Verglichen mit dem Sammelsurium an Finnen-Set-ups und Boxensystemen, mit denen man sich im Wavebereich herumschlagen darf, geht es im Freeride-Segment fast schon simpel zu: Eine Finne, eine Powerboxschraube, fertig! Gemeinsam mit Surfern anderer Disziplinen hat man aber die Chance, dass auch für Freerider eine zweite Finne die günstigste Möglichkeit darstellt, sein Board sinnvoll an die Bedingungen oder das Fahrkönnen anzupassen. Was eine kürzere oder längere Finne mit dem Board macht, welche Abstufung Sinn bringt, haben wir auf der Ostsee ausgetüftelt.
Um zu verstehen, warum eine zweite Finne bei Freerideboards Vorteile bringt, hilft ein Blick in die Boardphysik: Die Finne ist gewissermaßen das Fahrwerk des Boards, liefert sie doch den zum Angleiten und Speedfahren nötigen Auftrieb. Generell gilt: Zusätzlich zur Qualität und dem Profil der Finne sind vor allem Länge und Fläche der Finne entscheidend für deren Leistung. Je größer der Tiefgang ist, desto mehr Auftrieb (=Gleitleistung) wird erzeugt. Mit welcher Finnenlänge die Hersteller ihre Bretter bestücken, hängt nur bedingt vom Volumen des Boards ab, sondern in erster Linie von der Breite des Bretts, insbesondere im Heckbereich. Ein Beispiel: Ein Bump & Jump-Brett wie der Fanatic FreeWave kommt in der Größe 116 Liter mit 30er-Mittelfinne aus dem Karton, ein Freerider wie der Gecko 112 aber mit einer 38er-Finne – eben weil er deutlich breiter ist, vor allem im Heckbereich. Dies erklärt auch, warum die extrem breiten Hecks von Slalomboards mit noch längeren Finnen ausgestattet werden müssen.
Je breiter das Heck eines Boards ist, desto weiter außen steht man naturgemäß, zumindest wenn man sein Board im Vier-Schlaufen-Set-up nutzt. Diesem "Körperhebel" muss man einen entsprechenden Hebel der Finne entgegensetzen (Bild 1).
Die Hersteller statten ihre Boards also mit einer Serienfinne aus, bei der Finnenlänge und Heckbreite in einem gewissen Verhältnis stehen – meist entspricht die Finnenlänge etwa der Breite des Boards vor dem Finnenkasten (Bild 2). Derart ausgestattet läuft das Brett im normalen Windbereich frei gleitend übers Wasser.
Im Grenzbereich, also bei absoluten Angleitbedingungen oder bei Starkwind, gerät dieses Gleichgewicht aus den Fugen – Zeit für eine zweite Finne.
Eine Abstufung zur Serienfinne von drei bis fünf Zentimetern nach oben oder unten hat sich in der Praxis für die meisten Freerideboards als sinnvoll herausgestellt.
Die Verwendung längerer Finnen bringt vor allem dann etwas, wenn man am Homespot regelmäßig mit Gleitbedingungen am absolut unteren Limit zu kämpfen hat. Durch eine drei bis fünf Zentimeter längere Finne verbessert man: • Angleiten und Durchgleiten in Windlöchern • Eignung für große Segel (ca. +0,3 bis 0,5 qm) • Eignung für schwere Fahrer (ab 95 Kilo)
Umgekehrt bringt eine im Vergleich zur Serienfinne drei bis fünf Zentimeter kleinere Finne Vorteile, wenn man sein Freeridebrett häufig auch bei richtig viel Wind einsetzen will. Konkret verbessern sich dadurch:
Von der Serienfinne noch mehr als fünf Zentimeter abzuweichen, bringt in der Praxis hingegen kaum noch Vorteile. Bestückt man seinen Freerider beispielsweise statt mit der 40er-Serienfinne nur noch mit einem 32er-Spurhalter, surft das Brett nur noch auf der Luvkante durchs Wasser, weil der entsprechende Hebel der Finne fehlt. Weniger Gleitleistung, Speed und letztlich sogar eine schlechtere Kontrolle sind die Folge. Umgekehrt lässt eine 50er-Finne das Brett mit der ersten Böe schnell unkontrolliert steigen ("Wheelie"), weil der Auftrieb der Finne nicht mehr zu bändigen ist.
Trotz der eindeutigen Vorteile einer Zweitfinne – man spart dadurch unter Umständen eine komplette Segelgröße ein – schrecken viele Windsurfer spätestens an der Ladentheke vor einem Kauf zurück. 100 bis 160 Euro erscheinen erstmal happig. Darum haben wir uns umgesehen, ob es günstige Alternativen gibt – und sind fündig geworden.
Eine echte Alternative zu den etablierten Anbietern gibt es bei K4 Fins. Die gelben Spurhalter werden aus Kunststoff in Großbritannien gefertigt und sind seit dem Start des Modells "Fang" auch für Freerideboards verfügbar.
Unser Test zeigte, dass die Finne auch aufgrund einer mittlerweile sehr harten Kunststoffmischung selbst mit 40 Zentimetern Länge und wenn 90-Kilo-Piloten mit dem 7,5er an Deck stehen, keinesfalls weich oder schwammig wirkt. Die "Fang" passt tadellos in die Box, vom Angleiten bis hin zu gefühltem Top-Speed und Spin-Out-Sicherheit muss man im Vergleich zu einer GFK-Serienfinne überhaupt keine Abstriche in Kauf nehmen – und das, obwohl die K4 mit einem Preis von knapp 69 Euro durchaus erschwinglich ist. Schade nur, dass K4 bis dato keine Seegrasfinnen anbietet.