KaufberatungProtektoren für Windsurfer

Julian Wiemar

 · 25.07.2022

Kaufberatung: Protektoren für WindsurferFoto: Valentin Böckler

Protektoren für Windsurfer - für den einen nicht mehr wegzudenken, für den anderen kein Thema: Das Tragen von Schutzbekleidung ist im Windsurfen – ganz im Gegensatz zu anderen Sportarten – keineswegs Standard. Warum nicht? Und was gibt es außer Helmen mittlerweile an Protektoren auf dem Markt? Das erfahrt ihr in der folgenden Übersicht.

Badehose, Strand, lange Haare, das klingt nach Hang Loose. Schutzbekleidung passt irgendwie nicht ins klassische Klischee eines Surfers. Keine steinharten Pisten aus Eis oder Erde – keine Rampen aus Beton oder Kunststoff. Eigentlich nur Wasser und Wind und Freiheit pur. Aber Wasser kann ganz schön hart sein. Das stellt man spätestens bei den ersten Frontloop-Versuchen fest, die oftmals flach auf dem Rücken enden. Oder auch bei einem Schleudersturz aus voller Fahrt, bei dem man wie ein Stein übers Wasser titscht.

Und dann wäre da noch die zweite große Gefahrenquelle, vor der jeder auf Anhieb viel mehr Respekt hat. Man will damit erst gar nicht unkontrolliert in Berührung kommen: große harte Carbon- oder Aluminiumteile, messerscharfe Finnen – und jetzt sogar noch die Foils.

Dazu werden die Manöver immer radikaler, die Bretter und Segel immer schneller. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus dieser Entwicklung, dass immer mehr Windsurfer zur Schutzkleidung greifen.

Marktübersicht Protektoren für Windsurfer

Wir möchten euch eine kleine Übersicht verschaffen und ein paar Erläuterungen und Tipps geben, wie und womit man sich heutzutage auf dem Wasser am besten schützen kann. Helme lassen wir hier allerdings außen vor. Das ist ein zu großes seperates Thema für sich. Wir haben in der Vergangenheit bereits verschiedene Helme getestet und vorgestellt. In surf 6-2020 (Download) findet ihr einen Testbericht von acht Wassersporthelmen unterschiedlicher Hersteller.

Manuel Vogel hat acht Surfhelme getestet (surf 6/2020).Foto: Manuel Vogel
Manuel Vogel hat acht Surfhelme getestet (surf 6/2020).

Manch einer wird wahrscheinlich abwinken, das Thema überspringen, und beim klassischen Badehosen-Gefühl bleiben – und das ist auch in Ordnung so, denn hier geht es ja generell nur um Selbstschutz. Das muss jeder für sich selbst abwägen.
Ein Großteil der Skateboard-Profis springt riskante Manöver ohne Helm und ohne Protektoren, über Rampen aus Holz oder Beton. Beim Skaten ganz normal. Aber ein Mountainbiker ohne Helm – selbst auf dem leichtesten Trail? Unvorstellbar! Wie wird sich das im Windsurfsport entwickeln? Werden sich Helme und Prallschutz vollständig etablieren? Oder wird das Klischee von Unbeschwertheit, Leichtigkeit und Freiheit im Windsurfsport – ähnlich wie beim Skaten – weiter überwiegen?

1. Prallschutz-Westen

Prallschutzwesten werden im Wassersport von vielen Herstellern angeboten. Hauptaufgabe der gepolsterten Westen ist es, den Rumpf und besonders den Brustkorb (Rippen) vor unsanften Einschlägen zu schützen. Sei es die Wasseroberfäche, das Material oder der Sand, der im Moment des Aufpralls auf den Körper einwirkt: Wer sich nur schon mal eine leichte Rippenprellung zugezogen hat, der weiß, wie unangenehm die Tage beziehungsweise Wochen nach solch einem Aufprall sein können. Lachen und Niesen werden zur Qual – an unkontrollierte Bewegungen auf dem Wasser ist dann meistens gar nicht mehr zu denken. Eine Prallschutzweste bietet hier keinen 100-prozentigen Schutz – aber minimiert das Risiko einer ernsthaften Verletzung enorm.

Prallschutzwesten mit Reißverschluss sind deutlich komfortabler als ohne.Foto: Hersteller
Prallschutzwesten mit Reißverschluss sind deutlich komfortabler als ohne.

