SpeedsurfenLadies First - Rückblick auf die Lüderitz Speed Challenge 2022

Andreas Erbe

 · 18.12.2022

Heidi Ulrich schnappte sich mit überragenden 47,16 Knoteen den Speed-Weltrekord.
Foto: Jaco Wolmarans

Heidi Ulrich und Melek Toraman sorgten bei der diesjährigen Lüderitz Speed Challenge für die Highlights. Während bei den Damen neue Rekorde aufgestellt wurden, war es bei den Herren äußerst knapp. Wir blicken zurück auf den Event in Namibia!

Die Schweizerin Heidi Ulrich schnappte sich mit überragenden 47,16 Knoten den Speed-Weltrekord von Zara Davis – und die Sylterin Melek Toraman verbesserte den deutschen Damenrekord auf 45,37 Knoten. Vincent Valkenaers verfehlte bei den Männern mit 53,08 Knoten erneut denkbar knapp den Weltrekord von Antoine Albeau.

“Seit ich 2013 mit dem Windsurfen angefangen habe, war es mein Ziel, den Speed-Weltrekord zu brechen.“ Die 37-jährige Schweizerin Heidi Ulrich ist eine Spätberufene in Sachen Windsurfen und gleichzeitig eine der wenigen Frauen, die sich voll uns ganz auf das Speedsurfen konzentrieren. Nun hat sie ihr großes Ziel erreicht. Am 19. November brach sie den Speed-Weltrekord der Frauen auf dem Kanal in Lüderitz an der Küste Namibias. Mit 47,06 Knoten (87,2 km/h) Durchschnittsgeschwindigkeit über 500 Meter knackte sie die alte Bestmarke der Britin Zara Davis, die in Lüderitz 2017 46,49 Knoten gefahren war.

Wie sehr sie diesen Rekord haben wollte, zeigt allein ein Blick auf die Ergebnisliste der Lüderitz Speed Challenge, auf der jeder einzelne Lauf zu sehen ist: Insgesamt 107-mal raste sie den künstlichen Kanal hinunter – mit Abstand am häufigsten von allen Teilnehmern. Aber Fleißkärtchen allein bringen keinen Weltrekord. „Ich war über vier Wochen hier, am Anfang hatten wir nur wenig Wind, und ich konnte mein Material perfekt einstellen. Es war eine tolle Stimmung, alle haben mich noch gepusht, obwohl ich selbst ohnehin schon sehr ehrgeizig bin, und haben mir viele Tipps gegeben.“ Zuerst verbesserte sie den Rekord auf 46,87 Knoten, um dann tatsächlich auch die 47-Knoten-Barriere zu knacken.

Ohne die Hilfe von Christian Arnold, Vincent Valkenaers und Nils Bach hätte ich es nie geschafft!” Heidi Ulrich

Das hatte Andy Laufer, der wegen Rückenproblemen selber keine Bestzeiten hinlegen konnte, bereits wenige Tage zuvor prophezeit: „Heidi wird sicher die 47 Knoten, vielleicht sogar die 48 Knoten knacken und bestimmt auch bald über 50 im Topspeed fahren.“ Die 50 Knoten verfehlte sie noch knapp – aber der Mensch braucht ja schließlich immer neue Ziele.

Neuer deutscher Rekord für Melek Toraman

Nicht ganz so fleißig auf dem Speedstrip, aber nicht weniger beeindruckend und erfolgreich präsentierte sich die Sylterin Melek Toraman auf dem Speedkanal. Als Neuling auf der Speed-Rinne – und auch im Speedsurfen allgemein – hatte sie zuvor großen Respekt vor den Tücken der schmalen Wasserrinne im Wüstensand. Doch das ließen ihre Zeiten nicht wirklich erkennen: Bereits im dritten Lauf brach sie den deutschen Rekord von Anne Schindler und verbesserte ihn dann gleich im vierten noch einmal auf offizielle 45,37 Knoten. „Manchmal hatte ich das Gefühl, dass es mir das Segel gleich aus der Hand reißt. Es ist echter Nervenkitzel, den Kanal mit einer so hohen Geschwindigkeit herunterzufahren. Am Finish knallte ich so rein, dass es mir alles aus der Hand gerissen hat, sogar mein GPS-Gerät war ab.“

Die Sylterin Melek Toraman verbesserte den deutschen Damenrekord auf 45,37 Knoten. Foto: Jaco Wolmarans
Die Sylterin Melek Toraman verbesserte den deutschen Damenrekord auf 45,37 Knoten.

Auch die Herren waren mit großen Zielen nach Lüderitz gekommen. Nachdem Vincent Valkenaers den Rekord von Antoine Albeau bei der letzten Lüderitz Speed Challenge denkbar knapp mit 0,01 Knoten verfehlt hatte, war sein Ziel 2022 klar: „Ich möchte diesmal den Rekord brechen“, sagte der Belgier. „Der Kanal ist so gut wie nie, auch wenn bei sehr viel Wind das Wasser etwas heraus gedrückt wird und es sehr flach ist. Aber der Rekord ist drin – das ist mein Ziel.“

Die Hoffnungen lagen bei allen Rekord-Aspiranten, zu denen auch Hans Kreisel, Gunnar Asmussen aus Flensburg und der Niederländer Twan Verseput gehörten, auf dem letzten Wochenende der vierwöchigen Veranstaltungszeit. Dann sollten endlich Rekord-Bedingungen herrschen.

Der Kanal ist der beste, den wir je hatten. Wir brauchen nur einen Ar... voll Wind und dann müssen wir uns reinhängen.” Twan Verseput

Björn Dunkerbeck war da schon mit einer hervorragenden Bestleistung von 50,27 Knoten zurück in der Heimat. Dass Vincent Valkenaers am Ende wieder um Haaresbreite den Albeau-Rekord verpasste (es fehlten weniger als 0,2 Knoten), war fast tragisch. Valkenaers erwischte die Böe des Tages und war mit 53,08 Knoten über zwei Knoten schneller als der zweitplatzierte Hans Kreisel, aber der Wind blies wieder zu Raum über den Kanal, so dass vor allem im letzten Drittel der Strecke zu unruhiges Wasser den Rekord zunichte machten.

Asmussen nicht in Rekord-Nähe, Laufer verletzt

Für die deutschen Männer verlief die Challenge eher durchwachsen. Während Gunnar Asmussen zwar nicht in Weltrekord-Nähe kam (er sicherte sich aber mit 50,71 Knoten doch den dritten Platz in der Gesamtwertung), schrieb Andy Laufer seinen Trip nach Namibia eher unter dem „Urlaubsaspekt“ ab: „Zu Beginn hatte ich mit Magen-Darm-Problemen zu kämpfen und am Ende dann mit extrem starken Rückenschmerzen, so dass ich am letzten Tag gar nicht mehr starten konnte. Dafür hatte ich einen der geilsten Foil-Tage meines Lebens am Diaz Point.“

Kanal-Neuling Nils Bach war von der Strecke überrascht: „Ich war mit einer ganz anderen Erwartungshaltung hierher gekommen. Ich hatte am Anfang gedacht, dass es viel einfacher ist, den Kanal runterzufahren und seine Speeds zu verbessern. Ich habe nicht erwartet, dass es so viel Arbeit ist, erst mal den richtigen Trimm für den Kanal zu finden. Es macht total Spaß, aber ich dachte, es war viel glatter auf dem Kanal und nicht so choppy – vor allem bei dem sehr raumen Wind, den wir hatten.“ Trotzdem knackte er mit 47,3 Knoten seinen persönlichen Rekord.


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