RückspiegelDas waren die Highlights in surf 1/1989

Tobias Frauen

 · 10.05.2025

Ian Boyd fliegt auf dem Cover von surf 1/1989 über dem Luftraum der Baja California, fotografiert von Greg Huglin
Foto: surf Archiv
Die Zukunft klopf an: im Januar 1989 zeigt surf die ersten Shapes am Computer, ein sehr persönliches Porträt des neuen Weltmeisters Björn Dunkerbeck und furchtlose Wintersurfer!

Abenteuer Wintersturm

“Dem Monster mal wieder ein Ohr abgefahren” haben im Oktober des Vorjahres eine Handvoll furchtloser Surfer in ganz Deutschland. Bei einem extremen Herbststurm gingen sie in St. Peter-Ording, Sylt, dem Steinhuder Meer und dem Chiemsee aufs Wasser. Die Nordsee ist teilweise gar nicht mehr fahrbar, die SPO-Crew weicht nach Dazendorf aus, wo es immer noch zwei Meter Welle hat (”für die Ostsee gigantisch!”). Einige der alten Autos der Truppe um Philip Richter und Olaf Fippinger überleben die Strapazen des Gegenwindes nicht. Auf dem Steinhuder Meer passt das selbstgenähte Dreieinhalber von Local Volker Cornelius (”Daß die Nähte halten. hätte ich nicht gedacht.”), am Chiemsee steht der Insel-Marathon an. Im Windschatten verschätzten sich viele Starter bei der Segelgröße und werden gnadenlos weggeblasen, am Ende kommen nur 33 von 111 Teilnehmern ins Ziel. “Man kann sich nicht vorstellen, was ein Raceboard bei guten sieben Windstärken auf dem Kreuzkurs alles anstellt”, staunt selbst surf-Regattaredakteur Alois Mühlegger. Passend dazu gibt’s Tipps zum Wintersurfen vom Mediziner, die sich nicht großartig von den aktuellen Empfehlungen unterscheiden, außer: “Nach dem Surftag, in einem beheizten Raum, ist ein Tee mit Rum [...] empfehlenswert.” Prost!

Der “Schweinchenfaktor” und die Anfänge des CAD-Shapings

Was um alles in der Welt ist der Schweinchenfaktor? Damit hat surf eingeordnet, wieviel “überschüssiges” Volumen in einem Brett steckt. Denn die Länge ist damals noch ein Statussymbol, die Hersteller machen viele kurze Boards dicker, um sie massentauglicher zu gestalten. Doch für sehr leichte oder sehr schwere Surfer sind die damaligen Bestseller nicht ideal und bleiben unerreichbar. Drei Studenten aus Erftstadt haben deswegen die erste CAD-Shape-Maschine gebaut. Statt im staubigen Shaperaum den Hobel zu schwingen und mit Schablonen abzugleichen, werden die Blanks dabei von einem Computer-gesteuerten Heizdraht zurechtgeschnitten. Das Programm selber haben die drei auf dem “Spielzeugcomputer” C64 geschrieben. surf hat testweise einen “Mini Sunset” mit nur 90 Liter Volumen geordert: Gleicher Shape wie beim Klassiker, aber deutlich passender für leichte Surferinnen und Surfer. Die drei sollen auch wenig später auf der boot am surf-Stand zur Verfüng stehen, um den Besuchern ihr Traum-Brett berechnen zu können. In Frankreich gibt es derweil sogar schon eine Firma, die die berechnete Form mit einer Fräse aus dem Schaum hobeln lässt - gar nicht so weit weg von heutiger High Tech!

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Wer hat Angst vorm Custom Made?

Die Trendfarbe der Achtziger Jahre bei Surfbrettern ist eindeutig weiß, nicht zuletzt aus Produktionsgründen. Dass Custom Mades auch bunt sein können, ist eines der große Argumente, statt bei einer großen Marke sein Board bei einer der kleinen Shaper bauen zu lassen. Doch weil viele Hersteller Ender der Achtziger die Modellpalette um kleine Boards erweitert haben, bricht dieser Markt für die Custom-Schmieden weg. “Der Bullitt hat uns in diesem Jahr richtig Geld gekostet”, gibt einer der Gründer von Horney zu. Statt sieben hat Horney nun nur noch drei Mitarbeiter, weil “etwa 50 Slalomrenner weniger” gebaut worden seien - Zahlen, von denen heute manch große Marke nur träumen kann. Ebenso verblüffend ist die Masse an Custom-Anbietern, außerdem kommen noch viele “Schwarzshaper” hinzu, die in der heimischen Garage bauen und entsprechend günstiger verkaufen können. Wer selber von einem maßgeschneiderten Brett träumt, sollte den Shaper aber mit handgefertigten Konstruktionszeichnungen und absurden Vorstellungen (”17 Zentimeter Scoop und vier Zentimeter Rocker”) verschonen: “Bestellen Sie kein Brett, das früher gleitet als der Sunset, gleichzeitig aber auch schneller und wendiger ist. Wenn es so ein Brett gäbe, hätte es den Sunset schon längst abgelöst!”