Generell gibt es verschiedene Varianten auf dem Markt: Westen mit und ohne Reißverschluss oder mit unterschiedlicher Polsterung. Prallschutzwesten, die im kompletten Rumpfbereich gepolstert sind, werden als „full padded” bezeichnet. Westen, bei denen sich die Polsterung auf den oberen Rumpfbereich beschränkt, werden meistens unter dem Label „half padded” vermarktet. Die halb gepolsterte Variante ist für Windsurfer besser geeignet, da es sich sonst unter dem Trapezgurt durch die Polsterung am Bauch und unterem Rücken knubbeln kann. Hinzu kommt, dass die Schale des Trapezgurtes vor allem den unteren Rücken schon ziemlich gut schützt. Die Preisspanne bewegt sich, je nach Modell und Hersteller, so ungefähr zwischen 80 und 150 Euro. Zum Beispiel die Prolimit Mercury Weste gibt es bei Amazon für 150 Euro*.

surf-Tipp Protektoren-Weste:

Eine Weste mit Reißverschluss lässt sich deutlich leichter an- und ausziehen. Sie sollte immer ziemlich stramm am Körper anliegen, damit sie bei Stürzen nicht hochrutscht. Sich eine enge Weste ohne Reißverschluss alleine über den Neo zu ziehen, kann zu einer schweißtreibenden Aufgabe werden.

Außerdem: Zusätzlich zur Schutzfunktion bieten Prallschutzwesten in der kalten Jahreszeit einen enormen Zusatznutzen in punkto Wärmeisolierung und das auch noch, ohne die Bewegungsfreiheit spürbar einzuschränken. Unabhängig vom verwendeten Neoprenanzug kann man mit Weste die persönliche Kältegrenze ein paar Grad drücken – probiert es einfach mal aus!

Wichtiger Hinweis: Auch wenn Impact Vests etwas Auftrieb bieten, sind diese in den meisten Fällen offiziell nicht als Schwimmwesten zugelassen. Das kennzeichnen die meisten Hersteller auch extra groß auf den Innenseiten der Westen – und sollte unbedingt beachtet werden.

2. Protektoren-Hose: Ball Slapper Shorts für Herren

ION vermarktet die gepolsterte Boxershorts als Aufprallschutz zum Tragen unter
dem Neo. Die dicke Hose kann vor allem beim Üben von Sprüngen nicht schaden. Dann muss man sich in der Luft weniger Gedanken über den Aufprall einer missglückten Landung machen, bei der man oftmals auf den Allerwertesten oder auch auf die Kronjuwelen klatscht. Der Preis für die Shorts liegt bei 54,99 Euro >> z.B. hier erhältlich*.

ION Ball Slapper ShortsFoto: Hersteller
ION Ball Slapper Shorts

surf-Tipp: Vor allem in Warmwasser-Revieren, wo man vielleicht ausnahmsweise mal nur in Board-Shorts surft, zu empfehlen. Wer den 5mm-Neo als Standardschutzschicht gewöhnt ist und dann plötzlich mit Board-Shorts den ersten Speedloop etwas unterrotiert, der wird sich beim nächsten Versuch definitiv eine (unsichtbare) Schutzschicht wünschen.

Alternative: Eine alte, gepolsterte Radlerhose sollte hier zum Ausprobieren auch
den Zweck erfüllen. Sieht aber ohne Neo vielleicht nicht so cool aus, da der Bund
meistens höher geschnitten ist.

3. Impact-Wetsuits

Wer kennt ihn nicht? Den legendären, auffällig blauen Shorty von Philip Köster in Pozo? Ein extra zum Windsurfen konzipierter Impact-Suit. Auch wenn Köster in der Regel fast alle seine Rotationen trocken steht, sieht man ihn eigentlich nie ohne seinen gepolsterten Neoprenanzug. Severne bietet den Nachfolger (Impact V2) zwar nicht mehr im schicken „Kösterblau“, aber dafür auch in 3/2mm mit langen Armen und Beinen an.

Einhändig und einbeinig: Philip Köster hängt mit dem blauen Vorgängermodell des V2 Impact-Suits von Severne ganz entspannt in   der Luft.Foto: John Carter/PWAWORLDTOUR.com
Einhändig und einbeinig: Philip Köster hängt mit dem blauen Vorgängermodell des V2 Impact-Suits von Severne ganz entspannt in der Luft.

Ursprünglich wurde der Impact-Suit zwar speziell für Philips Triple-Loop-Training entwickelt, aber von den rundum platzierten Pads sollte auch jeder Hobby-Looper bei einer missglückten Landung locker profitieren.

