Surf Testteam
· 01.05.2023
Mit zwei Cambern zählen diese Segel zur sportlichsten Antriebsgattung für Hobbysurfer – einige eher in der Freeride-Ecke positioniert, andere voll auf Freerace frisiert. Wir haben sieben Modelle beim Test sauber einsortiert.
In diesem Artikel:
Diese Freeracesegel sind im Test dabei:
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Wenn es an den Test in der Freerace-Klasse geht, werden die Backen dicker aufgeblasen – versucht man, die Physik zu überlisten, sich noch ein paar Kilo schwerer zu machen. Da wird kein Meter nachgelassen, es gibt Pressatmung und einen hochschnellenden Puls. Das straffe Gefühl in den Händen und schnelle Boards unter den Füßen treiben uns an. Seit vielen Jahren testen unsere Teams gemeinsam, doch bei Vergleichsfahrten wird gefightet wie am ersten Tag. Die schnellen Vergleichsbretter mit schlanken Slalomfinnen stacheln dazu an. Wie auf der leeren Skipiste bei der ersten Abfahrt am Morgen – einfach mal laufen lassen, auf die Tube drücken, Gas geben, bis die Beine brennen – beim Testen immer mit Blick auf den Partner: Wer gleitet früher, kann ich auf den ersten Metern besser beschleunigen? Verhungere ich gerade in einem krassen Windloch, oder zieht das andere Segel einfach besser durch? Oder hatte ich gestern vielleicht doch zwei Bier und Burger mehr?
Beim Leistungstest wird jedes Fragezeichen aus dem Weg geräumt. Denn während bei einigen Gruppen vor allem die Manövereigenschaften im Fokus stehen, erwartet man von Cambersegeln in dieser Größe natürlich ordentlich Wumms. Dabei bieten 2-Cam-Segel viel mehr als nur brachiale Beschleunigung. Vor allem das neutrale, stabile Fahrverhalten und der große, nutzbare Windbereich in einem Trimm sorgen für anhaltende Beliebtheit bei vielen Surfern, besonders bei Segeln von sieben Quadratmetern und größer.
Die getesteten 2-Cam-Segel sind bei einigen Marken (Goya, NeilPryde, RRD) die letzte Stufe vor dem Racesegel, mehr geht im Hobbybereich nicht. Andere Marken bieten noch ein zusätzliches Modell, das die schmale Lücke zwischen diesen Testmodellen und Profi-Racesegeln schließen soll. Mit dann meist einem zusätzlichen Camber und deutlich breiterer Masttasche – die nach unseren bisherigen Testerfahrungen aber auch spürbare Handlingeinbußen mit sich bringen.
Bis zum Durchsetzen des Vorliekstreckers gelingt der Aufbau bei allen Testsegeln recht einfach – das Einschieben des Masts oberhalb der Camber in die weit geschnittenen Masttaschen sowieso. Zum Anklappen der Camber wird das Vorliek dann zuerst nur leicht gespannt, das Schothorn auf volle Länge gezogen – und schon lassen sich alle Camber gut an den Mast klappen. Anschließend wird das Vorliek komplett durchgesetzt. Lediglich beim Severne Turbo GT sind die Camber bei nicht exakter Vorliekspannung nach halber Arbeit auch mal wieder runtergehüpft, beim Turbo war allerdings etwas mehr Gefühl erforderlich. Für den fertigen Trimm – auf Starkwind – benötigen die meisten Segel schon ordentlich Zug am Vorliekstrecker, bei NeilPryde und Point-7 wird‘s sogar sehr kernig.
Flachbrüstige Modelle sucht man hier vergeblich, alle Segel bieten ordentlich Bauch im unteren Bereich. Mit dem Druckpunkt etwas weiter vorne bei Severne und GunSails – und tendenziell ein Stückchen weiter hinten bei NeilPryde und Goya. Die Masttaschen sind in dieser Klasse noch recht moderat weit geschnitten. Sehr interessant – und verdächtig ähnlich – sind die Masttaschen bei RRD und Point-7 geschneidert. Die zufälligerweise in Grossetto (RRD) und am Gardasee (Point-7) ihren Ursprung nahe beieinander haben. Vielleicht hat da einer etwas genauer beim anderen hingeschaut. Beide platzieren zwei Camber unter der Gabel und nähen die Masttasche ab der Gabel sehr abrupt deutlich enger. Bei den Segeln mit einem Camber über der Gabel bleibt die Masttasche dagegen noch deutlich weiter nach oben entsprechend weiter geschnitten. Einen großen Unterschied erkennt man im Loose Leech der Segel. So erinnert das weit ins Segel und auch nach unten verlaufende Loose bei RRD, NeilPryde und Point-7 sehr stark an Racesegel-Optik.
Zumindest für den unteren und mittleren Gleitwindbereich – von Bedingungen mit Anpumpen bis zum druckvollen, aber gut kontrollierbaren Vollgasgleiten – findest du hier die schnellsten Tücher, die der Markt bietet. Vor allem, wenn man das auf den Hubraum, also das Volumen der Masttasche bezieht. Natürlich kannst du aus einem Racesegel mit einer meterbreiten Masttasche noch einen oder sogar zwei Knoten mehr Topspeed rausholen – aber nur, wenn du das Race-Geschirr auch entsprechend mindestens einen halben Quadratmeter größer surfst. Den deutlich höheren Preis sowie die Handlingnachteile – vom Aufriggen über die Halse bis zum Wasserstart – muss man nicht diskutieren, denn diese Wertung gewinnen ganz eindeutig die hier getesteten 2-Cam-Segel.
Zu dieser Segelgruppe greifen vermutlich überwiegend drei Surfer-Typen:
Für Surfer, die immer mal wehmütig zu den Racesegeln schielen, haben aber einige Marken noch Alternativen im Programm, die das Angebot aus diesem Test perfekt erweitern: Freeracesegel mit nochmals breiterer Masttasche und meistens drei Cambern, die – mit allen Vorund Nachteilen – ganz nah am Racesegel positioniert sind. Das wären GA-Sails Phantom, GunSails Vector, Point-7 AC-K und Severne Overdrive.
In der Leistung liegen alle Segel dieser Gruppe zwischen gut und super – auch im Handling dominiert guter Standard. Das bezieht sich auf die getestete Segelgröße, in der die Camber bei Halsen wenig stören.
Hier kommt ihr zu den detaillierten Test-Ergebnissen aller getesteten Segel: