“Heitere Spiele waren diese Weltmeisterschaften nicht”, resümiert der surf-Autor über die Windsurfer-WM auf Sardinien. 58 Proteste hagelte es, bei nur leichtem Wind vor allem wegen “dem schlimmsten Übel unter den Surfern: dem Pumpen”. Die Siegerehrung der Damen musste gar wegen noch zu verhandelnder Proteste verlegt werden. Windsurfing habe angesichts dieser WM viel von seiner Lockerheit verloren, auch “bei der Siegerehrung ging es eher steif und förmlich zu”. Viel Wind gab es nur am bereits vorher festgelegten Ruhetag, da zeigten dann unter anderem Malte Simmer und ein bis dato unbekannter Amerikaner namens Ken Winner, was sich mit den Windsurfern so alles machen lässt. Ansonsten gewann der 14 Jahre alte (und 49 Kilo leichte) Robby Naish seine zweite WM und verdrückte auf dem Podest ein paar Tränen, in den anderen Klassen gewannen Niko Stickl, Guy Ducrot, Anders Foyen, bei den Damen Claudie Forest-Fourcade und auf dem Tandem das Duo Stickl/Mast.
Apropos Tandem: “Windsurfing im Duett erzeugt heute noch beinahe so viel Aufsehen wie ein Solosurfer anno 1972”, bereits 400 Ostermann-Tandems seien im ersten Jahr verkauft worden. Für surf beleuchtet Klaus Gahmig den Trend. Auf der einen Seite sei Tandemsurfen gut für die Schulung, weil der Lehrer direkt mitfahren könne, auf der anderen Seite sei es “für Könner das schnellste Surf-Fahrzeug überhaupt”. Nachteil: das mit 6,75 Länge doch eher sperrige Handling. Nach ein paar ersten Fahrtechnik-Tipps schließt Gahmig: “Das Tandem ist also mehr als eine mechanische Einheit, es ist eine Kameradschaft.” surf konnte eines der Ostermann-Tandems gleich ausprobieren. Nach den logistischen Herausforderungen (Wo lagern? Wie transportieren?) war das Test-Duo begeistert: “Auf dem Wasser macht das Windglider-Tandem unglaublichen Spaß”, befand Ulrich Stanciu. Von der Wendigkeit war er “völlig überrascht”, in der Welle verhalte sich das Brett gutmütig. “Völlig aus dem Häuschen gerieten wir dann, als das Tandem mühelos zu gleiten begann”, schwärmt Stanciu weiter. “Der Vordermann steht dann bis zu einem halben Meter in der Luft, und der hintere kann sich nur noch gischtumhüllt auf die gute Sicht des Partners verlassen.” Einziger Kritikpunkt ist das 1,10 Meter lange Schwert: “Dieses unprofilierte Sperrholzbrett kann man nur als ‘Holzprügel’ bezeichnen!”
Ehre, wem Ehre gebührt: “Der wirkliche Erfinder des Windsurfens ist ein Waffenexperte!”, so kündigt surf ein “sensationelles Interview” an. Die Rede ist natürlich von einem gewissen James R. Drake (”Jim, wie ihn seine Freunde nennen”), der damals noch im Schatten des omnipräsenten Hoyle Schweitzer steht. Drake erzählt, wie er schon 1961 mit einem Freund und Kollegen in einer langen Nacht die Grundidee entwickelte: “Während unserer Unterhaltung kamen wir auf die Idee, daß man mit Hilfe eines großen Drachens, den man mit den Händen steuert, das Surfboard, auf dem man steht, vorwärts bewegen könnte.” Wingen ist dementsprechend schon vor dem Windsurfen erfunden worden, könnte man aus heutiger Sicht sagen. Was damals noch zur Windsurfing-Grundlage fehlte war der Schritt, das Segel auch am Board zu befestigen. 1967 schließlich kam Drake auf die Idee, Rigg und Brett mit einem Kardangelenk zu verbinden, einen gegabelten Baum hingegen hatte es schon vorher stellenweise bei Segelbooten gegeben. Hoyle Schweitzer hat die Entwicklung finanziert, beide reichten gemeinsam das Patent ein. Später drängte Schweitzer Drake dazu, finanzielle Interessen aufzugeben, schließlich verkaufte Drake seinen Anteil. 1977 bedauert Drake den Verkauf nicht, Freunde und die “intellektuelle Dividende” seien im wichtiger, sagt er im Interview. Dennoch findet er es schade, wie eng Schweitzer das Patents sehe und die Entwicklung des Sportes bremse.
Man könnte sagen, Wingen ist schon vor dem Windsurfen erfunden worden
“Alles bewegt sich, die Wellen rollen, ruhig, majestätisch, mit Würde, bis zum Strand, wo sie sich plötzlich aufbäumen, donnernd brechen und mit zerstörerischer Wucht alles in ein kaum berechenbares, brodelndes Chaos verwandeln. [...] Wer hier drin ist, erlebt diesen Kitzel, der in der Unsicherheit zwischen Siegen und Verlieren, zwischen Sein und Nichtsein liegt. Es ist der Wechsel zwischen dem Kampf gegen die Natur und dem Sich-Anpassen an die Materie, deren Funktion wir sind.” Wer nach dieser wortgewaltigen Einleitung noch nicht verängstigt ist, dem verrät Calle Schmidt die ersten Geheimnisse des Brandungssurfens. Statt schwimmend erst das Rigg und dann das Brett einzeln durch die Brandungszone herauszubringen und hinter dem Weißwasser zu starten, hat Jürgen Hönscheid 1976 den Beachstart perfektioniert. Schmidt beschreibt die Technik so, dass man sich am Strand im Wassersaum in Fahrtposition auf das Brett stellt, um dann mit der nächsten auslaufenden Welle leicht angehoben zu werden und loszufahren.
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