Björn Dunkerbeck: Mr. 10.000 Volt

1988 wurde Björn Dunkerbeck erstmals Weltmeister, Grund genug für ein ausführliches Porträt. “Was geht in einem Menschen vor, der sein Leben so kompromißlos auf Surf-Siege abgestimmt hat?” will Autor Rainer Thide wissen. Dunki, damals gerade 19 Jahre alt, ist damals schon ein Meister der mentalen Vorbereitung. Vor jedem Start stehe er unter Hochspannung, “er saugt die ganze Anspannung und Nervosität in seine Konzentration”, plaudert sein Caddy. Gewinnt er, löst sich die Spannung in Form von guter Laune, verliert er, dann werden Material und Taktik akribisch untersucht. “Du kannst heute nur Weltmeister werden, wenn du schnell mit Niederlagen fertig wirst”, beschreibt sein Shaper Peter Thommen das Erfolgsgeheimnis. Doch dazu gehört nicht nur die mentale Seite, sondern auch das Material. Dunkerbeck hat für jedes Segel ein passendes Board dabei, teilweise mit radikalen Details, Thommen kann ihm im Zweifel vor Ort das passende Brett für Bedingungen und Spot bauen. Seine flachen Rockerlinien sind der Zeit ebenso voraus wie die langen und schmalen Finnen und die Tuttleboxen. Dank F2-Gehalt, Preisgeldern und diverser Sponsoren verdient Björn gut, und entdeckt mit seinen 19 Jahren, dass es auch noch andere Dinge als Surfen gibt: “Er soll sogar schon in einer Diskothek gesehen worden sein”, will surf wissen. Während Schwester Britt mit Phil McGain turtelt (”Ich bin froh, daß sie mich in Ruhe lässt.”) , fährt Björn Mountainbike, Geländewagen oder geht Wellenreiten. Und auch wenn der WM-Titel nur der Auftakt für ein einzigartiges Rekord-Märchen ist, schaut Dunki nach wie vor zu Robby Naish auf: “Er wird immer mein Idol bleiben!”

Das gesamte Heft gibt es oben in der Galerie zum Durchklicken!

Und sonst so?

  • Matthias Neumann, damals F2-Teammanager und späterer Organisator des World Cup Sylt, bekam Besuch von den Feldjägern: Wegen Zahnschmerzen war er einem Einberufungsbefhel nicht nachgekommen. “Fünf Stunden brauchte Neumann, um schreiende Spieße und Stabsärzte von seiner Unpässlichkeit zu überzeugen”, wusste surf.
  • Klepper ist Geschichte, der letzte Rettungsversuch gescheitert. Vor Gericht streiten sich Shaper und ein früherer Angestellter, ob es noch eine Kleinserie der 89er Boards geben darf.
  • Der “Fachverband der deutschen Surfhändler” (sowas gab es mal!) warnt passend zur anstehenden boot vor Messekäufen. Bei Reklamationen könne es zu Folgekosten durch Anfahrten, Spedition oder Telefonate” kommen.
  • “Was bringt die Surfsaison ‘89?” fragt surf. Mistral will sich vom Worldcup abwenden, F2 Vollgas geben, Fanatic setzt auf Qualität und HiFly ruft das “Jahr des Riggs” aus.
  • Mit einem Rigg auf dem Snowboard springt der Windsurf- und Snowboatd-Profi Alexander Schwab saubere Rückwärtsloops, “und zwar nicht flach wie beim Windsurfen, sondern radikal übers Masttopp.” Damit ist er in der Snowsurf-Kombi nicht nur Europameister, sondern auch “der einzige Überlebende dieses Manövers.”
  • Ein “Binder für den gepflegten Wassersportler” wird als Kurzmeldung angepriesen. Dahinter verbirgt sich eine Krawatte im Fisch-Look. Lecker.
  • In Sachen Boardshorts sind hautenge Radlerhose voll im Trend - wie auf der Mode-Doppelseite erschreckend eindrucksvoll zu sehen ist
  • Die Geburtsstunde des Team Germany: Weil es im Worldcup statt Hersteller- bald Nationenteams geben soll, wird das Team Germany aus der Taufe gehoben. In loser Form sollte es noch viele Jahre Bestand haben.
  • Bei der Funboard-WM in Florida schläft der Wind genau zur Eröffnung ein, erst während der Abschlussfeier dreht er wieder auf. Die über 120 Starter springen sofort aufs Wasser, das Rennen wird jedoch wegen diverser Fehlstarts nicht gewertet.
  • Björn Schrader berichtet schonungslos aus dem Leben der World Cup-Stars, von Langeweile bei Flaute, Stress am Flughafen, sündhaft teuren Telefonaten nach Hause und der Sehnsucht nach den Liebsten. Dennoch: “Windsurfen ist für mich immer noch das Tollste in der Welt!”

Weitere surf-Rückblicke:

Meistgelesen in der Rubrik Windsurfen