Riesen-Brett und Holzgabelbaum, die er in einer klapprigen Ente transportiert. Ganz anders Shooting-Star Pete Cabrinha. Er kommt im schicken Quattro von Sponsor Audi an und kriegt natürlich die blonde Schönheit auf den Beifahrersitz. Später liefert sich der Audi noch ein Speedduell mit einem Windsurfer bei sagenhaften 50 km/h. Aber: “Trotz schöner oder lustiger Bilder wird immer wieder deutlich, daß es sich bei diesem Video um einen Lehrfilm handelt!” zeigefingert der surf-Autor. Kutte darf sich von Pete den Beachstart beibringen lassen, und die Blondine vom Beifahrersitz entpuppt sich als Surflehrerin Doris Straub, die zeigt dass “Funboardfahren keine Domäne der Männer [ist], Mädchen und Frauen können hier ebenfalls mithalten”.
Wer nach diesem Making Of im Heft Lust auf den Film bekommen hat, konnte 1984 für schlanke 148 Mark die VHS-Kassette “Funboard Windsurfing - Der neue Stil” erwerben. Wir waren ganz tief in den Archiven und haben das Meisterwerk hervorgekramt und für euch im surf TV-Kanal bei Youtube bereitgestellt. Viel Spaß!
“Spaß oder Selbstmord?” heißt es auf dem Titel, in der Einleitung des Test ist dann von “Selbstmörderbrettern” und “Witwenmachern” die Rede. Trotzdem warfen sich einige surf-Redakteure todesmutig (nach einer Anreise mit Hindernissen) auf Fehmarn in die Brandung, um Sinker aus der Serie zu testen. Die waren für viele Marken eher ein Marketing-Gag als ein Produkt für die breite Masse - wer so etwas fahren konnte, hatte in der Regel ein Custom dabei. Im Test dabei sind vier Boards: Der “Hagan Jibe” (280 cm, 86 Liter), “Aska Cobra” (267 cm, 102 Liter), “Surfpartner Wet” (282 cm, 89 Liter) und “Ten Cate Shot” (280 cm, 96 Liter).
Eine Erkenntnis des Test: “Sinker sind nicht generell gefährlich. Sie sind nur für den gefährlich, der sein eigenes Fahrkönnen über- und die Bedingungen unterschätzt!” warnen die Redakteure. Apropos Bedingungen: Sinker funktionieren erst ab atemberaubenden vier Windstärken, werden die Autoren nicht müde zu betonen. Dann aber geht die Post ab: “Sinkerfahren ist der absolute Wahnsinn, das Schärfste, was man auf dem Wasser überhaupt erleben kann!”