Tobias Frauen
· 03.10.2024
Im November 1986 sind Karsten Klünder und Dirk Deckert mit dem Surfboard aus der DDR geflüchtet, in surf erzählen die beiden damals ihre Geschichte. Nach Teil eins aus der Sicht von Karsten in der vorhergehenden Ausgabe beschreibt in surf 2/1987 nun Dirk die dramatischen Stunden auf dem Wasser zwischen Rügen und Møn. Schon früh hatten sich die beiden Freunde aus den Augen verloren, Dirk sendet Lichtsignale, immer Gefahr laufend, von den Grenz-Beamten entdeckt zu werden. Sein selbstgebauter Sinker ist zum Schotstarten kaum geeignet, Trockenanzug und Kompass gehen früh kaputt. Niedergeschlagen kehrt Dirk ans Ufer zurück und versteckt sich auf einem geschlossenen Campingplatz. Ein Zurück gibt es nicht, die Behörden würden ihn wegen Beihilfe zur Republikflucht direkt verhaften. Nach einem nervenaufreibenden Tag des Wartens inklusive einer riskanten Fahrt nach Stralsund, um Ersatzteile zu besorgen, wagt sich Dirk wieder aufs Wasser. Trotz Rückschlägen und schwindenden Kräften schafft er es auf die offene Ostsee, der Wind ist mittlerweile eigentlich zu schwach für seinen 275er, die Wellen dennoch weiter enorm. Nach einer Zwangspause wegen eines gebrochenen Mastfußes läuft es besser, Dirk springt unentwegt über die riesigen Ostsee-Wellen: “Da kamen Dinger auf mich zugerollt, von denen ich dachte: Da kommste nie hoch!” berichtet er später beim Besuch in der surf-Redaktion. Wenig später trifft Dirk auf einen dänischen Fischkutter, dessen Besatzung schon genau wusste, wo er herkommt: Karsten hatte nach seiner Ankunft auf Møn am Vortag eine Suchaktion starten lassen. Später treffen sich die beiden im Aufnahmelager in Gießen wieder, und schnell ist klar: Eine gemeinsame Flucht hätte wegen der unterschiedlichen Geschwindigkeiten nicht funktioniert. Der dänische Kutterkapitän zollt den beiden DDR-Flüchtlingen Respekt: “Dazu gehört verdammt viel Mut!”
Das Thema im Winter 1986/87: Die erste gestandene Vorwärts-Rotation, die Cheeseroll von Cesare Cantagalli, der den Vorläufer des modernen Frontloops erfand und als erster sprang. “Ich denke vorher immer sehr intensiv über das nach, was ich mache”, berichtete der damals 18 Jahre alte Italiener, der bislang eher unbekannt war. “Ich versuchte, mir jede einzelne Bewegung vorher vorzustellen. [...] Und eh’ ich mich versah, gelang mir dieses Manöver!” Zunächst wird der Sprung Cesares Kumpel Mike Eskimo zugeschrieben, “er verkauft sich halt besser als ich.” Beim Aloha Classic setzt Cantagalli dann jedoch einen “Killerloop”, wie er den Sprung getauft hat, direkt vor die Augen der Judges und wird quasi über Nacht berühmt. Später taufen südafrikanische Locals den Sprung auf “Cheeseroll”, weil sie Italien mit Käse assoziieren. Cesares Ziel: Ein doppelter Loop!
Tüftler Peter Plica hat ein symmetrisches Rigg entwickelt, bei dem Schiften überflüssig wird und das deutlich bessere Aerodynamik bieten soll aus herkömmliche Segel. Nachdem North seine Konstruktion bereits 1985 auf der ISPO gezeigt hatte und auch andere Marken in diese Richtung dachten, steht nun das erste Exemplar bereit. Der erste Test geht gleich voll in die Hose und endet mit Schleudersturz und Mastbruch. “Große Teile der surf-Testmannschaft zeigten daraufhin natürlichen Respekt gegenüber dem neuen Gerät.” Nur Kutte Prießner traut sich noch mal, und siehe da: “Er meisterte die Erfindung, als wäre er nie etwas anderes gefahren.” Das Ding ist zwar schneller als viele andere Segel, kann aber in Sachen Fahrkomfort noch nicht überzeugen: “Das symmetrische Rigg tanzt so unruhig im Wind, daß man viel Kraft braucht, um diese Druckpunktwanderungen auszugleichen”, schreiben die Tester. “Man hat das Gefühl, als würde man ständig mit dem Achterliek voraus surfen.”
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