RückspiegelDas waren die Highlights in surf 11/1984

Tobias Frauen

 · 21.06.2025

Die Sequenz eines der ersten Loopings schafft es aufs surf-Cover. Peter Boyd sprang, Steve Wilkings hielt den historischen Moment mit der "Motorkamera" fest - was auch immer das war.
Foto: surf Archiv
“Robby II”, die Headline der legendären ersten surf-Story über Björn Dunkerbeck aus dem November 1984, kennt fast jeder Windsurf-Veteran. Außerdem gab es im 11er Heft den ersten Loop, die ersten Camber und jede Menge Ruhrpott-Charme!

Der erste Loop

“Niemand glaubte mehr, daß der Looping möglich wäre”, heißt es zu Beginn der “wahren Geschichte des Saltos in der Brandung”. Zwei Jahre zuvor waren selbst die Besten der Welt noch daran gescheitert, vor der Kamera eines Sponsors den ersten Loop der Windsurf-Geschichte zu springen, doch 1984 gelang Peter Boyd und Doug Hunt die ersten Rotationen. Bei der Bezeichnung tut sich die Windsurf-Welt noch etwas schwer: “Gleich nachdem der Looping gesprungen war, kamen die ersten Besserwisser und meinten: ‘Das ist kein Looping, sondern vielmehr ein Helikopter-Sprung, ein 360er in der Luft!’” - heute würden solche Kandidaten vermutlich Facebook-Kommentare und Foren-Einträge schreiben. Vorerst setzte sich der Begriff “Barrel Roll” durch, was wir sehen ist jedoch ein fast perfekter Backloop. Fast - denn beim Thema Landung haben die Pioniere noch zu tun: “Barrel Rolls werden nur in den seltensten Fällen gestanden.” Lange behalten Boyd und Hunt ihre Lufthoheit nicht, eine Handvoll Cracks wie Craig Maisonville, Angus Chater “und natürlich [...] Robby Naish und Pete Cabrinha, die ohnehin alles können”, haben den Loop auch schnell drauf. Cabrinha sorgt beim World Cup auf Sylt für einen weiteren historischen Loop-Moment: Er springt ihn zum ersten Mal in Europa und bringt den Brandenburger Strand zum Jubeln. Knapp zwei Jahre später geht es dann auch in die andere Richtung: Cesare Cantagalli springt die erste Cheese Roll, den Vorläufer des Frontloops!

Surf-Szene Ruhrgebiet

Wo Millionen Menschen auf engstem Raum leben, muss es auch überdurchschnittlich viele Surfer geben. 150.000 sollen es im Ruhrgebiet sein, damals noch Hochburg von Bergbau und Schwerindustrie. Surferischer Mittelpunkt ist “Ruhrpott-Windsurfing” in Bochum, der Shop von surf-Tester-Legende Kutte Prießner (der eigentlich Hans-Joachim heißt, wie die Geschichte enthüllt). Hier kommen “Käuze und komplizierte Fälle” zusammen, und quatschen bei Kaffee und Kuchen übers Windsurfen, der soziale Aspekt des Ladens ist wesentlich wichtiger als der kommerzielle (”Geld oder Leben, für eines musst du dich entscheiden.”) Von Opel-Arbeitern über Bergmänner und IBM-Leuten bis hin zu surfenden Frührentner reicht das Spektrum. Doch immer mehr zieht es an die holländische Küste statt an die umliegenden Seen. “Dort kommt man oft nur noch als Vereinsmeier ans Wasser”, klagt Werner Buschmann - ebenfalls langjähriger surf-Tester aus der Kutte-Clique. In den Niederlanden haben sie ein Revier entdeckt, dass schon 1984 längst kein Geheimtipp mehr ist: Renesse und der Brouwersdam, an windigen Wochenenden fest in deutscher Hand.

