“Erst unter drei Metern giltst du ja als richtiger Surfer”, weiß Werner Gnigler. Der F2-Shaper setzt genau wie viele seiner Branchen-Kollegen auf kürzere, dafür breitere Boards - der Beginn des Brett-Designs, wie wir es heute kennen. Weg von der Länge als wichtigstes Kriterium, hin zu Volumen und Breite. Durch das Unterschreiten der “Psychoschwelle” von drei Metern soll wieder mehr Fahrspaß und Gleitfreude den gesamten Sport beflügeln, so die Hoffnung damals.
Das Prinzip Breite statt Länge hobelt auch Günter Lorch in seine Boards, wie der Shaper vom Bodensee im großen Porträt von surf-Chefredakteur Gerd Kloos betont. “Ich war der Einzige, der sich damals dem Hinkelstein-Drama mit den extrem schmalen Nasen und der breitesten Stelle weit hinten verweigert hat!” behauptet Lorch, während On-Chef Walter Eichler da andere Erinnerungen hat. Sein Haus-Shaper hat sich mit exquisiten Carbon-Customs unter anderem für Andy Laufer einen Namen gemacht, auch die Serien-Modelle kommen gut an. Mit seinem “Charme wie eine Zeckenzange” macht Lorch auch schon mal Regatta-Fahrer rund, hat aber ohnehin “keine übertrieben hohe Meinung von den Statements anderer Fahrer” und testet lieber selbst. Auf Kriegsfuß steht er auch mit der Fraktion der “Zöpfchenträger von Klitmöller”, denen einmal angeblich die Wellen zu hoch waren und die dann heimlich verschwunden sind, während sich Lorch mit gebrochenem Fuß an den Strand schleppte. Unstrittig ist hingegen, dass Lorch ein Händchen für gute Leichtwind-Bretter hat, bei denen ihm der neue Shape-Trend in die Karten spielt - außerdem gibt es jetzt “weniger Styropor-Abfall am Heck.”
“Staubiger als der Mond, trockener als Fuerte” - aber auch “besser als Hawaii” (laut Jason Prior): Die Kapverden tauchen langsam auf der Windsurf-Weltkarte auf, für surf hat Christian Kohl die Inselgruppe erkundet. “Ponta Preta ist der Mythos von morgen”, prophezeit ein Local. Nach ein paar beeindruckenden Sessions macht sich die Truppe dann auf zur Nachbarinsel: “Wenn der Tourismus auf Sal in den Kinderschuhen steckt, trägt er auf Boavista noch Windeln.” Trotz - oder gerade wegen? - kaum vorhandener Infrastruktur ein Paradies mit traumhaften Spots, gekrönt von einer Session am Outer Reef mit über masthohen Wellen auf 3,80 Meter langen Raceboards. Nach einer durchfeierten Karnevals-Nacht kennt dann auch die ganze Insel Christian und seinen Trupp. “Das Leben kommt mir auf Boavista bald vor wie ein Spiel, in dem es nur Gewinner gibt!”
Indoor-Fieber: Nicht nur der World Cup traf sich für Rennen in der Halle, sogar im Deutschen Windsurf- Cup gab es einen Indoor-Event. Das Spektakel in Frankfurt gewann der bis dahin unbekannte Oskar Hollmann vor Peter Wagler. Letzterer durfte auch beim großen PWA-Event in den Pool. Dort sprang Robert Teriitehau wie üblich aus dem Becken, während Francisco Goya nicht mal über die Rampe fuhr, sondern Spinloops im Flachwasser probierte. Nicht dabei sein durfte Bernd Flessner, der fest mit einer Wild Card gerechnet hatte und extra von den Kanaren eingeflogen war - den Startplatz hatten die Veranstalter aber Robby Seeger gegeben. Robby Naish hatte seine Tochter Nani dabei und gewann den Event zur Freude seiner deutschen Fans. Bei der Siegerehrung warf er dann sein Board in den Pool, wer es sich als erster schnappen konnte, durfte es behalten - mehrere Zuschauer sprangen in voller Montur hinterher.
Karibik-Legende Brian Talma gibt in surf 9/1998 nicht nur Waveriding-Tipps, sondern bitte auch zum Interview. Der “Irie Man” ist neben Josh Stone F2-Botschafter für die junge Freestyle-Generation und soll vor allem den Lifestyle promoten. “Ich verkaufe das, was ich verkörpere”, sagt Talma, der im World Cup zwar solide, aber nie nach ganz vorne fahren konnte. Sein Spruch “Where’s the action?” wird sein Markenzeichen, dass er bis heute liebevoll pflegt - wer Talma in den letzten Jahren mal auf Sylt erlebt hat weiß, was wir meinen. Dabei ist das nur ein Schutzschild, um über die Legasthenie hinwegzuhelfen, die ihn aber nicht daran gehindert hat, einen Abschluss in Wirtschaft und Administration zu schaffen. Daheim auf Barbados ist Brian Talma eine Legende, aber eine einsame: “Durch meinen Bekanntheitsgrad hab ich alle meine Freunde verloren”, berichtet er. “Sie haben mich attackiert, mir alles aus den Händen gerissen und für sich behalten.” Deswegen lebt er damals zum größten Teil auf Maui, wo er Freunde und eine Partnerin hat. Seine Vision: “Freestyle ist die neue Kraft, aus der unser Sport schöpfen muss!”
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