“Es muss endlich wieder Ordnung einkehren auf den Seen!” wird ein Unbekannter in einer bayerischen Zeitung zitiert. Was war passiert? Der Windsurf-Boom sorgt für eine Frontenbildung zwischen Surfern und Schwimmern, vor allen an den süddeutschen Seen, wie Gerd Kloos in seinem Kommentar genüsslich ausbreitet. Von Quick bis Süddeutscher Zeitung gibt es in der Presse eine breite Front gegen den jungen Sport: Windsurfen mache “in diesem Sommer Deutschlands Seen und Küsten für Schwimmer lebensgefährlich!” Windsurfer seien demnach “Projektile” mit “messerscharfen Aluminiumschwertern”, die als “Mordwaffe mit 50 km/h übers Wasser rasen”. In München würde bereits auf “allen stehenden oberirdischen Gewässern” das Surfen verboten, auch andere Seen werden sukzessive gesperrt. Die Wasserschutzpolizei hingegen ist “mit den Surfern zufrieden”, einige wenige Zusammenstöße mit Schwimmern seien “Lappalien”. Dennoch der Appell von Kloos, sich an Regeln zu halten und Rücksicht zu nehmen!
Neu- und Weiterentwicklung hatte in den Kindertagen einen charmanten Experimental-Charakter, das wird bei den Windsurf-Neuheiten auf der Sportmesse ISPO unterhaltsam deutlich: Der Trend geht zum Drittbrett, neben sportlichen Boards und Allroundern haben viele Hersteller ein dezidiertes Einsteiger-Modell mitgebracht (”Ausflugsschiff für Mutti”). Der Astra Futura ist ein Board, das abgesehen von einem aufgebuckelten Standbereich nur aus Hohlkehle und rundem Unterwasserschiff besteht, Ostermann zeigt die “Concorde”. Mistral hat den Naish als radikales Hawaii-Board dabei, auch der Preis von 2590 Mark ist radikal: “Wir sehen keinen Grund, dieses exklusive Produkt billiger zu verkaufen!” Nur rund ein Fünftel, nämlich 495 Mark, kostet der Urahn moderner iSUPs: Ein aufblasbares Kinderboard mit sechs Kammern und einer Standfläche, das zusammen mit einem Rigg kommt, dessen Gabel als Paddel genutzt werden kann. Ebenfalls Pionierarbeit leistet der Allgäuer Rudi Pröbstl, der einen neuartigen Monoski zum Surfen auf Schnee entwickelt hat - Vorläufer des Snowboards!
surf erklärt die Welt der individualisierten Boards. Um auf den Geschmack zu kommen, werden einige Custom-Schönheiten in einer aufwändigen Studio-Produktion abgelichtet und als Farbfotos gezeigt. Denn 1979 ist zwar auch der Shape schon wichtig, aber auch individuelle Grafiken auf den Boards sind für viele ein Grund, sich von Serienbrettern abzuwenden. Mit Jürgen Hönscheid und dem Sylter Label “Tiki”, Concrete Wave sowie J. J. gibt es drei Anbieter in Deutschland. Inspiration kommt aus der Wellenreit-Szene, die jedoch mit den größeren Beanspruchungen im Windsurfen nicht immer mithalten kann. Einer davon ist Michel Barland, den surf in seiner Werkstatt besucht. Eigentlich stellt seine Firma Maschinenteile her, der Chef bastelt jedoch in einem Nebenraum lieber an Boards herum. Barland selber ist Wellenreiter, und fühlt sich beim Bau von Windsurfboards immer etwas unwohl. Als er den surf-Reporter nach seiner Meinung zu diversen Details befragt, kommt als Reaktion auf die Antworten stehts ein “Das habe ich auch schon anders gehört.” Als er fürs Foto ein bisschen den Hobel schwingen soll, hat er innerhlkab von gestoppten 43 Minuten aus dem Rohling ein laminier-fertiges Board geshapt. Abgesehen von einer groben Schablone für die Outline einzig aus der hohlen Hand. Barland träumt davon, irgendwann einen Teil der Shap-Arbeit vom Computer erledigen zu lassen. Und er registriert, dass die Funktion für einige Kunden der Form folgt: “Manchmal werde ich das Gefühl nicht los, daß vielen das Design wichtiger ist als die Fahreigenschaften.”
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