Polster-Pads können individuell eingesetzt werden.Foto: Manuel Vogel
Polster-Pads können individuell eingesetzt werden.

surf-Tipp: Es schreckt den einen oder anderen Nord- und Ostseesurfer vielleicht die Dicke von nur 3/2mm ab. So ein Impact-Suit fühlt sich durch die Polsterungen aber insgesamt dicker an – und ist mindestens so warm wie ein normaler 4mm-Anzug.

Forward 
WIP mit einsteckbaren 
PolsternFoto: Hersteller
Forward WIP mit einsteckbaren Polstern

Auch Forward WIP, eine Marke die auf Protektionskleidung für Wassersportler spezialisiert ist, hat mit dem Steamer MK2 einen Neo mit integrierten Protektoren auf dem Markt. Dieser ist in 5/4mm erhältlich. Wir haben ihn bereits getestet und für sehr gut empfunden: Man ist zwar auch mit integrierten Pads nicht unverwundbar, trotzdem schützt der Steamer MK2 einige gefährdete Stellen besonders gut. Abgesehen davon lässt der warme und flexible Neo auch sonst keine Wünsche offen.

Den gesamten Test über. den Forward WIP findet ihr hier->

Viel teurer sind die gepolsterten Neos nicht: Bei Severne zahlt man je nach Arm- und Beinlänge zwischen 250 und 380 Euro, der MK2 kostet 349,99 Euro. Infos gibt’s hier->

Guter  Schutz auch in kälteren Revieren: Severne V2Foto: Hersteller
Guter Schutz auch in kälteren Revieren: Severne V2

Außerdem: Im Wellenreitsport, vor allem im Big-Wave-Bereich, haben sich die Impact-Wetsuits in den letzten Jahren ebenfalls etabliert. Viele Hersteller – wie zum Beispiel Patagonia oder Vissla – bieten gepolsterte Anzüge in unterschiedlichen Variationen an. Das einzige Problem wie bei den „full padded“ Prallschutzwesten: Meistens ist nicht genug Platz für den Trapezgurt.

4. Protektoren-Hosen

Protektoren-Hosen zum Unterziehen werden von zahlreichen Herstellern aus verschiedenen Actionsport-Bereichen angeboten. Die hier gezeigte ist von Body Glove, einem amerikanischen Hersteller speziell für Wassersportbekleidung. Die besonders leichten Schaumstoffpolster sollen den kompletten Oberschenkel- und Steißbeinbereich gut schützen. Der Preis für die gepolsterte Hose aus Mesh-Material liegt bei 79,95 Euro>> hier erhältlich*.

Body Glove Protector ShortFoto: Hersteller
Body Glove Protector Short


surf-Tipp: Wer sich keinen speziellen Impact-Wetsuit zulegen möchte, sondern sich nur ab und zu bei einer besonders extremen Session - wie zum Beispiel bei den ersten Versuchen eines neuen Manövers – polstern möchte, kann sich aus einem normalen Neoprenanzug (auch Shorty) plus Prallschutzweste und Protektorhose einen modularen Impact-Suit zusammenbasteln.

Der Neo sollte nur nicht zu eng sein, damit die Protektoren-Hose gut darunter passt. Auch die Impact-Vest kann man unter den Anzug ziehen, wenn dieser weit genug ist. Dann sieht man fast aus wie Köster und Campello.

Wer seine Grenzen verschiebt, landet manchmal hart: Profis wie Ricardo Campello (rechts) und Philip Köster wissen das genau. | Foto links: Manca Notar - Foto rechts: John Carter/PWAWORLDTOUR
Wer seine Grenzen verschiebt, landet manchmal hart: Profis wie Ricardo Campello (rechts) und Philip Köster wissen das genau. | Foto links: Manca Notar - Foto rechts: John Carter/PWAWORLDTOUR

5. Schienbeinschoner

Thema Foil: Mit den Schienbeinschonern von ION kann man sich gegen die scharfen Kanten schützen. Sei es nur ein Schnitt durchs Strampeln beim Wasserstart – oder ein richtiger Crash aufs Foil: Das neue robuste Curv Material, ein in Fasern gewebter und in Lagen gepresster Verbundstoff (Polypropylen), soll sich dem Schienbein gut anpassen und vor scharfen Gegenständen schützen. Preis: 39,99 Euro

Schienbeinschoner schützen nicht nur beim Fußball.Foto: Hersteller
Schienbeinschoner schützen nicht nur beim Fußball.

Foil-Spezialist Balz Müller nennt die Flügel liebevoll „Bergbauernsense“.Foto: Christian Wolfensberger
Foil-Spezialist Balz Müller nennt die Flügel liebevoll „Bergbauernsense“.

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