Tobias Frauen
· 18.02.2023
Wir steigen ins Archiv und werfen einen Blick in alte Ausgaben! Hier zeigen wir euch die besten Fundstücke, bemerkenswerte Test-Ergebnisse, skurrile Anekdoten und vieles mehr! In dieser Folge geht es zurück ins Jahr 1988!
1988 war die Shop-Landschaft noch deutlich vielfältiger als heute, der Laden war nicht nur ein reiner Verkaufspunkt, sondern oftmals auch Treffpunkt und Lifestyle-Vermittler. 23 Shops nahm surf anonym unter die Lupe und beurteilte Service, Beratung und Ausstellung. Einige zeigen gravierende Mängel bei der Beratung und vernachlässigen das “Überschussvolumen”, also die Reserve für einen Schotstart. Perlen aus den Beratungsgesprächen: “Je früher man ins Gleiten kommt, desto armschonender ist es!”, “Der Bullitt lässt sich surfen, wie sich eine Ziege reiten lässt!” oder “Wenn ich das Brett fahre, ist das auch gut für Sie!”. Unterm Strich überzeugt aber die Qualität der Beratung in den allermeisten Shops!
Alu-Masten sind heute maximal noch akzeptabel, um eine Flagge der Lieblings-Marke (oder -Fußballvereins) zu hissen, 1988 galten sie als Experten-Material. Im Gegensatz zu den butterweichen GFK-Spargeln waren sie leicht, “lebendig” und sorgten für Topp-Twist. Dunkerbeck, Naish und Co., sie alle fuhren mit Leichtmetall ihre Rennen. Robby probierte auch in der Welle ein neues Alu-Modell aus: “Wenn mich eine Welle erwischt, bricht auch ein schwerer GFK-Brandungsmast. Der leichtere Alumast erlaubt bei böigen Bedingungen ein größeres Segel, wodurch ich drohenden Wellenbergen auch im Windloch davonfahren kann.” Auch Carbonmasten gibt es damals bereits, diese sind wegen des hohen Preises nur für Profis interessant.
Außerdem geht surf den Ursachen für gebrochene Masten auf den Grund und findet heraus: Die Frontstücke der “Klappgabeln” quetschen häufig den Mast so stark, dass eine Sollbruchstelle entsteht. “90 Prozent aller Gabeln sind Mastenkiller”, lautet die Bilanz. Ein Spezialist prophezeit gar: “Das Ende der Klappgabel-Ära ist in Sicht!” Eine Alternative wird freilich nicht aufgezeigt.
In Sachen Mode sind die Achtziger ohnehin speziell, das ist beim Durchblättern des Heftes unübersehbar. Knalliges Neon, kreischend bunte Farben und abenteuerliche Frisuren zeichnen ein beeindruckendes Stilbild der Ära. Windsurfer als lässige Funsportler gehen in Sachen Mode oft voran, doch auch die Szene an sich ist divers. surf zeigt die verschiedenen Surfer-Typen und woran sie zu erkennen sind. Der Fanatic-Typ findet “eine Drei-Megabyte-Festplatte genauso aufregend wie drei Meter Ultra-Carbon”, der Klepper-Typ hat sich für eine Marke “ohne jedes Hawaii-Image” entschieden, deren Name “umgangsdeutsch für ein altersschwaches Huftier” steht. Lange nicht auf dem Wasser war der Mistral-Typ (”hat angefangen drüber nachzudenken, ob er sich nicht endlich einmal eine richtige Yacht kaufen soll”), der frankophile Tiga-Fahrer geht hingegen sogar bei Graupel aufs Wasser. Der Windsurfing Chiemsee-Typ hingegen ist seiner Zeit voraus und findet Windsurfen maximal noch auf den Kapverden oder in der Beringstraße interessant.
“Surferfrauen - eine der unterprivilegierten Gruppen dieser Republik?” fragt surf und zeigt dazu eine wartende Schönheit, die im tiefergelegten 190er am Ufer sitzt und “Beim nächsten Mann wird alles anders” liest, während der Freund/Gatte ins (spiegelglatte) Wasser stapft. Diverse Szenarien werden skizziert: Die Herzdame wird im Sturm gesandstrahlt, bei den eigenen Surf-Versuchen ruppig zurechtgewiesen oder aber mit der Kinderschar alleine gelassen. Ein Psychologe konstatiert: “Surfen ist ein zeitintensives, kommunikationsfeindliches Hobby. Es kann Probleme, die in einer Ehe existent sind, oft noch verstärken!” Die Lösungen: Entspannte Warmwasser-Reviere statt kalte Ostsee, professionelle Surflehrer statt überambitionierter Freunde und klare Einteilungen von Familien- und Surfzeiten.