Die Werbung in diesem Heft verdient besondere Beachtung: Gleich auf der zweiten Umschlagseite springt den Leser*innen ein imposantes “Vorfahrt gewähren”-Schild entgegen, zusammen mit der Zeile “Mit sicherem Segel am Gardasee”. Nanu, gibt es dort Einschränkungen in Sachen Material? Tatsächlich bittet die Kommune gemeinsam mit einigen regionalen Partnern darum, die Schwimmwestenpflicht zu beachten und Rücksicht zu nehmen. Zumindest bemerkenswert, dass dafür Marketing-Budget ausgegeben wurde. Einige Seiten später räkelt sich Terminator Björn Dunkerbeck in Klamotten von Boss, kurz darauf ein kleiner Diss unter konkurrierenden Marken: “Wie man die North One Hour gewinnt? - Ganz einfach mit dem schnelleren Material” feixen Fanatic und ART. GunSails hingegen bewirbt sowohl den kurzen Ausflug ins Board-Business (im Sunset-Look der 80er) als auch die Segel mit einem etwas merkwürdigen Muskelmann mit Pantomimen-Schminke, dessen genaue Bedeutung im Dunkeln bleibt.
surf-Autor Christian Tillmanns war zu Gast bei den Windsurf-Aussteigern auf Fuerteventura. Klaus Baumann tauschte den schwarzen Banker-Anzug gegen den Neo und pendelte einige Jahre zwischen Fuerte und dem Gardasee, wo er in einem Shop Geld verdienen konnte. Er finde es dumm, von “schlechten Surftagen” zu reden: “Es geht uns doch schon gut, wenn wir überhaupt surfen können”, so der Lebenskünstler. Auch Gunnar aus Schweden lebt für Wind und Wellen, verdient zwischendurch etwas Geld mit “shitty jobs”, und “sogar die erzwungenen regelmäßigen Telefonate mit den Eltern sind ihm lästig”. Sein Weg, um mit möglichst wenig Geld auszukommen: “Er ernährt sich von einem undefinierbaren, übelriechenden, braunen Getreidepulver namens Gofio”, dass auch an “Hunde und Säuglinge verfüttert” werde. Markus hingegen lebt nicht dauerhaft auf Fuerte, sondern kommt zwischen Abi, Bundeswehr, Studium und Lehre immer wieder auf die Insel - oft für mehrere Monate. Doch auch er möchte seinen Wohnsitz dauerhaft auf die Kanaren-Insel verlegen statt “merkwürdige Sachen” wie Heiraten, Häuser bauen oder Kinder kriegen anzustreben.
“Jahrzehntelang war die Ostsee tabu, jetzt dürfen auch wir endlich in die Welle”, freut sich die ostdeutsche Surf-Szene, surf zeigt die besten Spots an der Halbinsel Fischland-Darß. “Da sind die Wessis wohl nur arm dran”, so das Urteil eines Locals aus Neuhaus nach einem Ausflug nach Fehmarn. Die Szene ist lebhaft, wer als Windsurfer erkannt wird, ist schnell integriert. Die bekommen auf dem Campingplatz die besten Plätze, Normal-Touristen müssen in die zweite Reihe, “arrogante Wessis” werden teilweise gleich wieder abgewiesen. Nach den Entbehrungen der DDR-Zeit liegt modernes Material hoch im Kurs, es wird aber trotzdem immer noch selbst getüftelt: Gabeln werden in Eigenregie gebaut (”Alu gewickelt, der ist leichter und stabiler als der von North!”), und selbstgebaute Carbonfinnen auf dem Campingplatz für 80 Mark angeboten. Im Zuge des Aufbau Ost werden auch die Kläranlagen modernisiert, die Wasserqualität der Boddengewässer im Hinterland hat sich spürbar verbessert und macht die Region zu einem Top-Ziel, nicht nur für Gäste aus dem “Moloch Berlin”: “Die Optik von Sylt, den Anspruch an den Gardasee, und du brauchst keine Angst zu haben, daß dir dein Material zerklopft wird!”
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