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Björn Dunkerbeck: Robby II

“Einer wird kommen und eure Götzen stürzen. Ein neuer Gott. Und ihr werdet ihm verfallen sein.” So beginnt eine der legendärsten und am häufigsten zitierten surf-Geschichten, das erste Porträt über ein 15 Jahre altes Wunderkind von Gran Canaria namens Björn Dunkerbeck. Dass das biblisch anmutende Zitat ansonsten völlig unbekannt ist, lässt sich ob der erstaunlichen Weitsichtigkeit verschmerzen. surf-Autor Ono wurde auf die Kanaren geschickt, um das Mega-Talent zu treffen. “Zwei blaue Knopfaugen unter einem Büschel strohblonder Haare”, findet er vor, “eine Mischung aus Robert Redford und Mike Eskimo, auf 1,65 Meter gebracht.” Der junge Björn geht offen auf andere Menschen zu, verzaubert Mädchen, alte Mütter und junge Mütter genauso wie grimmige Spanier. Bei der gemeinsamen Session zeigt sich dann schnall das unfassbare Talent von Björn. “Während die großen, starken Männer ihren Kampf ums Überleben mit den Monsterwellen ausfechten, spielt der kleine Björn einfach Fangen mit ihnen. Und er weiß, dass er das Spiel gewinnt, das sieht man ihm an.” Die damals florierende Industrie ist heiß auf Dunki. “Alle werden versuchen, ihm den Kopf zu verdrehen, mit Material und mit Geld, und das Schlimmste ist, daß ich dann mit dieser Geschichte auch dazu beitrage”, schreibt der Autor nachdenklich. Er hofft, dass Björn sich nicht um den Finger wickeln lässt und “eine Art surfende Pippi Langstrumpf” wird

Das gesamte Heft gibt es oben in der Galerie zum Durchklicken!

Und sonst so?

  • Perlen der Werbung: Als “Robust & Rassig” bewirbt Renault den R11 - eine eher biedere Fließheck-Limousine mit maximal verwechselbarem Kasten-Design.
  • “Rocker-Methoden” am Gardasee: Während einer Segel-Regatta vertrieben die Organisatoren des örtlichen Clubs Windsurfer mit Metall-Knüppeln, um ihren Booten freie Bahn zu machen
  • Jim Drake verklagt Hoyle Schweitzer: 1984 sind wir noch mitten im großen Patent-Drama. Bretthersteller Bic finanziert Drake einen Prozess gegen seinen ehemaligen Compagnon - eine unendliche Geschichte.
  • Dutzende Berufsschullehrer in NRW haben sich als “Surfübungsleiter” ausbilden lassen und “Surf-Arbeitsgemeinschaften” gegründet. In Marl wurde dabei unter anderem ein Surf-Anhänger gebaut
  • Ein nicht richtig festgeschnalltes Board ist auf der A1 zunächst gegen ein anderes Auto geflogen, dann auf die Gegenfahrbahn gerutscht und “zerfetzte einen Wildschutz-Zaun auf mehreren Metern Länge.” Menschen kamen laut der Meldung nicht zu Schaden, über das Schicksal des offenbar äußerst robusten Brettes ist nichts bekannt.
  • Unter dem Namen “Strandjungs” schaffen es eine Band aus singenden Windsurfern mit eingedeutschten Beach Boys-Songs sogar bis in die ZDF-Hitparade. Neben “Surfen auf’m Bassersee” aka “Surfin USA” haben die vier noch “Hilf mir Sonja” (Help Me Rhonda) oder “Kaffeebraun” (I Get Around) im Repertoire.
  • Damit seine Kunden nicht das Gesprächsthema der Nachbarschaft werden, tarnt sich ein Münchener Kammerjäger mit einem Surfbrett auf dem Dach. Es solle wirken, als komme einfach ein Freund der Familie zu Besuch.
  • Lange, schmale und dünne Guns sind der Shape-Trend des Jahres. Sechs Shaper zeigen ihre Entwürfe für die ultimativen Frühgleit-Waffen
  • Beim World Cup auf Sylt wird nicht nur der erste Euro-Loop gesprungen (siehe oben), sondern es tauchen auch die ersten Camber auf. Hier könnt ihr mehr Geschichten aus der Sylt-Historie lesen >> Beim nächsten Event in Scheveningen haben dann immer mehr Marken schnell zusammengenähte Camber-Segel für ihre Profis
  • “Polit-Parolen, Poppiges, Putziges und Plagiate” kommen in der surf-Redaktion an, nachdem im Juni-Heft ein Ausmal-Wettbewerb für Segel aufgerufen wurde. Es gewann ein “Fat-Head-Segel” mit den voluminösen Häuptern von Kohl, Strauß und Co. Die besten der über 4.000 Einsendungen sind auf einer Doppelseite zu sehen

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